Wattwunder

Das Meer, eine Pfütze. Jetzt, da ich es so dringend brauchte!

Ich erwartete nämlich eine Flaschenpost von Popeye (sprich: pop‘eje). Wir hatten Tango auf der Pellwormer Fähre getanzt, und ich verliebte mich in den Schönling mit Glutaugen und perfekten Ringellocken. (Ich berichtete.)

Folglich war klar wie Kloßbrühe, dass ein zweifelsohne romantisch veranlagter Latino Spaniel und Seemann seiner Angebeteten nur auf einem Wege das Herz ausschüttete: Er ließ seine Gedanken – eventuell in Gedichtform – über das Wasser tragen. Wattschnecke, sei wachsam!

Meine Sonne wohnte in Lüneburg, das an der Illmenau lag, soweit hatte ich recherchiert. Mit der mir eigenen Gründlichkeit. Dieser Fluss mündete in die Elbe. Und wie jedes Titi weiß, flossen die Elbwasser weiter nördlich in die wunderbare Nordsee. Mein Meer.

Popeyes Flaschenpost musste also nur mit dem richtigen Peilsender ausgestattet sein, um nach Schobüll zu gelangen, wo ich wartend an der Seebrücke stand. Ich würde Madame vorschlagen, von nun an jeden Tag mal kurz in Schobüll vorbei zu schauen, vor allem bei Flut.

Tagtäglich wartet Julchen auf der Seebrücke.

„Bist du schön!“, schwärmte eine Ferienlutscherin auf dem Steg und kraulte mein seidenweiches Fell. In Zeiten wie diesen sog man jedes Kompliment wie ein Schwamm auf. Oder machte die Liebe mich tatsächlich schöner?

Jedenfalls war es ein Grund mehr, warum ich dieses charmante Schobüll so mochte. Entspannte Lutscher, irre Sonnenuntergänge. Schlick ohne Ende. Fast zuviel. Die Wiesen reichten bis ans Watt, und das Watt bis an die Salzwiesen. Wälz- und Werffaktor? Optimal!

Und last but not least: Weit und breit das einzige Stück Küste ohne Deich.

So konnte ich schon vom Watt aus sehen, dass meine neue Bekannte Panda mich in der Nähe ihrer Wohndose erwartete. Die Kleine kam aus Rumänien und hatte schon einiges erlebt, bevor sie zu ihrem badischen Rudel zog. Nun genossen die Drei auf ihrem Campingthron rund um die Uhr freie Sicht auf Watt und Meer.

Macht die Liebe Julchen schöner?

Leichtfüßig wie ein Hase hoppelte ich über Gras und Gänseblümchen zu Panda. Und dann gesellte sich auch noch Taboo zu uns, ein ruhiger Retriever. Goldig! Panda bellte verbotenerweise in die Mittagsruhe hinein, doch ansonsten machten sie anscheinend viel Party auf dem Campingplatz.

Grillen gehörte hier zum guten Ton, was mir regelmäßig das Wasser im Maul zusammenlaufen ließ. Ich musste für Madame, Monsieur und meine Wenigkeit einen Campingurlaub irgendwo planen, sobald ich die Flaschenpost von Popeye bekommen hatte. Möglicherweise konnte sein Rudel ja dazustoßen.

Ich würde ihm diesen Vorschlag in meiner Flaschenpostantwort machen. Schließlich schien es ein ungeschriebenes Gesetz zu sein, dass Hunde auf Campingplätzen außergewöhnliche Namen trugen. Popeye passte da wie das Förmchen in den Sand.

Ich hingegen könnte mich kurzfristig umbenennen in Julie La Belle oder Deneuve. Die Haare würde ich mir dann schwungvoll aus dem Gesicht fönen lassen, die Farbe stimmte schon.

Das Meer war ein unzuverlässiger Posbote!

Wenn nur der Postbote etwas flotter wäre! Hallo! Meer!

Text: Julchen (nach Diktat über einen eigene Wohndose in Schobüll nachgedacht)

Fotos: Elke Weiler

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