Ein Rastaschaf entdeckt Düsseldorf
Der Ruhrpott. Es war verblüffend: eine Stadt nach der anderen, quasi im Fünf-Minutentakt, denn wir saßen im Zug. Nachts aus dem Weltall musste das wie ein einziger Lichterschnee aussehen. Nicht wie bei uns, auf der Halbinsel Eiderstedt. Dort herrschte nachts die Dunkelheit. Es sei denn, der Mond schien helle und die Sternlein funkelten.
Wir kamen an. Düsseldorf, ein menschliches Rauschen, babylonisches Sprachengewirr. Vermutlich waren wir an der dichtesten Stelle ausgestiegen: Altstadt, Heinrich-Heine-Allee. Hinein ins Getümmel! Ganz D-Town & surroundings schienen auf den Beinen – Weihnachtsmarkt. Arbeitet denn freitags nachmittags niemand mehr?
Ich genoss die heitere Stimmung. Nach Tagen des Regens, krassem Wind und feuchter Kälte lachte uns endlich wieder der große Feuerball an. Von Hause aus bin ich ein Typ mit sonnigem Gemüt, da traf es sich gut, in der rheinischen Karibik gelandet zu sein. Also kostete ich die letzten Strahlen der Nachmittagssonne aus und freute mich an der begeisterten Zustimmung einiger Spaziergänger am Rhein.
Vermutlich hatten wir die einzigen Palmen in Ufernähe für das Shooting erwischt! Und wo passte ein Rastaschaf besser hin, als neben, auf oder unter gefächerte Baumkronen?
Überhaupt kam ich mir inmitten des Trubels dieser Multikulti-Stadt nicht länger wie ein Exot vor. Der Sog dieser Lebhaftigkeit und der rheinländische Rhythmus zogen mich einfach mit.
Doch statt diesen Aspekt zu vertiefen und die traditionellen Brauhäuser zu besichtigen, kehrten wir in eine Tee-Lounge ein! Okidoki, Düsseldorf rühmt sich, Heimat der drittgrößten japanischen Gemeinde Europas zu sein. Aber musste man deswegen gleich Matcha-Tee statt Altbier trinken?
Von dem Zimmer, in dem wir residierten, sah ich in eine Gasse mit Kopfsteinpflaster. Gegenüber war ein Museum und rechts floss der Rhein like crazy. Ab und an zog ein Kahn vorbei, auch mal was Größeres, containerbeladen. Im Sommer musste es ein Gedicht sein, dort im Ufergras zu liegen, während irgendeiner auf der Gitarre spielte oder auf Bongos trommelte.
Als es schon dunkel war, zog ich mit vier hübschen Babes in Richtung Weihnachtsmarkt: zwei Blonde, eine Rothaarige und eine Brünette. „I got my smile“, sang ich vor mich hin, dem Singer-Songwriter Patrice huldigend. In der Pizzeria, wo wir schließlich landeten, gab ein Amigo südamerikanische und italienische Klassiker zum Besten.
Die Stimmung kochte hoch, bis der ganze Laden „Marina, Marina, Marina“ mitsang. D-Town schien voller Lebenslust, voller Musik zu sein. Kein Wunder, dass diese Stadt Typen wie die Toten Hosen, Doro Pesch und Westernhagen hervorgebracht hatte.
Von anderen Sparten wie Fußball, Literatur und Kunst jetzt mal ganz zu schweigen. Fortuna wäre das neue Sportwunder, kam mir zu Ohren. Über Malerei, Architektur etc. wollte ich mich gar nicht groß auslassen, zumal ich nicht viel Ahnung von Beuys und so hatte. Na, der mit dem coolen Hut!
So ein Italo-Abend in netter Begleitung war mir allemal lieber als eine lange Nacht der Museen. Die Brünette schien sich im Laufe des Abends auf mich zu fixieren. Vermutlich stand sie auf Rastalocken. Doch langsam überfiel mich die Müdigkeit, während die Mädels fröhlich weiter quasselten. Diese Rheinländer:innen waren der Hammer!
Natürlich dauerte es nicht lange, bis sie mich einluden, mit ihnen Karneval zu feiern. Bald. Im Februar. Den Winter vertreiben, schunkeln, singen, Altbier kosten. Genau mein Ding!
Wenn es dazu noch so gefahrlos war wie dieser Adventstrip? Ich war überrascht. Keine Nasenzwicker auf schaukelnden Booten, keine durchgeknallten Ritter mitten in der Pampa…
Der Job konnte so lässig sein. Düsseldorf – ich komme wieder!
Lot jonn, würde der Rheinländer sagen. In diesem Sinne:
Besos, euer
Luis Maria Fernando da Silva Santos
Fotos: Elke Weiler
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