Es lebe der Hundewald!

Limfjord

Es ging um eine größere Sache, wir rochen den Braten gleich. Madame et Monsieur packten und packten und packten. Wanderten wir etwa aus? Janni checkte die rote Tasche, die nach unserem Dinner roch. Waren wirklich genug Würstchen drin?

In dem allgemeinen Tohuwabohu hatten wir Angst, vergessen zu werden. Janni machte von seinen Türöffner-Fähigkeiten Gebrauch, knackte das Gartentor, lief zur offenen Blechhöhle und machte es sich schon mal bequem. Madame et Monsieur rannten weiter hin und her.

Vermisste mich keiner? Bei der Blechhöhle angekommen musste ich mit Bestürzung feststellen, dass die hinteren Gucklöcher abgedunkelt waren. Zum Pferdeäpfelpürieren! Wie sollte ich so die Angriffe der imperialen Höllenmaschinen abwehren? Oder sehen, wohin die Reise ging? Ich plädierte für Strandurlaub.

Einmal Strandurlaub, bitte!

Janni stupste die angelehnte Blechhöhlentür von innen auf, damit ich reinhüpfen konnte. Mit einem Mal begriffen Madame et Monsieur, dass wir startklar waren und schauten uns mit runden Augen an. „Na, logisch, wir warten nur auf euch!“, signalisierte ich. Dass die Lutscher auch immer so herumtrödeln mussten!

Monsieur gab Gas, und ich ließ mir den liebgewonnenen Job als Miss Controlletti nicht von zwei stümperhaft angebrachten Pfotentüchern versauen. Madame et Monsieur wirkten wenig begeistert von meinen Pflichtübungen, doch ich konnte nicht auf alles und jeden Rücksicht nehmen.

Erst als wir dänischen Boden erreichten, legte ich mich ruhigen Gewissens ab. Hier konnte ich nichts mehr tun, es lag außerhalb meines Hoheitsgebietes. Schon bei unserer ersten Pinkelpause stellte ich mit Begeisterung fest, wie gut organisiert die Dänenlutscher waren.

The way of picknick life

Sie schienen ein zünftiges Outdoor-Lunch zu lieben. Für unsereins gab es einen speziellen Gassiweg, doch ich wollte lieber picknicken. Madame et Monsieur hatten zwar Würstchen für uns, aber nichts für sich selber eingepackt. Als pragmatischer Hund zog ich sie zu den besetzten Tischen.

Irgendjemand würde ihnen schon einen Bissen abgeben, hungrig, wie sie aussahen. Stattdessen wollten die beiden weiterziehen. Picknicken würden wir auch bald, versprachen sie noch. So etwas vergaß mein Pferdegedächtnis nie!

Dann erreichten wir unsere Unterkunft für die nächsten Tage. Sie lag an einem See, ich musste noch vor dem Dinner neben Elefanten posen. Ja, waren wir denn im Dschungel? Es schien fast so. Janni hatten zu einigen der Rüsselmöpse ein gutes Verhältnis, zu anderen weniger. Der beim Restaurant zum Beispiel störte ihn.

Einen stolzen Beardie kann nichts erschüttern.

Nichtsdestotrotz freuten wir uns, weil uns die Lutscher wie gewohnt zu Pfoten lagen. Vielleicht sogar noch einen Tick mehr. Janni schloss spontan Freundschaft mit einer Servicelutscherin, die ziemlich wild mit ihm spielte. Ganz nach seinem Geschmack also.

Nur die Hütte hätte etwas größer sein können, man trat sich bei jedem Schritt auf die Pfoten. Ergo wollte ich lieber in der Blechhöhe übernachten. Oder auf dem Bett neben Madame. Monsieur legte sich dann freiwillig neben Janni, weil der bei jedem Pups der Nachbarn Alarm meldete.

Er konnte einem so auf die Nougatnase gehen! Unsere Nerven lagen blank, nur die beiden Partyhasen Rastaschaf Luis und sein neuer Esel-Kumpel ließen es krachen. Bei jeder Gelegenheit gossen sie sich den Malzsaft einer nahen Insel hinter die Binde und klapperten sämtliche Strände ab.

Auf Entdeckungstour

Madame war entzückt, weil die komplette Redaktion von Meerblog unterwegs war und sprach sich für gruppendynamische Fotos aus. Luis war es ja gewohnt, in der Hitze und an den unmöglichsten Stellen zu posen, doch Janni und ich wollten lieber baden.

Glücklicherweise fuhren wir dann zum Fjord. Das Wasser kam hier nicht so impertinent ‚rüber, wie ich es von der Nordsee gewohnt war, und schmeckte weniger salzig. Wir waren auf einer Hundeinsel gelandet, die zu einem Wohndosenplatz in Humlum gehörte. Dort trafen wir Lady, die angeleint war und nervös auf Jannis Avancen reagierte.

Das Pummelschwein beeindruckte neuerdings fast jede Hündin mit seinem Schokoblick und einer Topfigur. Zu seiner meist erfolgreichen Masche gehörten zärtliche Annäherungsversuche mit Bussibussi und Nasenstupsern.

Walk in water.

Lady jedoch blieb kühl, nur ihr Monsieur war zugänglich und mitteilsam. Endlich erreichten wir den Beach, den wir ganz für uns hatten! Uns wunderte das sehr, denn der Campingplatz war voller Kollegen, die in Gehegen neben den Wohndosen Alarm schlugen, als wir vorbeizogen. Rüdenkram.

Das Wasser war herrlich, Janni und ich kamen gar nicht mehr raus. Wir tobten, was das Zeug hielt, und ich entdeckte neue Möglichkeiten, mich nützlich zu machen: die in den Fjord hinausfahrenden Boote anfeuern!

Janni und ich begruben unsere Meinungsverschiedenheiten, Madame et Monsieur wirkten plötzlich relaxt, und ich hatte den Eindruck, dass Luis an allem schuld war. Unser Beachblogger mit seiner Reggae-und-Rumgammel-Philosophie.

Mit Bart im Hundewald.

Das Beste aber kam noch, Dänemark hatte einen weiteren Trumpf in der Hand. Die Hundeskoven. Umzäunte Waldstücke nur für unsereins! Lutscher waren natürlich zugelassen. Wir konnten uns frei bewegen und alles untersuchen. Ein Feuerwerk der Düfte! Verschiedene Gadgets wie Tunnel, Slalom und Hürden. Leckere Stöckchen überall. Laub!

Der Hundewald war eindeutig die beste Erfindung, seit es Wälder gab.

Madame et Monsieur wurden plötzlich ehrgeizig und meinten, uns mit Agility behelligen zu müssen. Dazu hüpfte Madame mit einem Leckerli neben mir über Baumstämme. Solange sie mir den Keks nach der Hüpferei gab, machte ich gerne mit.

Sport kann so lustig sein.

Janni spielte sich als mein Ritter auf, weil ein gutgebauter junger Husky mir zu nahe kam. Ausnahmsweise war es mir recht, sollte der kleine Pupser doch den Helden spielen und mir den Typen vom Plüsch halten! Madame et Monsieur entschuldigen sich für Jannis rüdes Verhalten beim netten Rudel des Huskys.

Wir mussten uns den wirklich wichtigen Dingen widmen. Als Trendsetter wollten Janni und ich schon jetzt den aktuellen Herbstlook kreieren und fanden dafür die geeignete Stelle. Einen Baum. Nein, den Baum. Wie eine Höhle wirkte er.

Unter uns ein dicker Polsterteppich aus Blättern. All das regte unsere Fantasie an. Der Wald als Muse. Durch emsiges Wälzen setzten sich Laub und Zweige optimal im Fell ab und die ultimative Camouflage-Kollektion ward geboren.

Und erst das Laubbad danach.

An Madames Ehrentag fuhren wir auf eine Insel im Fjord, Venø. Wir liebten sie sofort. Alle wirkten entspannter denn je zuvor, und Monsieur organisierte einen riesigen Picknickkorb. Ein besseres Lunch hatte ich in meinem ganzen Leben nicht gehabt.

Wir entdeckten den optimalen Platz und fraßen im Schatten von Nadelbäumen. Am Strand unter uns planschten die Titis einer Großfamilie im seichten Fjordwasser. Die Vögel zwitscherten, die Fliegen summten, und wir ließen uns bissgerecht geschnittene Würststückchen ins Maul reichen.

Madame outete sich zum wiederholten Male als Kartoffelfan und konnte den entsprechenden Salat gar nicht genug loben. Ich kostete und verstand. In vielen Dingen waren Madame und ich uns einig.

Auch Janni hat Spaß.

Unser Rudel wirkte seltsam gelöst, es schien auch an der Flasche Traubensaft zu liegen, die halbvoll neben mir stand. Ich döste ein bisschen und träumte von weltweiten Hundewäldern und Kartoffelsalat für alle.

In der letzten Nacht zuckten die Blitze und der Regen prasselte aufs Dach. Ich hasste Gewitter und versuchte zu Madame ins Bett zu kriechen. Doch sie legte mir nur den Arm um die Schultern, und das beruhigte mich ungemein. Begrenzte Räumlichkeiten hatten durchaus ihre Vorzüge.

Janni fand das Plitschiplatschi auf dem Dach eine Zumutung und versuchte, den Regen scharf zurechtzuweisen. Ich erwartete, dass Madame et Monsieur ihr „Pschschscht!“ auch Richtung Gewitter machten, doch es galt nur Janni. Der Herr Donner durfte also laut sein, während Janni wegen der Nachbarn ruhig sein musste.

Brav können wir auch.

Janni kapierte nur Ackergülle, fügte sich aber in sein Schicksal. Er war trotzdem recht beliebt im Mühlenambiente, sogar die Lamas interessierten sich für uns. Und die Nachbarn lächelten Janni trotz der nächtlichen Ruhestörung freundlich an.

Am letzten Tag tauschten wir den Fjord gegen die Nordsee und rockten den Beach bei Bjerghuse. Janni und ich stellten zunächst einmal fest: Es gab kein Watt. Wir vermissten den Schlick und das flache Meer.

Die Wellen klatschten an den Strand und erschreckten das Pummelschwein. Madame et Monsieur freuten sich, weil wir kein Meerwasser tranken wie üblich. Aber wir hatten ja schon an der Hundebar beim Parkplatz ausreichend gesoffen.

Einfach mal abtauchen.

Der Strand gehörte uns. Nur wenige Ferienlutscher ließen ihr fellloses Leder in der Sonne brutzeln. In Abständen waren komische, rohe Betonklötze zu sehen, die als Schattenspender dienten.

Wir buddelten und trollten uns an der Wasserkante. Dänemark war schön. Ich ließ mich nieder, sah aufs Meer und dachte an die Zukunft. Entweder überredete ich Madame et Monsieur hierher auszuwandern, oder ich musste eine Petition für Hundewälder in Deutschland einreichen.

Allerdings waren wir Nordfriesen nicht gerade verwöhnt, was die Ansammlung von Bäumen anging. Aber vielleicht würde die Occupy-Bewegung ja ein Stück ihres heiligen Deiches abtreten? Ich musste mich auf zähe Verhandlungen mit den Wollknäueln einstellen…

Alles richtig gemacht.

Text: Julchen (nach Diktat in die Blechhöhle gesprungen. Bereit für den wilden Dialog.)

Fotos: Elke Weiler

Mit Dank an die Region Limfjorden, die diese Reise ermöglicht hat.

10 thoughts on “Es lebe der Hundewald!

  1. Pingback: Maus im Haus!
  2. Wirklich schöner Beitrag, den du geschrieben hast und die Bilder von super gut. Ich hoffe auf jeden Fall, dass Sie die Reise nach Dänemark und den Hund genießen. Es ist so schön, nach Dänemark zu kommen und die schöne Natur zu genießen und zu sehen, dass es Ihnen auch gelingt, einige Hundewälder zu finden!

    Wir benutzen dies sogar hier http://hundeskove.dk/

    Hilft uns sehr, wenn wir den Urlaub in Dänemark planen müssen

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