Wenn der Wattwurm tanzt

Es war Rosenmontag, doch wo blieben die Blumen?

Madame verklickerte mir, dass wir in Nordfriesland und nicht im Rheinland waren, und daher keine Kamellen, Blumensträußchen oder ähnliches unter wilden Helau-Rufen vom Himmel regneten.

Ich bedauerte dies, vor allem hätte ich bei karnevalistischer Lautstärke problemlos mithalten können. Was die Kamellen betraf, pokerte ich auf die alternativen „Such“-Spiele am Deich, wenn Schwiegermadame und Madame ihre Leckerlis lustig durch die Gegend warfen.

Meinetwegen konnten sie dazu auch gerne „Helau“ rufen. Hauptsache, Emil schnappte mir nicht wieder alles vor der Nase weg, dieser gierige, kleine Staubsauger. Mein Verlobter hatte eine ausgezeichnete Nase, wenn es um Kekse ging.

Auch in Nordfriesland stand das nächste Großereignis vor der Tür: die Biike. Wir waren in St. Buddel und begutachteten den hausgroßen Haufen aus Tannen und leckerem Geäst. Eine Verschwendung sondergleichen, wenn ihr mich fragt.

Viel zu schade, das alles den Flammen zu opfern. Bloß um die Wintergeister zu vertreiben! Als wenn die Typen nicht von selber die Kurve kratzen würden! Es gab ja leider kaum noch Eisschollen im Watt, und die Wiesen waren wieder grün. Auch die Sandwüste von St. Buddel hatte ihre krosse weiße Schale abgeworfen.

Julchen trifft die Bobtails John und Emma

Aus aktuellem Anlass trug ich jedenfalls eine Art Biike-Frisur, die aufmerksame Beobachter möglicherweise an meinen original Samurai-Zopf erinnerte, aber im neuen Kontext auch entsprechend betitelt wurde.

So, wie ich mich im letzten Frühjahr zum Husumer Krokusblütenfest im schicken lila Geschmeide präsentiert hatte. Was einigen Lutschern besonders auffiel, da es auf die Farbe des Blumenwunders im Schlosspark optimal abgestimmt war.

Man nennt das einfach: optisch „up to date“ sein. Vor unserem Spaziergang an der Copacabana von Sankt Buddel hatte meine Privatcoiffeuse mich noch einmal gründlich aufgeplüscht, was von Vorteil war, da wir zwei stattlichen Bobtails begegneten.

Sie und ihr Rudel kamen aus der selben Gegend wie Madame, und das bedeutete: Klönschnack ohne Punkt und Komma…

Als ich endlich mit den ruhigen Plüschriesen das Spielfeld betreten durfte, musste ich die Kollegen erst ein bisschen wachrütteln. Besonders John, der Bruder von Emma, hatte es mir angetan.

Julchen allein in den Dünen von St. Buddel

Doch leider schien ihn die unbekümmerte Direktheit meiner Avancen leicht einzuschüchtern. Dabei machte der Typ richtig was her, groß und kräftig wie er war. Wenn John auch vor mir weglief – sein Rudel ließ sich dafür umso lieber knutschen, und so vertrieb ich mir die Zeit während des ewigen Schnackens.

Als wir dann doch noch meinen heiß geliebten Wüstensand erreichten, erlebte ich meinen zweiten Frühling. Und zwar schon vor dem offiziellen Frühjahrsbeginn, was mir besonders raffiniert erschien. Zumal ich mich sowieso in einem Zustand ewigen Frühlings befand.

Die Sonne schien, die Wattwürmer tanzten Cha-Cha-Cha, und ich galoppierte wie ein Jungfohlen durch die Dünen. Es gab viel zu buddeln, interessantes Strandgut zu testen und transportieren. Weit und breit keine Hundeseele, aber jede Menge Plastik, das auch Emils Herz erfreut hätte.

Während ich mit Affengeschwindigkeit umhersauste, wie ein Känguru hüpfte und Krater ungeheuren Außmaßes unter meinen Pfoten entstehen ließ, vergaß ich meinen Groll über die verpasste Gelegenheit. Eigenlich war Emils Frau Mama mit ihrem Rudel zu Besuch, und es wäre angebracht gewesen, wenn mein Verlobter sie mir vorgestellt hätte.

Nach getanem Buddeln: Julchens Zwiegespräch mit dem Schwemmgut

Ich wollte schließlich wissen, ob sie genauso so frech war wie der Sohnemann. Doch leider weit und breit keine Spur von Emil und seinem Trupp. Ich konnte nicht immer auf alles Rücksicht nehmen und widmete mich Fischernetzen und Schwemmholz.

Vermutlich würde ich noch in dieser Woche meine Internetbekanntschaft Bobby treffen. Angeblich hatte der hübsche Typ sich in mich verliebt. Er hatte mit seinem Rudel in Dänemark Eisferien gemacht und meinen Namen in den Sand geschrieben. Auf solche wildromantischen Ideen kam noch nicht einmal Emil!

Außerdem wollte Schwesterherz Alma mich am Wochenende besuchen. Ich freute mich wie ein Frühlingslamm auf dem Deich, ihr meine neue Bude und mein Watt vorzustellen zu können.

Vermutlich konnte Alma mich bei meiner Kandidatur für die Wahl der Lammkönigin der Herzen als PR-Frau unterstützen. Sie hatte ein gutes Styling und verfügte über die besten Connections im Kreis.

Und man musste die Sache ja professionell angehen…

Text: Julchen (nach Diktat versucht, einen Termin für ein Lammköniginnen-Shooting zu vereinbaren. Doch kein Lamm hat sich bislang bereit erklärt …)

Fotos: Elke Weiler

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