Alles swingt

Hoteltipp Berlin

Im Musikhotel nhow in Berlin

Ich trete ein … in eine Blase.

Die Möbel, der Boden, die Wände – überall schwingen die Linien, bilden sich Wellen, triumphiert das Rund. Die Farben knallen mir entgegen wie bei einem psychedelischen Trip.

Oder auf Zeitreise – zurück in die Formen- und Farbwelt der 60er Jahre. Dabei bin ich lediglich in meinem Berliner Hotel angekommen. Und wer hätte es gedacht – auf den ersten Blick?

Von außen dominieren die kantigen Formen einer eher nüchternen Architektur des Baumeisters Sergei Tchoban. Klarheit und Klinkerfassaden, eine Art Hommage und Bezugnahme auf die unmittelbare Umgebung. Hier, am Ufer der Spree, stehen noch einige der alten Speichergebäude des ehemaligen Hafengebietes.

Spektakulär der aufgesetzte Upper Tower, ein horizontales Gebäudeteil, das 21 Meter über das Spreeufer ragt. Wer darunter auf dem ehemaligen Mauerstreifen steht und einen Blick nach oben wirft, schaut in einen Spiegel.

Musikhotel nhow Berlin
In den Spiegel schauen

Der herauskragende Bauklotz aus Glas und Spiegeln wirft seinerseits Reflexe ins Wasser; er wirkt leicht und schwer zugleich. Vom Eckigen kommen wir also ins Runde, ins Innere, in die Welt des Pops.

Wer eine Rosa- oder Pink-Allergie hat, halte sich lieber fern. Der New Yorker Innendesigner Karim Rashid fühlt sich frei beim Wandel durch die Buntheit. Dabei zeichnet er nicht nur verantwortlich für einen Stil, den er selber als Blobismus bezeichnet: die Welt als Blase.

Schwung der Linien

Er ist sogar hier und da anzutreffen, etwa im Profil der ausgeblasen wirkenden Plastik über der Bar oder als knallfarbenes Bild einer der Aufszugsdecken. Gemeinsam mit der Liebsten am liebsten. Mit Selbstbildnissen wurde also nicht gespart. Egal, ob sie ein Paar bleiben oder nicht – im Hotel tun sie es auf alle Ewigkeiten.

Jetzt mal abgesehen vom Narzismus des Künstlers und der Wirkung von Pink, Türkisblau und Mintgrün aufs Gemüt: Das Berliner nhow-Hotel nennt sich das erste Musikhotel Europas. Und genau dazu passt natürlich der Linienschwung Rashids im Innern des Gebäudes.

Es triumphiert das weibliche Element, etwa im Raumtrenner und TV-Rahmer auf dem Zimmer. Dieser blubbert nach oben, selbst auf den Handtüchern und der Bettwäsche wölben sich Linien. Ein guter Schuss Rosa scheint hier unvermeintlich.

Allein, wenn die Aufzugtür aufpoppt: Willkommen in der Welt der Bonbonfarben! Darf es mal Grasgrün sein? Oder Knallgelb?

Plüsch am Fuß

Zurückversetzt in meine Barbiepuppenzeiten streife ich die pinken Plüschpantoffeln über, die dem Gast im Zimmer zur Verfügung stehen. Als hätte ich es gewusst: Der Nagellack könnte nicht besser harmonieren. Auch der Mann – ohne Lack – trägt den knalligen Plüsch am Fuß mit Fassung. Ja, der Kontrast zur sonstigen Erscheinung hat was.

Es soll schon männliche Gäste gegeben haben, die sich über die auf allen Zimmern gleiche rosa Bettwäsche mokiert haben. Doch wozu eigentlich? Nachts machen wir doch alle die Augen zu, und schlafen seelig auf den ausgezeichneten Matratzen des Hotels.

Morgens wartet ein üppiges Frühstücksbüffet mit Spreeblick, und danach vielleicht ein bisschen relaxen auf dem neu möblierten Ex-Mauerstreifen? Einige Originalstücke sind hier noch zu finden – von diversen Künstlern aus aller Welt neu gestaltet.

Die Spree mal von oben, wie sie sich im Upper Tower spiegelt. Und das gesamte untere Geschehen einfach im Himmel betrachten. Liegend.

Zur Rechten die Oberbaumbrücke – und das ist ein großes Plus des Hotels: die Lage zwischen Friedrichshain und Kreuzberg. Abends strömen die ausgehwilligen Massen aus der S-Bahn-Station Warschauer Straße, verteilen sich nach rechts und links.

Und wem es an der Spree und im Musikhotel zu ruhig ist, der bestelle sich doch Gitarre oder Keyboard – kostenlos aufs Zimmer. Der etwas andere Roomservice. Profis hingegen nutzen die Aufnahmestudios des Hotels und verewigen sich dann an den Wänden. Culcha Candela waren wohl schon hier. Und Katie Melua.

Es schwingt also nicht nur im Designerwellenbad, es swingt auch.

Text und Fotos: Elke Weiler

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