Deichdiva und Dünenrocker

Madame war weg, und es dauerte drei Ewigkeiten, bis sie zurückkam. Julchen meinte, wir müssten alles tun, um Monsieur ein wenig aufzumuntern. Doch dann streikte nicht Monsieur, sondern sie. Himmelschafundmeer! Hierhin wollte sie nicht und dorthin auch nicht.

Nur zum Strand oder ins Dorf. Ein paar Lutscher sehen. Bussibussi und so. In jedem Städtchen hatte Julischka eine Freundin in irgendeiner Boutique. Und diese Lutscherinnen hätten famose Leckerlis, so schwärmte meine Süße. Mir war jeder Ort und jeder Weg recht, Hauptsache zusammen. Oder allein mit Monsieur.

Meine Süße wollte sich vermutlich als Deichdiva bewerben, Allüren hatte sie wie ein Filmstar. Ich hatte ein bisschen weniger zu tun, wenn ich nicht zwei Frauen, sondern nur eine beschützen musste und nahm mir Urlaub. Das Wetter war genial, also nahm auch Monsieur sich frei, und wir gingen jeden Tag zum Strand.

Dreiecksgeschichte in den Dünen
Dreiecksgeschichte in den Dünen

Ich dachte zurück: Als wir zum letzten Mal zu viert in St. Buddel gewesen waren, hatte das Wasser den ganzen Sand geschluckt! Doch Julchen war deswegen gar nicht sauer, denn wir fanden eine Alternative: Normalerweise darf ja kein Hund und kein Lutscher in die Dünen, nur ein winziges Stück ist für Füße und Pfoten freigegeben, ganz oben im Norden des Strands.

Doch nun, da der Strand komplett futsch war, liefen alle in die Dünen, um sich bei Wind und Wetter das tosende Naturspektakel anzuschauen und für die Ewigkeit festzuhalten. Dort trafen wir den famosen Ian. Er sah Julchen zum Verwechseln ähnlich, roch aber anders. Nach Kerl eben.

Das schmeckte mir gar nicht! Vor allem, weil er sich mit Julchen auf Anhieb verstand. Er war ein Wälzer, und diese Sorte von Genießertyp verstand sich immer gut mit meiner Frau. Natürlich verleugnete Juli alles, sie wäre gar nicht meine Frau, und wir würden nur zusammenleben. Nur zusammenleben! Als ob das nicht reichte!

Kumpel fürs Leben
Kumpel fürs Leben

Musste sie immer mit Hinz und Kunz flirten! Frauen konnten einen wahnsinnig machen! Ich ging mit Ian baden, das half immer, um sich ein bisschen abzukühlen. Die Flut hatte eine enorme Kraft, und im Angesicht der Naturgewalt erschienen unsere Probleme winzig wie Vogeleier. Ian und ich wurden Freunde fürs Leben.

Wir rockten gemeinsam die Dünen, bewundert von sämtlichen Lutschern. Er erzählte mir von seiner Freundin Santana, einer wilden Blondine. Wer weiß, vielleicht stellte er mir sie irgendwann mal vor. Die Lutscher waren ja alle ganz verrückt nach St. Buddel, und wir freuten uns über jeden Besuch.

Auch der schöne Bo hatte uns vor kurzem wieder beehrt. Dieses Mal hatte sein Rudel zwar nicht die berühmten Würstchen im Gepäck, aber Hammer-Leckerlis. Damit lenkten sie uns ab, denn Bo konnte sich nicht entscheiden, ob er zuerst bei mir oder bei Julchen aufhoppeln sollte. Meistens zog er meine Süße vor.

Bo hat Gelüste.
Bo hat Gelüste.

Doch Julchen, das muss mal gesagt werden, war selber Meisterin im Aufhoppeln. Sie nervte mich fast täglich damit. Ich dagegen hatte der Sache komplett abgeschworen, ehrlich! Lieber widmete ich mich der Jagd, der sogenannten leisen Jagd. Denn die Housekeepingstelle war immer noch frei, und ich konnte Julchens Beschwerden deswegen nicht mehr hören.

Im Herbst war alles ganz einfach. Man erschnüffelte eine Stelle, ganz in Goldgräbermanier. Dann rupfte man ein paar Grashalme aus, um mit den Bohrungen zu beginnen. Wie besessen grub man sich schließlich durch den Matsch. Pfoten und Gesicht wirkten nicht mehr ganz frisch, aber das war die Sache wert.

Zwar fand ich auf diese Weise noch keine einzige Maus, aber ich war jedes verdammte Mal ganz nah dran! Nur einmal, beim Gassigehen, war mir wirklich großes Jagdglück beschert. Ich schnupperte ins Gras und schwups – war die Maus in meinem Maul.

Naturburschi!
Naturburschi!

Voller Stolz zeigte ich dem Rudel meinen Schatz. Monsieur zwang mich, den halbtoten Nager aus Pietätsgründen wieder abzulegen. Zwar verstand ich nur Ackergülle, ließ die Maus jedoch augenblicklich fallen. Was tat man nicht alles für den Rudelfrieden!

Endlich kam auch Madame von ihrer Reise zurück, und ich roch die halbe Welt an ihr. Lamas, Empanadas und Appeltaart met Slagroom. Beim Schnuppern lernte ich verschiedene Sprachen. Madame erzählte, dass die Hunde in Ecuador alle frei herumliefen, auch wenn die meisten ihre Rudel und eine Hütte hatten.

Julchen schlackerten die Plüschohren, sie meinte, das wäre ja wohl das Paradies. Nächstes Mal, so plädierte ich inständig, sollten wir aber alle zusammen losfahren! Und wenn es sein musste, eben mit dem Schiff!

Text: Janni (nach Diktat Monsieurs neuen Hut aufgezogen. Vielleicht konnte man sich damit etwas wünschen?)

Fotos: Elke Weiler

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