Schrei nach Skrei

Auf Tour mit Fischer Swein von den Lofoten

Swein ist ein norwegischer Fischer, wie er im Buche steht: wortkarg, zurückhaltend, unauffällig. Ein Mann, auf den man sich wohlmöglich verlassen kann. Einer, der schon einiges erlebt hat, nicht nur auf dem Meer.

Als wir in Nusfjord ablegen, haben wir ihn kaum bemerkt. Wahrscheinlich sind wir zu sehr mit den lässigen Ganzkörperanzügen beschäftigt, die gerade mal wieder en vogue sind – wie schon bei unserer Bootstour von Bødo zum Saltstraumen, dem stärksten Gezeitentrom der Welt.

Unauffällig und mit aller Seelenruhe tut Swein die nötigen Handgriffe, legt ab und steuert seine „Røstbanken“ aus der Bucht hinaus. Nur noch sein Kopf lugt aus einem Fenster des schmalen Ruderhauses hervor.

Die Crew geht an Bord.

Jim vom Karolinen-Restaurant in Nusfjord hat uns schon einiges übers Fischen erzählt. Meist zieht der begehrte Skrei, der Winterkabeljau, von Januar bis März auf der Wanderung zu seinen Laichplätzen die norwegische Küste hoch. So war die Saisonfischerei schon seit Jahrhunderten essentiell für die Lofoten – Mitte des 19. Jahrhunderts erreichte sie ihren Höhepunkt.

In den Wintermonaten hausten die Wanderfischer auf engstem Raum in den heute touristisch genutzten, umgebauten Hütten. Nach dem fachmännischen Trocknen konnte dann der besonders in Italien, Spanien und Portugal hochgeschätzte Stockfisch exportiert werden.

Der Duft von Stockfisch

Schon die Wikinger produzierten Trockenfisch. Drei Monate hängt der Kabeljau an der frischen Luft der Lofoten, bevor er schon bretthart für zwei bis drei weitere Monate in Hallen weiter trocknet.

„Der Duft von Stockfisch ist der Duft des Geldes“, weiß Jim. Es war das heutige Restaurant, dessen ehemals luftige Architektur zum Trocknen des Fangs in Nusfjord diente.

Unser Schiff

Glücklicherweise müssen wir nicht bei stürmischer Wintersee mit dem Boot hinaus, sondern an einem ruhigen Frühsommertag. Und da die Fischgründe vor Nusfjord reich sind, müssen wir mit der „Røstbanken“ nicht lange auf den Wellen reiten. Unser erster Angel-Stopp also.

Wir finden eine handelsübliche Angel an Bord sowie eine typische Langleine, die beködert ist. Mit Geduld entwirrt Swein sie und wirft sie Stück um Stück aus. Dann zeigt er uns noch, wie man stetig, aber nicht zu stark daran zieht. Denn sowohl Angel als auch Schnur müssen bewegt werden, damit der Dorsch glaubt, er hat einen kleinen Fisch vor sich.

Köder weg!

Angebissen! Plötzlich biegt sich die Angel ins Bodenlose und wir versuchen sachte, die gewichtige Beute emporzuziehen. Pech! Der Fisch verdrückt sich mitsamt Köder im Maul.

Glücklicherweise nähert sich uns ein zweites Boot auf Angeltour, und Swein verhandelt um einen neuen Köder. In Reih und Glied stehen die Angler dort am Steuerbord und warten.

Angeln mit der Langleine

Wir fahren noch ein Stück weiter hinaus, damit wir den „Profis“ nicht in die Quere kommen. Außerdem kennt Swein natürlich die guten Stellen. Et voilà! Ein riesiger Fisch hat angebissen, sowohl Langleine als auch Angel ziehen in die Tiefe.

Wenig später zappeln die Fische im Fangbecken, Swein muss sie jetzt artgerecht töten. Von uns will das natürlich keiner machen. Und bereits beim nächsten Zappeln an der Angeln geht uns der Köder wieder durch die Lappen – dieses Mal mitsamt der Angelschnur.

Raus aus den Schutzanzügen

Eine Weile fahren wir noch die Küste entlang, obwohl der Wellengang stärker wird. Doch dann kehren wir um. Im Nusfjorder Hafen erwartet uns Jim und freut sich auf das Dinner. Wie der Rest der Mannschaft! Ja, es war wunderbar, versichern wir ihm. Die pikanten Details lassen wir unter den Tisch fallen. Oder plaudert ausgerechnet Swein aus dem Nähkästchen?

Was für ein Tag!

Jetzt erst mal raus aus den Schutzanzügen und sich nach getaner Arbeit der Sonne entgegenstrecken. Nusfjord genießen. Glücklicherweise müssen wir den Fisch nicht zerlegen wie die jungen Männer, die teilweise am Hafen arbeiten.

Das Fazit unserer ersten Lofotfischerei: zwei Dorsche, eine gerissene Angel, zwei geklaute Köder, ein verletzter Finger, drei „Angler“ mit leichter Übelkeit. Und jede Menge Spaß.

Auch wenn unser Trip verhältnismäßig kurz war, so haben wir doch ein Gefühl dafür bekommen. Für diesen Kampf Mann gegen Meer. Nur Hemingway weiß es besser.

Text und Fotos: Elke Weiler

Mit Dank an Innovation Norway, die diese Reise ermöglicht haben.

6 thoughts on “Schrei nach Skrei

  1. Achja, da werden Erinnerungen an meine Angelzeit in Dänemark und Norwegen wach… sehr gefreut hätten mich dann noch 1-2 Bilder eures Fangs. Zumal du von einem „riesigen“ Dorsch berichtest :)

    Petri Heil und liebe Grüße!

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