Rummmmms. Das schwere Geschoss musste achtern eingeschlagen sein… Da half nur eins: das sinkende Schiff verlassen! Mit fliegenden Pfoten!
Monsieur schien mich zu verstehen, auch er war wach und stand bereit. Also sprang ich vom Oberdeck quasi in seine Arme. Nur schnell raus und in die Blechhöhle und dann ab durch die Mitte!
Aber Monsieur dachte wohl, ich wollte nur mal für kleine Beardies. So kehrten wir nach drei Minuten im sintflutartigen Regen zurück ins Haus. Triefnass. Eine glücklicherweise unversehrte und komischerweise verwunderte Madame erwartete uns: Was denn los wäre?
Ja, Himmelschafundmeer! Hatte sie denn diesen Wahnsinns-Boller nicht gehört? Das wäre doch nur ein Gewitter gewesen, wurde ich aufgeklärt. Als Welpe hätte ich mir das doch gerne unterm Vorhang angeschaut.
Aber die Kanone? Der Weltuntergang? Ich hatte die Faxen dicke und wollte mich einfach nur in meine Gemächer zurückziehen. Das Oberdeck war erst mal gestrichen.
Umso besser, dass mir am nächsten Tag die Herzen nur so zuflogen. Manchmal brauchte man einfach ein Bad in der begeisterten Menge. Diese selbstlose Zuneigung.
Wir waren in Schleswig gelandet, das zuckersüße Städtchen am sogenannten Ostseefjord Schlei. Als Hund von Welt war ich nicht zum ersten Mal dort, praktizierten doch zwei meiner bevorzugten Arztlutscher in Schleswig, die selbst von meinen Produzenten, den Rennplüschen, in Anspruch genommen wurden.
„Bubi“ nannte die verzückte Seniorenlutscherin mich, als ich vor dem Zweibeinergassihaus am Dom verzweifelt auf Monsieur wartete. Und wie sie meine Frisur bewunderte! Diese zentrale Locke!
Luis hingegen verglich mich mit einem der italienischen Fußballnationallutscher, der auch in der Mitte so einen lustigen Dreh hatte. Diamanti oder so. Mein Bloggerkollege interessierte sich wohl für das gerade abgelaufene Rudelmessen mit Rundleder.
Natürlich freute ich mich tierisch über diesen Sonntagsausflug, aber musste Madame gleich einen Bloggersonntag daraus machen und das Rastaschaf ebenfalls einpacken?
Zunächst versuchte ich Luis zu ignorieren, ich hatte eh alle Pfoten voll zu tun. Ein Fischer kam mir auf dem Holm entgegen, und ich checkte all seine Taschen. Eine Fata Morgana? Trotz des verheißungsvollen Dufts war kein einziger Schlei-Fisch zu finden.
Ergo musste ich ein Lokal für mein Rudel finden, damit es nicht vom Fleisch fiel. Eine kulinarische Tour vom Café auf der Piazza übers Hafenbistro bis zum Eisbüdchen folgte. Und es war opportun, als Hund immer den richtigen Riecher zu haben.
Doch was passierte am Holmer Strand? Mein angeblicher Kollege sollte sich VOR dem Sand in Stellung bringen, damit Madames Tasche nachher nicht schmutzig wurde. Aber ich war eine entschiedene Gegnerin von Fakes.
Wenn Luis sich Beachblogger schimpfte – eigentlich ein geschützter Begriff, der buddelnden Hunden mit Schreibgen vorbehalten war – dann musste er auch richtig ran.
Von den Maßen her war es einfach der perfekte Strand für ein maulgerechtes Plüschteil wie ihn. Mein beherztes Eingreifen half ihm schließlich, die Perspektive zu wechseln.
Na, Luis, wie schaute die Welt mit über Kopf hängenden Rastazöpfen aus? War die Schlei nicht wunderbar?
Madame meckerte, weil das Schaf nicht nur gut paniert, sondern auch noch vollgesabbert war. Aber so sahen Bloggersonntage nun mal in der Realität aus. In diesem Zustand durfte das Rastaschaf auf keinen Fall näher an Kuchen und Fischfrikadellen ran als ich!
Und es war nur logisch, dass die nette bayerische Ferienlutscherin die Bernsteinfarbe meiner Augen bewunderte, und meinen etwas herunter gekommenen Kollegen keines Blickes würdigte.
Nicht verstehen konnte ich allerdings, dass mich die drei Titis einer Eislutscherfamilie gleich zum Friseur schicken wollten. Vielleicht hätte ich mich im gepflegten Bibelgarten eines Klosters nicht so im Gras wälzen sollen?
Aber es gefiel mir nun mal ausgesprochen gut dort. Wo die Ruhe zu Hause war und das Wasser die Steine hinab plätscherte. Geradewegs ins Maul. Und wie anregend es nach Kräutern roch!
In Schleswig konnte ich mich nicht entscheiden: War dieser geordnete Garten am schönsten oder die Stelle, wo das alte Wikingerboot vor Anker lag?
Aber eines war so sicher wie das Meeresbrausen: Beim nächsten Besuch musste ich einen Blick in den über die Grenzen bekannten Dom werfen. Wenn Luis hier schon auf einem Elefanten sitzen durfte!
Oder ich überredete mein Rudel zu einem Törn mit diesem Wikingerschiff. Hauptsache, wir wurden dabei nicht wieder attackiert…
Text: Julchen (nach Diktat über eine eigene Fischbrötchenproduktion sinniert)
Fotos: Elke Weiler
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