Samsø Reggae

Ein reisendes Rastaschaf? Am Anfang konnte ich nicht mal ahnen, was auf mich zukam – als neuer Kolumnist für Meerblog. Aber es roch nach Abenteuer und Meer.

O sole mio… Ich fieberte wie ein Operntalent meinem ersten Bühnenauftritt entgegen. Aber es war anders. Eher wie eine Tournee. Immer wieder heraus aus der rosaroten Tasche, immer wieder ins Rampenlicht.

Lachen, zweifelnde Blicke, Verwirrung. Mir wurde schnell klar: Als schwarzes Schaf musst du dich auf diesem heiß begehrten Posten erst mal behaupten. Also schmiss ich meine Rastalocken in den Nacken und rückte mein Rainbow-Beanie zurecht.

Ich war das erste Mal unterwegs – im Dienste eines Reiseblogs. Caramba, ein bisschen stolz war ich schon! Dänemark –  wo bist du? Keine Grenzkontrollen. Niemand wollte meine nicht vorhandenen Papiere sehen.

Dann ging alles Knall auf Fall. Auf der Fähre nach Samsø blinzelte ich ins Sonnenlicht, was für ein Ort! Wind, salzige Luft und blonde Babes um mich herum. Doch die Kollegen sahen mich eher schräg an.

Take it easy, man. Ich genoss die Sonne im Pelz und bemühte mich, auf meinem Platz zu bleiben. Die Welt wackelte, und ich hatte wirklich null Bock, irgendwo in der Ostsee zu landen, frei nach dem Motto: Adios, Welt! Echt nicht.

Luis macht die Bekanntschaft eines Fjordpferdes.

Da kam es mir mehr als gelegen, dass wir auf der Insel erst mal entschleunigten und mit zwei PS weiterzuckelten. Diese norwegischen Fjordpferde ähnelten sich wie ein Ei dem anderen.

Und sie schienen auch prima ohne norwegische Fjorde zurechtzukommen. Stattdessen schaukelten sie uns per Kutsche durch hammersüße Villages mit verheißungsvollen Namen wie „Besser“.

Mulmig wurde mir erst, als eines der „Nordbagger“, wie die Dänen diese Pferde nennen, auf Tuchfühlung ging. Für unsere Shootings, das kapierte ich sofort, musste ich nämlich ganz nah ran.

Leider auch an den Gaul. Was wollte der Kerl von mir? Er streckte die Zunge raus, keine Ahnung, von Pferdisch verstand ich Null. Aber dieses verdammte Gebiss ließ mir den Atem stocken. Hatte er schon Lunch gehabt?

In der wirklich allerletzten Sekunde brach die Chefin das Nordbagger-Shooting ab. Wer hätte gedacht, dass mein neuer Job solche Gefahren in sich barg! Ich blätterte den Vertrag noch mal durch: nichts.

Friedenspfeife für Luis und Fighter

Doch die Brisanz meiner Mission ließ auch am nächsten Tag nicht nach. Auf dem Nostalgiekutter, mit dem wir in See stachen, patroullierte ein Wachhund mit Weste. Zum Glück war er nicht annähernd so groß wie der Nordbagger.

Er checkte die Passagierliste, kontrollierte, ob alle korrekt saßen und betrachtete das Wasser. Er schien nachzudenken. Doch völlig unvermittelt ging das Spektakel los: Der Skipperhund fixierte sich auf mich und war komplett aus dem Häuschen.

Nomen est omen, denn der Typ hörte auf den Namen „Fighter“. Und er schien mich dummerweise für eine Art blinden Passagier zu halten. Als er mich auf dem Höhepunkt des Gerangels in die Nase zwickte, griff die Chefin endlich ein. Doch zum Aufatmen kam ich nicht. Denn das Höllentier war allem Anschein nach Hundeweltmeister im Hochsprung.

Immer wieder versuchte er, an mich heranzukommen, machte noch nicht einmal vor dem Entern der rosaroten Tasche halt. Aussichtslos zu entkommen, denn von einem Schiff konnte kein Schaf fliehen! Als Nichtschwimmer eh nicht.

Ich musste in die Trickkiste greifen und pfiff den „Redemption Song“ von good old Bob. Verblüfft schaute „Fighter“ mich an. Er wirkte plötzlich so entspannt, als hätte er etwas genommen.

Bei einem gemeinsamen Bier versöhnten wir uns. Die moderne Friedenspfeife! Völker- und artverbindend. Wir leerten die ganze Kiste, und ich war bis zur Stadttour am kommenden Tag außer Gefecht.

Wie schön und entspannt, dieses Nordby!

Nur langsam kehrten Lebensgeister wieder zurück. Und der Job wurde mit einem Mal zum Kinderspiel: Hoch oben auf der Insel, in a cool place namens Nordby einfach nur in der Sonne relaxen und posen, posen, posen.

Keine wilden Tiere, keine Gefahren. Nur Apfelbäume, Fachwerkhäuser und nice people. Die Kartoffeln wuchsen sogar auf dem Straßenasphalt. Was für ein Wunder, was für ein Wahnsinnsort. Love, peace and Apfelkuchen.

Auch wenn der Guide mich als „Bär“ betitelte: Immerhin hat er meine Funktion als Reisetier messerscharf erkannt. Und gewürdigt. Für mich war das der Durchbruch. Jetzt fehlte nur noch… ein beach!

Endlich am Strand von Samsø!

Am Strand kannst du einfach am besten entspannen, my friend. Im Gras abhängen, den Pelz wärmen, den Wellen lauschen. Wir landeten an der Nordspitze von Samsø. Türkis schimmerte das Meer, Bilderbuchhügel rundherum, Dünen und Sand zum Reinkuscheln. Anglern zusehen, die im Dünengras Bier tranken. Kein Fisch im Eimer.

Nichts tun. Die Gedanken fliegen, und plötzlich auch ich… Sunshine reggae, take it easy! Am Ende hob ich ab: als erstes fliegendes Reiseschaf. „Volare nel blu“, ein cooler Song. Und wer möchte nicht mal ins Blaue fliegen? Der Himmel ist weit über Dänemark.

Luis fliegt ins Blaue!

Bis zur nächsten Reise!

Herzlichst, euer

Luis Maria Fernando da Silva Santos

Fotos: Elke Weiler

5 thoughts on “Samsø Reggae

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert