Kanelbullar und Kaffeeduft

Als ließe sich am Namen mancher Landstriche schon ihre Eigenart ablesen. Österlen. Ein Wort wie Butterkekse. So niedlich, dass man eine Krimiserie erfinden musste, um alles zu relativieren, Mankells Wallander in Ystad.

Dort sind wir gewesen. Haben die Gegend bis Simrishamn entdeckt. Zwischen gelben Kornfeldern, nicht mehr wogend, sondern stoppelig. Und die Hunde konnten darüber toben und sich auf den Stoppeln wie die Fakire wälzen.

Stoppelacker
Stoppelacker

Zwischen Hügeln, die jeder Reiseführer als sanft geschwungen verzeichnet. Doch nicht nur Österlens Landschaft erscheint so soft, es sind auch die Einwohner. Gleich zu Beginn landen wir per Zufall in einem kleinen Ort namens Hammenhög. Wir essen im einzigen offenen Restaurant zu Abend, das wir in der Gegend gefunden haben.

Ende August ist Nachsaison in Südschweden, also alles im „Laid Back“-Modus. Wir werden zunächst auf Schwedisch angesprochen, wer rechnet schon mit Touristen? Das Lokal gehört zum Imbiss, und der Chef persönlich macht sich Sorgen, ob uns der Wein auch mundet. Als wir schließlich mit den Hunden eine kleine Runde durch den Ort drehen, grüßen uns die Leute ganz begeistert.

In Kåseberga
Alles hübsch entspannt

Strahlen wir, oder liegt es an den Plüschtieren? Doch niemand kommt wie es zu Hause auf uns zu und möchte die Hunde streicheln. Erst recht keine anderen Hundehalter mit ihren Vierbeinern. An der Leine kein Kontakt, ich denke an die alte Regel der Hundeschule, und dass sich bei uns die Wenigsten dran halten.

In Schweden ist das anders. Außer in dem Häuschen, das wir bei Lisa und Robert gemietet haben. Sie kommen aus Malmö und haben sich den Traum vom Landleben erfüllt. Mit allem Drum und Dran, zwei Hunden, einer Katze, Garten und Gewächshaus.

Im Garten von Lisa und Robert
Im Garten von Lisa und Robert

So finden wir in der Küche unseres Häuschens schon bei der Ankunft neue Kartoffeln, Tomaten, Zitronen und eine Riesen-Zucchino vor. Aus eigener Produktion, versteht sich. Und wir fühlen uns gleich wie daheim.

Wenn wir uns in Österlen so umsehen, gibt es da niemanden, der nicht ein eigenes Gewächshaus auf dem Hof hat. Einmal durften wir sogar in einem Platz nehmen: Der Backagården in Löderup auf dem Östra Kustvägen besteht aus einem Haupthaus und einem riesigen Gewächshaus, in dem man zwischen Weinreben und Feigenbäumen Kaffee trinken kann.

Pavlova im Backågarden
Zum Niederknien

Ich probiere „Pavlova“ mit einem Berg aus Beeren. Zum Niederknien. Ich frage mich, wie alt die Reben und Feigen sind, wie lange muss man warten, bis sie in Südschweden diese Größe erreichen. Während ich die Trauben fotografiere, die uns quasi in den Mund wachsen, meint der Mann, der uns den Kaffee gemacht hat: „Please eat them!“

Und die Frau, die uns den Kuchen gereicht hat, schneidet etwas ab und schenkt mir die Trauben. Ja, die Cafés sind unsere große Leidenschaft, was sich aus diversen Gründen so ergibt. Einmal, weil die Restaurants oft schon geschlossen sind. Zum anderen, weil wir den Süßigkeiten verfallen sind. Und wegen der Gemütlichkeit.

Gemütlichkeit in Ystad
Draußen nur Kännchen?

Als wir gleich am ersten Morgen einen Platz zum Frühstücken suchen, landen wir im Innenhof des „Olof Viktors“ auf dem Österlenvägen in Glemminge. Wir haben Glück, denn die Bäckerei und Konditorei mit Café liegt quasi ums Eck. Wir werden innerhalb kürzester Zeit Stammgäste und probieren neben Teilchen wie Kanelbullar und Wienerbröd sämtliche Kuchensorten (die Prinzessinnentorte!), Eis, Kekse und belegte Brote mit Käse aus Österlen.

Ein Bekannter empfiehlt uns das „Söderberg & Sara“ in Ystad, wo sie Brot und Pizza selber machen. Und leckere Salate. Der Kaffee kommt ganz aus unserer Nähe, aus der Rösterei „Kafferosteriet på Österlen“ in Löderup. Und das ist auch schon eine der Besonderheiten von Österlen: Es gibt nicht nur die zahlreichen Künstler, Goldschmiede, Designer und Töpferer.

Irgendwie scheint die Gegend beinahe autark zu sein. Mitten in der Pampa gibt es ein Geschäft für nostalgische Kaminöfen, von der Sorte ziert auch einer unser Ferienhäuschen. Andere fabrizieren Bettleinen, Steinböden, ökologisches Kinderspielzeug. Bei Madelene von „Alpaca of Sweden“ muss ich hineinschauen. Sie kauft Wolle von schwedischen Alpakazüchtern und verarbeitet sie. Zwei eigene von der Sorte lungern auf ihrem Grundstück herum und schauen mich fragend an.

„Sind sie nett?“, will ich von Madelene wissen. Die nickt begeistert. „Ganz tolle Tiere.“ Ich vergucke mich ein bisschen in einen dicken grauen Wollbatzen, den gotländische Schafe gespendet haben. Als Muster liegen gehäkelte Untersetzer für Stühle daneben. Winterstimmung. „Das musst du mit den Fingern häkeln“, klärt Madelene mich auf und nimmt etwas von der dicken Wolle in die Hand. „Für diese Stärke gibt es keine Nadeln.“

In der Spinnerei bei Madelene
Bei Madelene

Schafe haben wir auch gesehen, wenn auch nicht so viele wie in Nordfriesland. Auch viel weniger Kühe, denn die meisten Flächen scheinen als Äcker in Gebrauch zu sein. Auf einer Anhöhe mit Meerblick habe die Schafe gegrast, ganz nahe am touristischen Highlight „Ales Stenar“ in Kåseberga.

Noch besser wäre natürlich gewesen, sie hätten sich zwischen den Steinen gezeigt, genau dort posiert. Das müssen nun die Hunde übernehmen, denn den Schafen ist es vermutlich zu trubelig zwischen den zirka 1400 Jahre alten Steinen, die entfernt an Stonehenge erinnern. Man nimmt an, dass es sich hier um eine guterhaltene Schiffssetzung handelt – 37 Meter über der Ostsee.

Auch sonst ist Kåseberga ein nettes Örtchen am Meer. Die Restaurants und Cafés sind zumindest am Wochenende geöffnet, und wir probieren gebratenen Hering mit Kartoffelpüree. Die Frau des Töpfers im Keramikladen ist ausgesprochen freundlich, wie fast alle in Österlen. Konditioniert von Landschaft, Klima und Kaffeeduft, der über ganz Schweden zu schweben scheint.

Vom Meer. Eine Ostsee, die mir an den Stränden Österlens so wild wie die heimische Nordsee erscheint. Denn der Wind pfeift und fegt die Wellen hoch. Er kommt aus südwestlicher Richtung, wie wir.

Text und Fotos: Elke Weiler

Schweden-Selfie
Typisches Strand-Selfie

11 thoughts on “Kanelbullar und Kaffeeduft

  1. Um die Herkunft ranken sich Legenden… Interessant ist aber, das beide Teilchen scheinbar zu einem ähnlichen Zeitpunkt kreiert wurden, was wiederum damit zu tun hat, dass die Gewürze zur Verfügung standen. Wobei Zimt auch schon die einzige Gemeinsamkeit der beiden ist…. ;-)

  2. Liebe Elke

    Ein wunderbarer Text. Und doch, die süßen Teilchen im Norden lassen mich nicht los. Großgeworden mit Franzbrötchen und jetzt schon viel zu lange im meerfernen Exil, machte ich beim Bäcker um die Ecke jetzt die Entdeckung, dass auch er den Franzbrötchen verfallen ist. Nicht ganz so gut, wie das Original. Aber auf einem guten Weg. Auch wenn das Meer fehlt und fern ist.

    In diesem Sinne die besten Grüße gen alte Heimat,

    Sven

  3. Kaffeeduft, Wind und Wellen – ich liebe es einfach. Das Foto von dir und deiner besseren Hälfte ist ja mal super schön, ihr seht soooo glücklich aus. :)

    Ganz liebe Grüße aus Brixen Südtirol,
    Dani

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert