Küste am Horizont

Es ist nur ein Katzensprung. Ich gehe rechts vom Kieler Hauptbahnhof aufs Wasser zu, sehe den Norwegenkai auf der anderen Seite, und denke, dass Schweden nicht weit sein kann.

Stimmt. Da steht sie schon, meine Fähre. Wie ein maritimer Riese wirkt sie, gestrandet zwischen den neuen Architekturen am Kai. Kiel kenne ich nicht, und heute bleibt keine Zeit zum Kennenlernen. Doch die erleuchtete Stadt rund ums Wasser macht mich neugierig. Schöne Lage, so am Zipfel der Förde, denke ich auf Deck 11.

Aufwachen mit Blick auf die Schärenküste

Viel ist nicht los auf der Fähre nach Göteborg. Ein paar Trucker, ein paar Touristen. Pünktlich um 18.45 Uhr legen wir vom Schwedenkai ab. Es wird frisch an Deck 11, nach und nach ziehen sich die Zuschauer ins Innere zurück.

Der Kapitän hat sich bereits via Lautsprecher in drei Sprachen vorgestellt und von Ostwind gesprochen. Im Zeitlupentempo fahren wir rückwärts aus der immer breiter werdenden Förde, drehen später und legen einen Zahn zu.

Tschüss, Kiel!
Tschüss, Kiel!

Ich besuche das „Taste & Wine“, ein Selbstbedienungsrestaurant. „All inclusive“ für schlappe 39,50 Euro. Rot- und Weißwein aus dem Zapfhahn, Krustentiere, Lachs, Salat, vegetarische Lasagne und thailändisches Hühnchen. Fisch, Gemüse, Köttbullar. Gar nicht so übel für ein Buffet.

Ich werde ein großer Fan der überbackenen Kartoffeln und meiner neuen Dessert-Kreation: Beerentarte mit zwei Arten von Mousse. Um Obst und Käse mache ich heute mal einen Bogen, es passt einfach nicht mehr. Überhaupt scheint sich das „All inclusive“-Angebot für Männer mehr zu rentieren.

Leider beginnt schon bald das Entertainment-Programm an Bord, das zunächst aus älteren Pophits besteht, interpretiert von einem jüngeren Mann. Gegen 21 Uhr wird ein Musikquiz ausgelobt, doch da habe ich schon die Flucht ergriffen.

Kabine mit Ausblick
Kabine mit Ausblick

Unterwegs verlaufe ich mich wie üblich in den Gängen. Geschafft. Die Zweibett-Kabine mit Meerblick und TV gehört mir allein. Leider funktioniert das WLAN in meinem Privatreich nur zeitweise, dafür aber der Lautsprecher mit dem Musikquiz-Hinweis umso besser.

Gemütlich schippern wir über die Ostsee, der Wind ist kaum spürbar. Ich stelle den Wecker auf halb acht – höchst überflüssig! Denn um Viertel nach sieben wird das ganze Schiff per Lautsprecher geweckt: Eine männliche Stimme gibt dreisprachig über die Zeit, Ankunftszeit und Frühstück an Bord Auskunft.

Ich schaue hinaus und blicke aufs Meer, Küste am Horizont, ein Leuchtturm blinkt. Nach einer Weile die ersten Schären, blanker, dunkler Stein im Wasser. Das Kattegat, das zwischen Nord- und Ostsee liegt, oder besser: zwischen Skagerrak und Ostsee.

Rettungsboot an Bord
Rettungsboot an Bord

Das Frühstücksbüffet ist bereits in vollem Gange, als ich auf Deck 8 lande: 15,20 Euro kostet der Eintritt. Ich beschließe, für die Zukunft das Frühstück immer nach der Marmelade zu beurteilen und nicht danach, ob es Cappuccino gibt oder nicht.

Ich habe nämlich in Nordfriesland den Filterkaffee wiederentdeckt. Damit liege ich in Skandinavien genau richtig. Und die Erdbeermarmelade schmeckt wie selbstgemacht. Ebenso das Brot.

Pünktlich um 9.15 dockt die Gangway an. Ein paar Leute aus der Crew, darunter der Kapitän, bilden zum Abschied ein Spalier für die Gäste ohne Auto. „Hej då!“ Ab jetzt also auf Schwedisch.

Anderthalb Tage und ein paar schwedische Kraftausdrücke später bin ich auf dem Rückweg zum Fähranleger in Göteborg. Es dämmert schon, als ich das Terminal erreiche. Wieder habe ich eine kleine Meerblick-Kabine mit Duschbad und TV für mich. Und dieses Mal klappt’s sogar mit dem WLAN.

Tschüss, Göteborg
„Hej då!“

Aber zunächst ein Blick von Deck 11, es ist wesentlich frischer als beim Ablegen in Kiel. Außer mir steht hier draußen nur ein Mitarbeiter, der ein bisschen herumwerkelt. Die Ladefläche unter uns ist dieses Mal randvoll mit Lastwagen. Ein Wunder, dass kein Mensch zu sehen ist.

Aber ich finde sie alle: Im „Taste & Wine“ steppt schon der Bär. Dieses Mal sind viel mehr Touristen an Bord, vor allem aber hungrige Trucker. Während des Essens legen wir langsam ab und schippern über den Göta älv Richtung Kattegat. Hübsch angeleuchtet, die Hafengegend am Fluss.

Schade, dass ich die Schären in der Dunkelheit nicht mehr ausmachen kann. Denn das Aufwachen mit Ausblick war der wunderbarste Moment auf dem Hinweg.

Und hier geht es weiter: Über Fisch und Fika. Zwei Wintertage in Göteborg.

Text und Fotos: Elke Weiler

Mit Dank an Stena Line sowie Göteborg & Co, die diese Schwedenreise unterstützt haben.

6 thoughts on “Küste am Horizont

  1. Kiel kenne ich auch noch nicht, aber ich hoffe, dass sich das mal ändern wird. :-)
    In der zehnten Klasse haben wir einen Austausch nach Oslo gemacht und sind über Nacht von Kiel nach Oslo geschippert. Das war schon klasse auf dem schwimmenden Hotel…

    Liebe Grüße
    Jessi

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert