Feigen und Schafskäse

Kaktusfeigen

Ein Ausflug nach Gozo

Zwischen den Megalithblöcken der Tempelanlage Ggantija stehe ich und werfe einen Blick zurück in die Jungsteinzeit. Fast 6000 Jahre Geschichte hier im Nordwesten von Gozo. Kein Wunder, dass um mich herum so viel los ist. Menschen aller Herren Länder bestaunen die tonnenschweren Kalksteinbrocken zweier Tempel.

Gut für Charles. Der Imker bietet seine Produkte in der Nähe der Ggantija feil. Darunter auch die für die Inselgruppe typische Feigenmarmelade. Die Kakteenfrüchte gedeihen im maltesischen Archipel an fast jeder Stelle. Verschwenderisch.

Ja, sie werden sogar zur Abgrenzung genutzt – statt der üblichen losen Steinmauern rund um die Felder gozitanischer Bauern. Doch nur wenige Insulaner bereiten aus den Früchten Marmelade zu, ein viel gängigeres Produkt ist Feigenlikör.

Where the giants sleep tonight.

Feigenlikör, den ich noch nicht probiert habe. Von Malta kommend fällt wohl jedem sofort auf: Gozo ist anders. Die zweitgrößte Insel des Archipels ist von drüben mit der Fähre in einer knappen halben Stunde zu erreichen. Mal abgesehen vom Trubel rund um Ggantija, den Salzterrassen und dem Azure Window im Westen geht es auf dem kleinen Gozo eher beschaulich zu.

Geklöppelte Vorhänge

Da ist die Ruhe, das Rustikale, da sind die Details. Geklöppelte Vorhänge – selbst vor Garagenfenstern keine Seltenheit. „Hier kommt nichts weg“, weiß Charles. Deswegen lassen die Gozitani auch die Schlüssel von außen an den Haustüren stecken.

Außerdem wirkt Gozo fast grün im Vergleich zur großen Schwester. Die Böden sind lehmhaltiger und fruchtbarer als auf Malta. Gozo verfügt sogar über eigene Quellen, während Malta sein Wasser mit Hilfe von Entsalzungsanlagen gewinnt.

Gozo ist anders.

So wirkt diese Insel auf mich wie eine bäuerliche Oase, die sich von ihrer Umgebung abgrenzt: Man pflegt seinen eigenen Dialekt, der jedoch auch von Malta-Maltesern verstanden wird. Und letztere lieben es, zur Entspannung auf die Insel zu kommen.

Und zum Essen. Zum Beispiel in das Traditionslokal Ta‘ Rikardu in Victoria, die Hauptstadt von Gozo. Eigentlich wird sie hier von allen nur Rabat genannt. Leicht erhöht die alte Zitadelle, in deren Mauern sich auch das Restaurant befindet. Raue Steinwände, antike Vasen und einfache Holzstühle – schön rustikal das alles. Typisch Gozo.

Hausgemachte Ravioli

Auf den Tisch kommen maltesische Spezialitäten wie hausgemachte Ravioli – das Lieblingsgericht vieler Insulaner. Ein Muss ist der selbstgemachte Schafskäse von Rikardu – mariniert in Essig, Salz und Pfeffer. Schafskäse in Marinade gehört zur Insel wie die Feigenmarmelade, wie Ggantija, wie das Meer.

Bei Rikardu

Hobz biz-Zejt gilt als maltesischer Klassiker. Ein Stück kross ausgebackenes Weißbrot wird in Olivenöl getunkt und mit einer Mischung aus Thunfisch, Zwiebeln, Knoblauch, Tomaten und Kapern gefüllt. Dazu ein maltesischer Wein, mehr braucht es nicht.

Viele fahren zum Wandern, Radfahren oder Tauchen nach Gozo, zumal man ja auch nicht die ganze Zeit essen oder zwischen alten Steinen herumlaufen kann. Mich würde da eher interessieren, das Inselleben näher kennenzulernen. Ein Tag mit einem Schäfer unterwegs zu sein oder Käse zu marinieren.

Slow Food

Es gibt nämlich ein agrotouristisches Projekt namens „Ager Foundation“ auf Gozo. Dabei handelt es sich um eine nicht-staatliche Organisation, die nachhaltigen Tourismus fördern und die Tradtionen der Insel bewahren möchte. „Ager“ ist auch der Slow Food-Bewegung angeschlossen. Kapern pflücken, Wein keltern oder kochen wie die Gozitani – genau das werde ich das nächste Mal machen.

Das einfache Leben

Oder Feigenmarmelade fabrizieren und Charles nahe der Tempelanlage Ggantija ein bisschen Konkurrenz machen. Ich mag diese einfachen Dinge. Darum ist Gozo mitsamt seinem Klima und den aufgeschlossenen Menschen eine ziemlich perfekte Insel. Kein Wunder, dass hier schon vor fast 6000 Jahrtausenden Menschen kulturell aktiv waren.

Text und Fotos: Elke Weiler

Mit Dank an das Fremdenverkehrsamt Malta, das diese Reise unterstützt hat.

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