Mehr Dampf, bitte!

Kaltbaden

Saunieren in Finnland

Persönlich hatte ich noch keine Elfen kennengelernt, wohl aber einiges von ihnen gehört. Auf Island natürlich und auch in Norwegen. Aus unbekannten Gründen habe ich mir Elfen immer weiblich vorgestellt. In Finnland wurde ich eines Besseren belehrt. Nicht nur das, ich stand in Kuusamo endlich zwei Exemplaren live gegenüber.

Alles fing harmlos an…

Nach einer längeren Anreise in den hohen Norden sitzen wir abends gemütlich bei einem typischen Poronkärystis zusammen, also bei Rentiergeschnetzteltem mit Kartoffelpüree und frischen Preiselbeeren. Slow Finland at its best. Man lacht, genießt, prostet sich zu. Da steht mit einem Mal die erste Elfe auf der Matte, und ich schwöre, es liegt nicht am Wein.

Sie trägt eine lustige Mütze, einen Bademantel, Filzpantoffeln. Natürlich hatte ich mir eine Elfe in punkto Mode bis dato anders vorgestellt, doch ich wollte weder meine Unkenntnis zum Gesprächsthema machen, noch die freundliche Elfe brüskieren. Immerhin ist diese erste Elfe blond, was dann wieder irgendeinem Klischee entspricht.

Die Spezialisierung der Elfen

Gleich am nächsten Tag sehe ich nicht doppelt, es erscheinen zwei Elfen im gleichen Aufzug. Aber unterschiedlichen Geschlechts und Haarfarbe! Der ruhige männliche Elf, ein Fels in der Brandung, wird als Lehrling vorgestellt, was aber für den weiteren Verlauf der Geschichte unerheblich ist. Auf uns Unbedarfte wirkt er gleich wie ein Voll-Elf.

Elfe und Lehrling
Elfe Eveliina und Lehrling Joonas

Nun scheinen die Elfen Finnlands gewisse Spezialisierungen zu wählen, und bei unseren handelt es sich um Sauna-Elfen. Da wir im südlichen Lappland einen zünftigen Sauna-Marathon starten, passt diese Art der Begleitung wie die Faust aufs Auge. Oder besser: wie die Birkenzweige in die Sauna. Wie der Dampf. Wie das Schwitzen.

Unsere erste Sauna finden wir nahe der russischen Grenze, daher halten wir dort vorher an. Eveliina und Joonas, die Sauna-Elfen, warnen uns allerdings vorm Überschreiten der Linie. Zwar sei kein Grenzbeamter hinterm Schlagbaum zu sehen, doch werde jedes „Vergehen“ mit versteckten Kameras gefilmt, und wer sich drüben ohne Visum befindet, hat schlechte Karten.

Aber das nur am Rande. Eigentlich wollen uns Eveliina und Joonas ja in sämtliche Geheimnisse des Saunierens einweihen. Und so finden wir schon bald unsere Startsauna in den Holzhäusern des Isokenkäisten Klubi, was so viel heißt wie „Club der großen Nummern“ und sich auf die ersten Gäste bezieht, echte finnische VIPs. Die aktuellen Inhaberinnen Katja und Sirpa heißen uns in typischer Saunakleidung willkommen, sehen also wie weitere Elfen aus.

Jeder Finne weiß es

Wieso eigentlich Saunakleidung? Schwitzt man denn nicht gänzlich ohne? Richtig. Aber zwischen den Saunagängen macht so ein Bademäntel viel her. Er macht die Pausen gemütlicher, oder sagen wir, den Weg zum See. Zum eiskalten See. Und ein winziges Detail behält man in der finnischen Sauna doch an: den lustigen Hut. Ich habe nicht herausbekommen, warum er diese Zipfelform hat. Aber der Hut nützt bei der Hitze, genauso wie eine Mütze vor Kälte schützt.

Die nächste Elfe?
Always drink Blaubeersaft!

In Finnland weiß man das einfach. Schließlich ist jeder Finne Experte in diesen Dingen, und Sauna dementsprechend ein globalisiertes Wort aus Finnland. Ein Finne ohne eigene Sauna wirkt schon suspekt. Hier werden sogar Businessgespräche geführt und Verträge begossen, heißt es. Aber vor allem ist die Sauna zum Relaxen da. Bevor wir überhaupt reingehen, chillen wir schon bei einem Gläschen selbstgepressten Blaubeersafts.

Wie in der Räucherstube

Eveliina macht uns noch klar: „Das Wichtigste ist, dass ihr euch wohl fühlt.“ Wo es in früheren Zeiten vor allem um die Sauberkeit ging, sei heute Achtsamkeit wichtig. Ich bin wirklich gespannt. In Deutschland zieht es mich nie in eine Sauna, doch im schwedischen Kaltbadehaus am Öresund war das Saunieren eine großartige Erfahrung.

Wir hängen die Bademäntel an die Garderobe und versammeln wir uns in der Rauchsauna. Natürlich ist der Rauch längst abgezogen, doch durch die spezielle Heiztechnik fühlt man sich ein bisschen wie in einer Räucherstube. Die Wände sind schwarz und unsere Haut auch, wenn wir uns anlehnen. Das ist nur noch durch eine Schlammpackung zu toppen, die sich beim Baden im See Heikinjärvi nur schwer entfernen lässt.

Ich frage mich, ob Saunen in Finnland grundsätzlich an Seen gebaut werden, oder ob es ganz egal ist, wo man die Sauna hinbaut. Denn der nächste See ist sowieso nicht so weit weg, als dass man nicht im Bademantel oder auch ohne dorthin gehen könnte. Wandeln könnte. Denn nach jedem Saunagang fühlst du dich anders. Neuer. Ruhiger. Finnischer.

Hier wird bald der Weihnachtsmann zu Gast sein.
Pohjolan Pirtti: Hier wird bald der Weihnachtsmann antanzen.

Darum bleibt es nie bei einem Saunagang. Und wir wagen uns im kompletten Sauna-Outfit auf den Weg zu Pohjolan Pirtti im Dorf Voutunki, eines der ältesten von Kuusamo. Mit Hut, Bademantel und Puschen ab in den Bus, noch ein Beerensaft bei der Ankunft, Grußworte von Tanja vorm Kamin, während ihr Mann Matti schon an unserem Abendessen werkelt. Die Sauna sei schon aufgeheizt, dieses Mal eine normale Holzofensauna. Und daneben der Clou: ein Hot Pot mit Blick auf den See Vuotunkijärvi.

Alle sind gleich

Welcher natürlich genauso so schweinekalt wie der Heikinjärvi anmutet. Aber das nur am Rande. Eine Sauna ohne kühlen See ist wie ein Haus ohne Sauna. Möglich, aber sinnlos. In Bezug auf die Sauna-Elfen fällt mir auf: Sie schwitzen in der Sauna genauso so wie der Normal-Mensch. Es gibt keinen Elfen-Bonus. Aber darin liegt ja gerade der Witz des Saunierens. Alle sind gleich.

Man muss in der Sauna nicht reden. Aber man kann. Über den Dampf zum Beispiel, ein schier unerschöpfliches Thema. Seine Beschaffenheit, seine Quantität und Verbreitung. Eigentlich kann nie genug davon sein. Der Dampf als Quintessenz einer Sauna. Und klar, Saunieren kurbelt den Kreislauf an und trägt zur Entgiftung bei. Man schläft wie ein Baby danach.

Aber da geht noch mehr, denke ich bei einem grandiosen Fisch-Ceviche und Mattis ebenso grandiosem Rote-Beete-Pâté, bei Lachs, marinierten Zwiebeln, Pilz-Salat. Und tatsächlich. Am nächsten Tag landen wir nach einem wunderbaren Vormittag im Wald mit Wandern und Beerenpflücken in der Sauna des Iisakki Village.

Immer schön trinken!

Aber was ist das? Nur 50 Grad? Ich verhalte mich ruhig, denn sonst stimmt ja alles, der See Rukajärvi ist auch nicht weit. Hanna erscheint auf der Bildfläche, keine Elfe, ihres Zeichens Expertin in Sachen Sauna-Yoga. Dreißig Minuten lang versuchen wir ihren Dehnübungen in der recht vollen Sauna nachzueifern. Immer wieder stoße ich mit dem Spanier nebenan zusammen.

Iisakki's Lakeside Sauna
Iisakki’s Lakeside Sauna

Natürlich will Hanna danach wissen, ob wir zum richtigen Saunieren übergehen. Und schon dampft es tüchtig. Zwar floss bereits beim Yoga der Schweiß in Strömen, und Hanna ermahnte uns immer wieder genug zu trinken, aber nun schwitzen wir entspannter. Sauna-Yoga könnte ich täglich machen. Saunieren übrigens auch.

Schließlich führen uns die Sauna-Elfen an einen magischen Ort, nach Pyhäpiilo, ein Hideaway mit Ausblick auf den heiligen Berg Pyhävaara. Sie sagen, er sei den einst hier lebenden Sámi ein mystischer Ort gewesen, und auch heute noch strahlt er etwas aus. Zu seinen Füßen breitet sich der Pyhäjärvi aus, also der heilige See. Wir saunieren ein letztes Mal gemeinsam mit den Elfen und baden im See.

Shooting mit Heldenwetter
Shooting mit Heldenwetter

Birken- und Wacholderzweige setzen wir inzwischen ebenso routiniert ein wie die Einheimischen oder Elfen. Wir reiben uns mit einem Peeling aus Salz, Honig und Kiefernteer ein, relaxen bei Fußbädern im Freien und entwickeln Ideen für die Zukunft, während die Sonne langsam und rotglühend über dem Pyhäjärvi untergeht.

Die Elfen haben einen guten Job gemacht, und ich überlege schon, ob ich in Helsinki eine der schicken neuen Saunen am Wasser oder eine Kultsauna besuchen werde. Ob uns nicht auch im heimischen Nordfriesland eine kleine Sauna bereichern würde. Zwar wäre kein See in der Nähe, was dem finnischen Traum nahe käme. Doch das Meer.

De facto habe ich seit Pyhäpiilo nicht mehr vernünftig geschwitzt.

Schön war es...
Schön war es…

Text und Fotos: Elke Weiler

Noch mehr Sauna-Geschichten findet ihr bei Heldenwetter und eine sehr spezielle Sauna-Erfahrung für werdende Bräute bei Anemina.
Mit Dank an Ruka-Kuusamo, die meine entschleunigende Reise nach Lappland unterstützt haben.

16 thoughts on “Mehr Dampf, bitte!

  1. Hallo Elke,

    wann warst du denn dort oben? Wir waren Ende August dort eingeladen und haben fast die gleichen Orte besucht und Saunatouren gemacht. Der Erlebnisbericht kommt demnächst bei uns online.

  2. Hallo Elke, für mich war es auch gerade wie eine kleine Zeitreise… (mein Erlebnisbericht wird auch noch folgen) … schöner Artikel über ein noch schöneres Land mit schöneren Elfen und Sauna-Sitten. :-) Herzliche Grüße, tarja

        1. Glückwunsch, liebe Tarja! Ja, da hast du ohne Zweifel recht. Manchmal denke ich, wir finden zum Wesentlichen zurück. Bevor mir die ganze Geschichte dann wieder gehörig auf den Wecker geht! ;-)

  3. Hallo Elke,
    wir waren dieses Jahr in Norwegen und haben leider keinen einzigen Saunabesuch gemacht. Wir hatten nur einmal das Glück an einem Platz mit Sauna anzukommen… .und dann hatte ich eine Schnupfennase. Schade. Dein Bericht ist einfach traumhaft. LG Renate

    1. Danke liebe Renate! Dann drück ich die Daumen, dass es beim nächsten Mal klappt. Bin zur Zeit auch erkältet, aber es ist auch keine finnische Sauna in Reichweite. ;-) LG, Elke

  4. Zuhause in Westfalen reizen mich Saunen auch nie. Aber dafür sehr im Urlaub Dolomiten. Und in Finnland wäre es auch noch mal ein großer Traum von mir. Das ist für mich DAS Land der Saunen schlechthin. ;) Die RIten, die du beschreibst, klingen wirklich sehr schön und entspannend.

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