Schlick rockt!

Schobüll

Robben direkt vor Nordstrand? Wir sitzen mitten auf dem Deich in Norderhafen, genauer gesagt im Strandcafé „Halligblick“, und genießen die Aussicht. Rechts die langgestreckte Hallig Nordstrandischmoor, links unsere Lieblingsinsel Pellworm. Und rundherum das Meer, beziehungsweise aktuell das trocken gefallene Watt, das allerdings gar nicht so trocken aussieht.

Plötzlich stellt sich eine der wundersamen Robben auf zwei Beine: ein Junge! Auch die beiden anderen haben wir jetzt eindeutig identifiziert. Unsere Adleraugen haben uns also getäuscht, hier handelt es sich schlichtweg um die Ausübung eines nordseetypischen Sports: Schlickrutschen. Auf dem Bauch.

Schlick vor Schobüll

Für graubraune Füße und andere Körperteile sind eigentlich an jedem Strand entsprechende Duschen mit zwei Wasserhähnen angebracht. Denn wer einmal im Schlick war, weiß wie gut er haften bleibt! Also am besten möglichst zeitnah wieder runter damit. Nun heißt der eigentliche Sport im Watt ja Wandern. Am besten barfuß. Aber die ganz Harten werfen sich eben komplett hinein. Schlickwatt, mit seinem mehr als 50 prozentigen Anteil an Ton- und Schluffstoffen, findet man gerne in Buchten.

Es ist zwar sauerstoffarm, blubbert aber wie verrückt. Man könnte sogar sagen, es ist das kommunikativste der Wattarten. Während das Mischwatt das Lebendigste ist. Schlickwatt hingegen ist dunkler und seltener vorhanden. Der wahre Schatz der Nordsee.

Schlicktourismus

Als Insider kennen wir eine Stelle, die bereits zu erhöhtem Schlicktourismus geführt hat: Rund um die Schobüller Seebrücke ist es so richtig schön matschig bei Ebbe. Auf zur Friesentaufe! An einem Pfingsttag wie heute ist der Andrang groß. Fremde Menschen kommen uns strahlend mit enganliegenden schlammgrauen Beinkleidern entgegen. Besonders viele Kinder tummeln sich im Watt. Die Eltern schauen größtenteils nur zu, Pärchen ziehen einzeln los.

Bearded Collie

Denn knietief im Schlick steckend geht es vor allem um eins: bloß die Balance halten! Sonst naht der Untergang. Das komplette Schlammbad, das Klamotten, Haut und Haar zu einer skulpturalen Graumasse verfärbt. Und wie gesagt: Man darf nie die gute Konsistenz von hochqualitativen Schlick unterschätzen.

Wir tun es den anderen gleich, ziehen die Schuhe aus, krempeln die Hosen hoch und stürzen uns die flutschige, quabbelige Masse. Spüren den Boden unter den Fußsohlen nachgeben, je nach Gewicht etwas mehr. Es quatscht und quasselt unter uns, um uns herum. Beim Herausziehen eines Beines – Schlick ist recht besitzergreifend – muss man schon ein wenig Kraft aufwenden. Aber es lohnt sich! Wen das schlubbrige Gefühl allein nicht glücklich macht, dem sei versichert: Schlick macht gesund.

In Wellnessabteilungen wird er gegen Bezahlung auf die Haut aufgetragen. Und soll sich dann positiv auf die Gesundheit auswirken. Im Kampf gegen Rheuma, Erkrankungen des Bewegungsapparates, Durchblutungsstörungen und Hautkrankheiten. Hier draußen, in der unverdorbenen Schlicknatur vor Schobüll, darf man vor allem den Funfaktor nicht unterschätzen. Vor der Dusche hat sich bereits eine Schlange gebildet, man tauscht sich aus, lacht über die Missgeschicke der anderen, spritzt sich gegenseitig nass oder lässt sich von sich schüttelnden Hunden mit hübschen Schlammspritzern besprenkeln.

Das nächste Mal müssen wir die Sache besser planen. Badezeug einpacken. Handtücher. Und dann die volle Packung. Robbengleich.

Text und Fotos: Elke Weiler

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