Wenn Wurst winkt

Julchen schien die Brennesseln hypnotisieren zu wollen. Wie angewurzelt hockte sie vor dem grünen Dickicht. „Juli, komm‘!“, schlug Madame vor, doch keine Reaktion. Ich stand am Straßenrand und guckte verwirrt. Hatte meine Holde den Schuss nicht gehört?

Es war Mittagszeit, und da winkten Würstchen. Zwar hatten wir ein paar überflüssige Dinge wie Sitzmachen etc. dafür zu tun, aber letztendlich zählte das Ergebnis. Wir ließen Julchen vor den Brennesseln hocken, doch ganz wohl war uns dabei nicht.

Egal, wie oft Madame Tschüss sagte, Julchen bewegte sich keinen Millimeter. Sie schien zu Stein erstarrt. Also gingen wir zurück, um sie abzuholen. Notfalls musste man ihr in den Hintern zwicken oder am Plüschohr nagen – ich war zu allem bereit.

Doch als wir die “Detektivin erster Sahne“ erreichten, wie Julchen sich neuerdings selbst nannte, kam Leben in die Bude, beziehungsweise ins Dickicht. Eine Ente flog auf. „Siehst du!“, meinte Julischka altklug zu mir. „Man muss nur Geduld haben!“

Pah, dachte ich, natürlich ohne der Chefin öffentlich zu widersprechen. Aber einer Ente aufzulauern, davon gab es doch Hunderte! Ich fand größere Tiere wesentlich spannender: Kühe, Postboten, Flugzeuge und diesen einen Schwan, der manchmal in unserem Graben schwamm.

Meinetwegen konnten sie alle machen, was sie wollten, solange sie unserem Terrain nicht zu nahe kamen! Das galt auch für den Luftraum. In punkto Revieraufsicht konnte ich Heini sehr gut verstehen, ein Nachbarshund, der uns stets anblaffte, wenn wir gemütlich bei ihm vorbei schlenderten.

Frühlingsgefühle
Wenn die Deko stimmt.

Julchen war deswegen ganz geknickt, sie fand ihn wohl gut. Frauen! Ich werde sie nie verstehen. Da hatte die Gute einen Superrüden an ihrer Seite, den die Beardinen etc. reihenweise vernaschen würden, und was tat meine Schöne? Sprach von Work-Life-Balance!

Schnickschnack! Nur meine Liebe war echt! Wann würde das endlich in ihren hübschen Kopf gehen? Ich war schon gespannt, was sie mir zu meinem nahenden Geburtstag schenken würde. Mit Sicherheit konnte man da alles herausinterpretieren. Weil Julchen doch nie zugab, wie sehr sie auf mich stand.

Manchmal merkte ich das, wenn sie aufhoppeln wollte. Es war die Art, wie sie mir ins Fell biss und auf mir herumtapste mit ihren süßen Pfoten. Ich liebte es, wenn Juli in Spiellaune war. Meistens war das abends oder in St. Buddel der Fall, wenn sie sich entspannte.

Aber manchmal hatte ich null Bock auf diese Spiele. Ich hielt mich mit Fuß- und Maulball fit und tat also alles für eine Topfigur. Nur, damit Julchen nicht mehr Pummelschwein zu mir sagte! Bisweilen hatte ich das Gefühl, dass auch Madame et Monsieur zu sehr auf meine Figur achteten.

Wenn es nämlich etwas gab, das fantastisch roch, war das Leberkäs‘ beim Braten! Welcher Sous-Chef und Foodblogger hätte da nicht gerne so richtig reingehauen? Julchen und ich wurden jedenfalls mit ein paar Krümeln abgespeist, es war ein verdammter Beschiss.

Julchen galt zwar als großer Pommes- und Bratkartoffelfan, stand sonst aber vor allem auf mediterrane Küche. Mir war das wurscht, solange Wurscht im Spiel war. Als Foodblogger probierte ich eh alles, Job war Job.

St. Buddel for ever
Her mit den Würstchen!

Nur duftneutrale Rohkost wie Möhren und so überließ ich lieber den Rennplüschen. Die mochten schließlich auch keine Wurst, sonst würden sie sich ja selber annagen! Alles hatte seinen Sinn und jeder Topf sein Deckelchen – das wurde mir immer klarer, je älter ich wurde.

Nun stand ich kurz davor, meinen dritten Geburtstag zu feiern und plante dafür diverse Wursttorten. Die Gäste wollte ich alle wieder ausladen, damit ich möglichst viel selber fressen konnte.

Julchen briet mir eins über, denn sie galt als vollendete Gastgeberin und liebte es, sich um alle zu kümmern. Aber schließlich war es mein Geburtstag! Dass Madame sich am heiligen Janni-Tag in der Weltgeschichte herumtreiben würde, stellte mich vor ein organisatorisches Problem.

Ich beschloss kurzerpfote, die Feierlichkeiten über eine Woche auszudehnen, und lag Monsieur damit in den Ohren, auch genug Leberkäse heranzuschaffen. Wir konnten natürlich auch mal den Grill anwerfen und uns so die Zeit vertreiben, bis Madame wieder einlief. Sie fuhr ja mit dem Schiff.

Julchen wollte ebenfalls Bootfahren, doch in die andere Richtung, nach Grönland. Und dann dachte sie wieder an diesen Halodri, diesen Emil. Prompt stand seine Blechhöhle in St. Buddel! Julchen schnupperte und schnüffelte, doch es kamen weder die hochverehrte Ex-Schwiegermadame noch ein Ex-Verlobter heraus.

Was wirklich schade war, denn ich wollte mir den Kerl mal vorknüpfen. Als ich noch jünger war, hatte er das meist mit mir gemacht. Die Sache roch also nach einer Revanche. Leider hatten wir sie verpasst, dafür aber jede Menge anderer Kollegen in sämtlichen Formaten angetroffen.

In Sankt Buddel war es wirklich so, als hätte man jedes Mal Geburtstag. Der einzige Ort, an dem auch ich mich wälzte. Slow motion natürlich, nicht so wild wie meine Wilde. Und Monsieur meinte: wie ein Elefant! Oder ein Nilpferd.

Jeder Tag ist Janni-Tag!
Jeder Tag ist Janni-Tag!

Aber wieso auch nicht. Ich war mit fast drei Jahren immer noch ein Happy Hippo.

Text: Janni (nach Diktat ein Lied eingestimmt: „Probier’s mal mit Gemütlichkeit!“ Tief in seinem Innern ist er ein Bär, Nichte Candy hat ja so recht!)

Fotos: Elke Weiler

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