Das wilde Küstenleben

Nordfriesland Museum

Im Nordfriesland Museum Nissenhaus Husum

Rungholt. Es klingt nicht nach dem typischen Ortsnamen in Nordfriesland. Es klingt nach einer dramatischen Geschichte, nach einem Mythos. Doch war Rungholt ein sogenanntes Kirchspiel auf dem untergegangenen Strand, eine mit dem Festland verbundene Marschinsel. Eine lebendige kleine Hafenstadt, die vom Handel lebte. Irgendwo zwischen dem, was übrigblieb, nämlich zwischen Pellworm und Nordstrand.

Die Grote Mandränke, die Sturmflut von 1362, formte die Küstenlinie neu. Die Rungholter hatten Pech: Ohne es zu wissen, hatten sie über einem eiszeitlichen Tal gesiedelt. Ein leichtes Spiel für die Wassermassen, den verhältnismäßig lockeren Boden hinwegzutragen.

Seit Jahrhunderten suchen die Menschen nach den Überresten der versunkenen Stadt. Brunnenringe und Siedlungsspuren wurden bei Ebbe in dem Gebiet sowohl nördlich als auch südlich der Hallig Südfall gefunden. Doch mit dem Wirken der Gezeiten unterliegt die Wattlandschaft ständigem Wandel. Zwar konserviert der Schlick die Spuren Rungholts, doch das Watt gibt seine Geheimnisse nicht immer preis.

Tontöpfe im Schlick, übersät mit Seepocken und Muscheln sind heute als Ausgrabungsstücke im Nordfriesland Museum von Husum zu besichtigen. Es ist nur ein Teil der Dauerausstellung: Die Gezeiten, der Deichbau und die nordfriesische Lebensart sind weitere Themen im sogenannten Nissenhaus, das nach seinem Stifter benannt wurde.

Die Küste wurde tatsächlich nicht nur von der Macht des Wassers, sondern auch von Menschenhand geformt, die dem Meer immer wieder Land abgerungen, beziehungsweise es gesichert hat. Durch Lahnungen, Buhnen und Deiche, Sperrwerke und Siele.

Die Macht des Wassers

Schon die Rungholter bauten ihre Häuser auf Warften, um sie vor Überflutungen zu schützen. Und in welcher Art von Häusern die Nordfriesen so leben und lebten, lässt sich ebenfalls in Husum erfahren. Der Haubarg, heißt es da, gehört als Bauernhaustypus fest zum Eiderstedter Bild. Ja, was wäre die Halbinsel auch ohne jene reetgedeckten Häuser über quadratischen Grundriss? Die Wind und Wetter trotzen und früher sogar das Vieh beherbergten.

Wer sich mal die diversen Sprachen dieser „Multikulti-Region“ anhören will, kann das ebenfalls im NordseeMuseum tun: Wie unterschiedlich allein Föhrer und Sylter Friesisch klingen! Plattdeutsch hingegen scheint noch verhältnismäßig leicht entzifferbar zu sein.

Bis zum 9. September informiert die Sonderausstellung „Sturmflut“ über die Ereignisse im Jahr 1962. Unter anderem erzählen Zeitzeugen über den Lautsprecher eines Nostalgieradios von ihren Erlebnissen. Etwa wie sie die Sturmflut auf der Hallig erlebt haben – bis ins Detail.

Während auf dem Festland und den Inseln die Deiche meist standhielten – außer in Husum, auf Eiderstedt und im Dithmarschen –, drang das Wasser ungehindert in die Häuser der Halligen: Hier hatten die Bewohner hohe Verluste zu beklagen.

Insgesamt, so bescheinigt man mir als Küstenbewohnerin Schwarz auf Weiß am Ende der Sonderausstellung, seien die Küstenniederungen Schleswig-Holsteins auf einem Terrain von 3.900 Quadratkilometern überflutungsgefährdet.

Text und Fotos: Elke Weiler

Update am 26.1.2018: Das ehemalige Nordsee-Museum heißt jetzt: Nordfriesland Museum Nissenhaus Husum, bleibt aber dem Kultur- und Naturraum der Nordseeküste gewidmet.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert