Sex, Crime & Feng Shui

Himmelschafundmeer! Dass Papas hundertstes Kind aus bislang ungezählten One-Night-Stands das Licht der Welt erblickt hatte, sagte ja wohl schon alles, oder? Damit konnte Rudolph sich locker in die Weltgeschichte der größten Casanovas einreihen.

Kein Wunder, wenn unsereins alle Nase lang auf Halbgeschwister traf. Nichtsahnend lief ich den Beach entlang, und dann … schon wieder einer! Ticino aus Augsburg. Rein äußerlich ähnelte er Papa nicht die Spur.

Ich hatte sogar italienische Wurzeln vermutet – wegen des Namens. Doch als sie ihn von der Leine ließen, war es klar wie Kloßbrühe. Oder besser: Wie das zurücklaufende Wasser bei Ebbe. Wenn es die Wattwurm-Spaghetti überspült, und die Sonne darin funkelt.

Also zu Ticino: Der Typ war ein Hammer. In bester Spiellaune, witzig, aber stürmisch wie das Meer an grauen Wintertagen. Und logisch, er wollte mir alsbald an die Wäsche. Ok, er war attraktiv, sehr attraktiv sogar. Aber diese draufgängerische Art musste zusammengebellt werden wie das aufgeregte Meer.

Meetings mit Mädels waren da meist entspannter. Manchmal sogar zu entspannt. Natürlich freute ich mich wie die hopsenden Lämmer auf der Weide, als meine Schwester Missy wie aus dem Nichts, beziehungsweise aus Sylt auftauchte. Ich hüpfte auf die typische Flummi-Art am Gartenzaun hoch, ein Temperamentsbündel. Die Sophia Loren unter den Vierbeinern.

Die Mademoiselles nehmen hinten Platz!

In der Familie galt ich als die Sizilianerin unter den Hummeln. Aber sollte ich mich etwa weniger freuen, wenn Besuch vor der Tür stand? Und dann auch noch die coole Missy und ihr Rudel! Little Romeo, Tante Ju und ihre Grandmadame mussten gebührend empfangen werden.

Im Haus angekommen, versuchte Missy erst mal das Katertier akustisch zu plätten. Doch der Typ hatte in weiser Voraussicht das Weite gesucht. Darum verlegte sich meine Schwester auf das Belagern unserer Tür zur Spieskommer. Wenn sie wüsste, wie sehr sie damit das Löffelgesicht imitierte!

Wie Mats dachte auch Missy, man könnte die Tür durch Hypnose oder geschickte Pfotentapse öffnen. Ein Glück, dass wir bald zum Everschop aufbrachen, sonst hätte meine Schwester vermutlich noch die auf dem Spültisch liegende Paprika der Rennplüsche stibitzt. Natürlich musste ich den Nachschub meiner Produzenten sichern, auch wenn sie filmtechnische Faulenzer waren.

Der Everschop gehörte uns, und Tante Ju ließ das Frisbee durch die Lüfte sausen. Es war herrlich, durch das schulterhohe Gras zu wuseln und karnickelgleich zu hoppeln. Aber ich wollte lieber tanzen als die ganze Zeit hinter einer Wurfscheibe her flitzen!

Warum war meine Schwester so fixiert? Ein klarer Fall für meine Psychoanalytikerin Mademoiselle Julie. Aus therapeutischen Maßnahmen konnte man ihr nur eine Buddelkur nahelegen. Es schien ganz so, als ob wir Geschwister uns in sehr unterschiedliche Richtungen weiterentwickelten.

Missy verlegte sich aufs Stibitzen und Schwabensport, Mogli bevorzugte Wasserspiele und Stalking, Alma glänzte mit Stilsicherheit und Pflichtbewusstsein. Manchmal fragte ich mich, was wohl aus Oskar, Norbert und Pookie geworden war. War einer von ihnen auch nur annähernd so emotional wie ich?

Madame befand, dass ich zuviel Grissini, Parmesan und Spaghetti Bolo inhalierte. Dass es daran läge. In diesem Punkt waren wir uns nicht ganz einig, denn erstens fraß ich auch andere Dinge, die mir begegneten. Zweitens gab es viel zu selten Bolo.

Als ich den Staatsbesuch in mein Lieblingscafé am Deich führte, verkimmelten unsere Madames all die Köstlichkeiten selber, die Bellas Rudel uns auftischte. Der Laden gehörte einem Espagneul Breton, der sich meist vornehm im Hintergrund hielt. Seine Lutscher fabrizierten Topqualität.

Doch noch nicht mal ausgiebiges Knutschen mit Tante Ju half, um ein Krümelchen abzukriegen. Dabei wusste Tantchen es. Ju ahnte intuitiv, dass moderne Hunde die Herausforderung brauchten. Etwas, das unseren Spürsinn, unsere Leidenschaft und den angeborenen Teamgeist am Leben hält.

Deswegen ließ sie ihre Tasche wie zufällig offen auf dem Boden stehen, während sie ihre Grandmadame, Missy und Kulleraugen-Romeo in die Blechhöhle lud.

Nicht mal ein Krümelchen für einen netten Hund?

Einer Einladung wie dieser konnte kein gesunder Hundeverstand widerstehen: Also schnappte ich mir das bereits angenagte Sylter Schinkenbrötchen, bevor Staubsauger-Missy es entdeckte. Sie hätte mir ruhig etwas mehr vom Schwarzwälder lassen können!

Zurück zu Hause, kam das Löffelgesicht wieder zum Vorschein. Leicht verschlafen, doch sogleich startklar zum Nerven. Mats bestand auf das Aufräumen seiner Fressecke, in der Madame einen Korb geparkt hatte. Das störte angeblich sein Feng Shui.

Ja, Himmelschafundmeer! Hatte er sonst keine Probleme? Und wer fragte mich, was mein Feng Shui störte? Ich kann es euch sagen: Katertiere. Und zwar enorm. Missy! Wenn du Mats fertig machst, besorge ich dir den Schlüssel zur Spieskommer. Exklusiv!

Text: Julchen (nach Diktat über die Möglichkeiten der virtuellen Kommunikation und Rhabarberkuchen sinniert)

Fotos: Elke Weiler

10 thoughts on “Sex, Crime & Feng Shui

  1. Hallo Julchen,

    ich bin zwar schon 12 Jahre alt, aber doch wohl noch nicht auf die Schulterhöhe eines Bretonen geschrumpft?!
    Ich bin ein Epagneul francais, auch wenn ich zimtfarbend bin. Das macht mich zum Favoriten aller arbeitenden Greifvögel. Ob ich aus diesem Grund in mein Rudel kam weis ich nicht genau, aber die Beizjagd hat mir lange Zeit Spaß gemacht. Heute liege ich lieber auf meinem Sofa und lass die Katzen arbeiten…

    Viele liebe Grüße
    und bis demnächst im großen Sandhaufen
    Bella

    1. Meine bella Bella!

      Wie konnte mir so ein Missgeschick passieren? Ich hoffe, du verzeihst mir noch mal. Man trifft eure Art ja nicht so häufig hier. Ergo: Ich hab doch null Ahnung!

      Ja, lass‘ uns demnächst mal gemeinsam den Beach rocken! Würde mich freuen! Buddelst du auch so gerne???

      *schlabberschlabber*

      Julchen

      1. Ach Julchen,

        ich bin einiges gewöhnt… viele zweibeinige Dosenöffner halten mich für einen Engländer. Das stört mich als Französin dann schon sehr. Aber wenn man einer von elf Welpen seines Jahrgangs ist, muss man da einfach
        drüberstehen;-)

        Ich werde mal versuchen, meine Leinenhalterin zu ein paar von ihren Leckerchen für die nächste Strandrunde zu überreden. Aber sie sagt immer, ich wäre zu dick für extra Rationen.

        Bis die Tage
        Bella

        1. Verstehe, meine Gute.

          Aber du hast doch kein Gramm zuviel! Mit Leckerlis und so kann man mich ziemlich beeinflussen ;-)

          Wir sehen uns! Ich check‘ das mal und bitte Monsieur, mich nach Ording zu schiffen. Madame will ja schon wieder mit dem ollen Rastaschaf ins Ausland. Wollknäuel gehören doch auf die Fennen! Was meinst du?

          Dein Julchen

          1. Hallo Julchen,

            sorry ich war lange nicht online….

            Wollknäuel mit oder ohne Rastalocken gehören auf den Spieß – dann sind sie sehr liebenswert ;)

            Wuff
            Bella

          2. Ciao Bella,

            du wirst mir immer sympathischer! Aber glaube mir, dieser Luis, biergetränkt und faul wie er ist, schmeckt garantiert fade. Außerdem ist er ein Mitarbeiter von Madame, da sind mir die Pfoten gebunden.

            Aber wenn ihr mal wieder grillt, muss ich mein Rudel unbedingt in die Alte Schule führen!!! :-)

            Dein Julchen

  2. Hallo!
    Ich bin das Frauchen von Ticino (Infinite Lord von der Schmutterwiese). Habe noch zwei schöne Fotos von Julchen und Ticino am Strand von St.Peter Ording. Soll ich Dir die schicken?

    Ticino ist übrigens das ganz schwarze Hunde-Baby vom letzten Zusammentreffen von der Schmutterwiese und der Hummelwiese auf der Hummelwiesen-Homepage. Die Schmutterwiese hat auch eine wunderschöne Homepage (www.beardiesvonderschmutterwiese.de), hast Du die schon gesehen?

    LG, Viola aus Krumbach / Schwaben

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