Knuddeln nach Verordnung

Sie nannten mich Schwester Janni. Dabei war ich vielmehr als das. Die Nase! Kurz nach Madames Rückkehr scannte ich sie besser als jeder Computertomograf. Hatten die Arztlutscher auch alles richtig gemacht? Ich war zufrieden mit dem Ergebnis.

Allerdings lief sie noch nicht so richtig rund. Monsieur war weiterhin für unsere Mahlzeiten und die Freizeitbetreuung verantwortlich und entwickelte neue Qualitäten als Chefkoch. Er avancierte zum Hauptpfleger für Madame, während wir natürlich alles taten, was wir konnten.

Julchen trieb sich zwar nach wie vor am liebsten draußen rum, weil sie meinte, jemand müsste sich um Ordnung vor der Haustür kümmern. Doch ich stand Gewehr bei Fuß, wenn es um Madame ging. Knuddeln nach Verordnung!

Sie nannten ihn Nase.
Sie nannten ihn Nase.

Während der Nächte teilten wir uns den Job. Gab Madame auch nur einen Mucks von sich, war immer einer von uns zur Stelle. Am Ende hatte ich fast den Eindruck, dass sie sich überbetreut fühlte, wenn ich sie bei jedem Toilettengang begleitete. Aber so war ich nun mal. Schwester Janni im Dauereinsatz!

Am Deich lief es auch nicht gerade rund. Nationalparklutscher verteilten gelbe Karten, analog zu denjenigen im Fußball. Unsereins sollte nun ständig und immer an der Leine bleiben, obwohl sich noch kein einziges Schaf auf dem Deich blicken ließ.

Scheinbar schätzte man unsere Aufräumarbeiten dort nicht. Dabei wäre es angemessen gewesen, sie hätten uns für die Aktion „Der saubere Deich“ sogar bezahlt. In Naturalien. So viel fraßen wir nun auch wieder nicht.

Gelbe Karten - wofür?
Gelbe Karten – Ackergülle!

Stattdessen also gelbe Karten, die Welt schien Kopf zu stehen. Bei Nasenbuch musste ich feststellen, dass Tante Ju auch Knutsch-Selfies mit anderen einstellte. Wo blieb da die Individualität? Wertschätzung? Das eigene, dicke Ego?

Höchste Zeit, ein bisschen Urlaub zu machen! Monsieur schlug unser geliebtes Dänemark vor, wo sie weder gelbe noch rote Karten verteilten. Julchen schwärmte immer noch von den dortigen Hundewäldern und den vielfältigen Picknickmöglichkeiten.

Sie hatte gerade ihr neues Buch überarbeitet und schwelgte in Erinnerungen. Ihr zufolge war auch ich recht präsent in dieser baldigen Neuerscheinung auf dem Büchermarkt. Das freute mich irre, machte mich aber auch ein wenig stutzig.

Das Duell
Was stand in Julchens Buch?

Sicher war es opportun, nun meinerseits an einer Gegendarstellung der Geschehnisse zu arbeiten. Nicht, dass sie mir die Schuld für Matsis Verschwinden in die Pfoten schieben wollte oder etwas Ähnliches!

Meine Julischka war zwar die Sonne in meinem Leben, aber sie konnte auch sehr leicht sehr ungemütlich werden. Zum Beispiel beim Einsteigen in die neue Blechhöhle. Sie stellte sich breitbeinig auf und sah mich herausfordernd an: „Eine Bewegung, und ich mach‘ dich fertig!“

Ich versuchte ihr klarzumachen, dass es auch andere hübsche Beardinen gab, die wesentlich sanftmütiger waren. Maggie zum Beispiel. Doch das schien ein Julchen nicht umzustimmen. Im Gegenteil, es machte sie wütender.

Das Pflegeteam
Das Pflegeteam

Nur, wenn Monsieur etwas Wurst in der Tasche hatte, lief die Aktion nicht aus dem Ruder. Wurst beruhigte die Gemüter. Das merkte ich jedes Mal, wenn wir unsere neue Freundin Wilma am Deich trafen.

Meine Anwesenheit irritierte sie aus unerfindlichen Gründen. Doch wenn es um die Wurst ging, vergaß sie alles um sich herum. Ihre Madame erzählte, dass sie für einen Job trainierte – als Betreuungshund in einer Klinik.

Nicht schlecht, Julchen wollte sie gleich interviewen. Vermutlich wäre auch ich für solch einen Job tauglich, doch zunächst hatte ich in der eigenen Hütte alle Pfoten voll zu tun. Schwester Janni, der perfekte Lutscherkenner.

Text: Janni (nach Diktat mal nachgeschaut, was Monsieur da Leckeres auf dem Herd brutzelte. Vegetarisch? Kastrierte Kost also. Aber besser als nichts.)

Fotos: Elke Weiler

6 thoughts on “Knuddeln nach Verordnung

  1. Liebe Elke -Gute Besserung und das du bald wieder fit bist. Bei der guten Pflege durch deine beiden Männer dauert das bestimmt nicht lange!

    Liebe Grüße aus OWL (Würstchenland)
    Gela,Olaf und Bo

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert