Die Strandverlobung

Mit dem Älterwerden war es so: Man tat immer noch die gleichen Dinge wie früher, aber viel bewusster. Natürlich regte ich mich nach wie vor über die Höllenmaschinen auf, die in wilder Raserei ab dem Frühjahr die Gegend unsicher machten. Die übelste Erfindung, seit es Räder gab!

Aber seit einiger Zeit benutzte ich einen Schalldämpfer und wartete auf das Zeitalter elektrischer Zweiräder. Jeder halbwegs logisch denkende Lutscher wird sich nun fragen: Wieso Schalldämpfer? Als Hund? Es war klar wie Kloßbrühe, dass ich wesentlich leiser als die Höllenmaschinen war. Trotzdem fühlten sich die Lutscher durch meine Schimpftiraden tendenziell gestört.

Oft genug hatte ich mich darüber beschwert, warum sie sich nicht lieber mit den Schwarzhosen über das Thema Lärmbelästigung auseinandersetzten. Vermutlich weil diese sich zu rasch verflüchtigten. Mit dem Alter wirst du kompromissbereiter. Also schnappte ich mir meinen Kumpel Mammut Manolo als Schalldämpfer.

Wie alles begann…

Raste eine Höllenmaschine im Affentempo an uns vorbei, bellte ich ihnen mit Manolo im Maul hinterher. Manolo galt als das coolste Mammut von ganz Nordfriesland. Er wunderte sich, dass ich trotz seiner werten Anwesenheit immer noch einen Ton herausbrachte. Manolo half mir sehr, ja, er beruhigte mich sogar ein bisschen.

Das konnte man nicht von allen Anwesenden behaupten. Was Jannis Erziehung betraf, war ich mir nun für alle Zeiten sicher, dass sie nie enden würde. Natürlich hatte ich vom ersten Moment an geahnt, dass der Dicke ein schwerer Brocken werden würde. In jedem Sinne. Aber als positiver Hund gibst du die Hoffnung nie auf.

Ab und an gönnte ich mir Auszeiten und einen kleinen Flirt. Morgens zum Beispiel. Während Janni beim Frühgassi brav hinter Monsieur herdackelte, übernahm ich Monsieurs Betthälfte und ratzte noch ein bisschen. Dann gab ich Madame ein Guten-Morgen-Bussi oder auch zwei und trabte hinaus.

Der Antrag

Mein Weg führte geradewegs zu George, dem gutaussehenden Goldie von nebenan. Er war etwas schüchtern, doch letztes Mal gab ich alles und quiekte ihn an. Die meisten Typen standen drauf, so weit meine Erfahrung. Auch George ließ es nicht kalt. Zumindest spielte er ansatzweise mit mir.

Doch am heiligen Ostermorgen passierte es: Er knurrte mich an! Und zwar fraß er gerade, als ich des Weges kam. Ich war entsetzt! Wir hätten doch gemeinsam brunchen können! Dabei hätte er mir die Hälfte von seinem Frühstück abgegeben und mir später beim Fressen von meinem zuschauen dürfen. Wenn das kein Deal war!

Aber es gab unter den Kerlen keine Kavaliere mehr. Nicht, wenn es ums Food ging. Auch der Dicke kannte in dieser Beziehung kein Pardon. Zwar lag er mir noch immer mit der Verlobung in den Plüschohren, doch was tat er schon dafür? Ließ er mich etwa aufhoppeln? Spielte er immer mit, wenn mir danach war? Hatte er mir schon mal eine Wurst geschenkt?

Wenn nicht Funken, sondern Sandkörner sprühen!

Außerdem bloggte Janni nicht mehr. Ich fragte ihn, ob Meerblog zukünftig auf seinen Foodblogger verzichten müsse. Er entgegnete, dass er mehr und genauer recherchieren müsse, um über die diversen Aspekte von Food bloggen zu können. Das konnte ich nachvollziehen. Aber wie es denn mit der Promotion seines Buches „Janni und der Rüdenkram“ aussehe?

„Ach so“, meinte er und versprach sich alsbald darum zu kümmern. Es war zum Pferdeäpfelpürieren! Dabei wurde der Dicke im nächsten Monat schon vier Jahre alt, in Lutscherjahren also 28! Da musste man doch langsam mal pfiffiger werden! Ich versuchte, ihn zu motivieren, indem ich ihm beim innigen Maul zu Maul an unserem derzeitigen Lieblingsort, dem romantischen Strand am Holmer Siel, eine halbe Verlobung anbot.

Doch Janni kapierte nur Ackergülle. „Halber Kram! Ein Mann ist ein Mann“, brummte er im Brustton der Überzeugung. Keine Ahnung, was das Eine mit dem Anderen zu tun haben sollte. Ich erklärte ihm, dass ich mich auch im Falle einer kompletten Verlobung auf keinen Fall davon abhalten ließe, mit anderen Hunde gepflegten Erfahrungsaustausch zu betreiben.

Das Buddelritual

Janni fand das suboptimal. Ich verklickerte ihm, dass wir in diesem Punkt nie auf einen gemeinsamen Nenner kommen würden, egal ob verlobt oder nicht. Er gab auf. Also verlobten wir uns an einem schönen Frühlingstag auf Nordstrand. Zur Feier des Tages tauschten wir ein Knabberstöckchen aus und planten die Party nachzuholen, sobald die Hütte wieder beziehbar war.

„Du planst“, meinte Janni. Er wäre zwar ein großer Freund von Verlobungen und anderen Familienfeierlichkeiten. Aber nur, wenn er im letzten Moment alle ausladen und sich in punkto Food austoben konnte. Selbstbedienung! Als sozial orientierter Hund kannst du da nur den Plüsch schütteln. Das Gute am Dicken war: Er konnte Tango sowie Boogie tanzen. Und den Vorderpfotentaps! Vor allem am Beach.

Es musste am sanften Plätschern des Meeres liegen, dass Janni am Strand so relaxed war. Oder wie ich immer sagte: „Mit Sand unter den Pfoten bist du ein anderer Hund.“ Leider konnte der Dicke von einer Sekunde auf die andere zum wütenden Bodyguard mutieren. Ich hatte mich damit abgefunden, ihn bis in alle Ewigkeit im Zaum halten zu müssen, wenn wie er meinte „Unbefugte unser Terrain betraten“.

Die Zeremonie ist in vollem Gange.

Zum Glück war es nicht jedes Mal so. Als wir nämlich bayrische Beardies trafen, weckte das Mädel gleich sein Interesse. Machte ich ihm deswegen etwa eine Szene? Im Gegenteil! Er war herrlich mit Finch und seiner Partnerin Sahib über den Deich zu toben. Dafür war es jetzt zu spät, denn die Occupybewegung hatte wie jedes Frühjahr die Deiche besetzt. In Massen!

Vermutlich hatten sie den lieben Winter lang nichts Besseres zu tun gehabt, als sich der Produktion von Nachwuchs widmen. Jedenfalls schien die Anzahl der Lämmer in diesem Jahr zu explodieren. Ich regte mich nicht mehr darüber auf, dass unsere Deiche vereinnahmt wurden. Vielmehr hatten die Wollknäuel und ich eine stillschweigende Übereinkunft getroffen: Im Winter agierte ich als Queen of the Deich. Für den Rest der Zeit kümmerten sich die Schafe um den Küstenschutz.

Love is in the air.

Inzwischen konnte ich ganz locker neben einem Wollknäuel hergehen, ohne mich aufzuregen. Madame schlug vor, auch für unsere eigene Fenne drei Schafe einzustellen. Das ging mir allerdings zu weit! Außerdem mussten wir uns zunächst um die Besetzung der Housekeepingstelle kümmern. Zwar hatte ich festgestellt, dass in unserer Abwesenheit einiger Betrieb auf der Fenne geherrscht hatte und diverse Vierbeiner ihr Unwesen getrieben hatten. Doch nach unserer Rückkehr würde ich alles regeln.

Zur Feier des Tages setzten wir uns in die Blechhöhle und steuerten das heilige Sankt Buddel an. Wir erwischten ein Sonnenfenster und trafen jede Menge Ferienlutscher sowie Kollegen, die das große Eierfest am Strand verbrachten. Zeit zum Jagen, Buddeln, Busseln! Für drei besonders interessierte Urlaubslutscher starteten Janni und ich eine Extra-Performance mit Nachlaufen, Sandknuddeln und allem Pipapo.

Das Pfötchenhalten danach

Der Dicke wollte am Ende natürlich eine kleine Belohnung einstreichen, doch klapperte er die Zuschauer umsonst ab, schnupperte an den Taschen jedes einzelnen. Nada, niente, nix. Glücklicherweise waren Madame et Monsieur nicht ganz unvorbereitet und hatten Leckerlis en masse dabei. Auf die beiden konnte man sich echt verlassen! In diesem Sinne:

Love, Peace und Ostereierkuchen für euch alle!

Text: Julchen (nach Diktat ab in den Garten. Natürlich mit Manolo!)

Fotos: Elke Weiler

Beach girls just wanna have fun.
Frohe Ostern vom Meerblog-Team!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert