Die kubanische Inspiration

Manchmal denke ich an jenen lauen Abend in Trinidad, als wir vor dem Dinner mit einem Canchánchara anstießen, den man uns als lokale Spezialität empfohlen hatte. Ein Mix aus Limone, Sprudelwasser, Rum und Honig, der perfekt zu karibischen Nächten passt. Ein Stück weiter wurde Salsa getanzt, Salsa ohne Schnickschnack: Keine Perfektion, vielmehr ein Gefühl für den Rhythmus, den jeder Kubaner mit der Muttermilch aufgesogen hat.

Die Musik ist überall.

Damals empfing uns die erste Combo schon am Flughafen, Klassiker wie „Chan Chan“ und „Dos Gardenias“ begleiteten uns die ganze, intensive Zeit auf Kuba. An jeder Ecke erklangen kubanische Rhythmen, als würden die Pflanzen, die Häuser, das Meer sie ausatmen. Die große Zeit des Buena Vista Social Club war angebrochen, und Compay Segundo avancierte mit 90 zum Weltstar.

Plaza de la Catedral, der Vorzeigeplatz in Havanna

Ich erinnere mich an mein allererstes Bad in der Karibik, das Wasser warm wie in der Badewanne. Jederzeit konnte man schwimmen, auch in der Nacht, wenn das Meer dunkel und geheimnisvoll schimmerte. Die seltsam entrückte Schönheit der Cayos, der Inselchen an der Nordküste. Alles inklusive, hieß das Zauberwort. Und wir alle: Oh nein, bloß kein „All inclusive!“ Doch kurz danach fühlten wir uns wie im Paradies.

Ich weiß nicht mehr, war es in Havanna, wo wir uns mit leeren Taschen in einer Garage trafen, um Zigarren zu kaufen? Es war schon dunkel, und das Herz klopfte uns bis zum Hals. Wir kauften diese Zigarren, ohne zu rauchen. Zwar probierten wir sie, konnten ihre Qualität aber kaum beurteilen. Zigarren, die nach dem saftgrünen Tal von Viñales schmeckten.

Auf den Tabakfeldern von Viñales

Der Schwarzhandel blühte und sicherte auch die Versorgung der Paladares mit und ohne Lizenz. Private Restaurants, Essen im Wohnzimmer der Kubaner, lange bevor Ideen wie Social Dining und Sharing Economy populär und wirtschaftlich im großen Stil genutzt wurden. Ebenso die Casas Particulares, Unterkünfte bei Einheimischen, damals als Geheimtipps gehandelt und nicht immer legal – heute sind sie gang und gäbe.

Baracao nach dem Sturm

So hat sich im Kuba von heute schon vieles geändert und ist immer noch in Änderung begriffen. Wenn ich könnte, würde ich morgen schon losziehen, um es neu zu entdecken. Vielleicht würde ich mich ganz individuell mit den Überlandbussen oder manchmal mit den Camiones, privaten Lastwagen, fortbewegen. Oder mit einem Oldtimer als Mietwagen, das wäre fantastisch. Einmal rund um die Insel, Wind im Haar.

Badestopp im Paradies – Mayo Santa Maria

Ich war noch nie in Baracao, das ganz im Osten liegt und durch Berge vom Rest der Insel abgetrennt ist, so dass die Stadt einst nur per Boot erreicht war. Die Ureinwohner umschrieben den Ort am Zipfel Kubas poetisch mit „Gegenwart der Meere“. Hurrikan Matthew hat im letzten Oktober arg gewütet in der ältesten Stadt Kubas. Wie wird die Lage nun in Baracao sein?

Das lebhafte, durch und durch musikalische Santiago de Cuba liegt nicht so weit entfernt und wurde doch vom Sturm verschont. Was werde ich wiederkennen? Und werde ich es mögen? Mein Lieblingsort damals war zweifelsohne das bunte, verschlafene Trinidad. Nicht nur wegen seiner nostalgischen Schönheit, nicht nur wegen Salsa und Canchánchara.

Wir starteten zu einer Tour mit einem russischen Jeep in die Sierra del Escambray, der mehr ein offener LKW mit harten Sitzbänken. Unter freiem Himmel summten oder sangen wir „Che Guevara“ während der Fahrt. Ein Lied, das auf Kuba allgegenwärtig ist. Auf schmalen Pfaden wanderten wir durch das dichte Grün. Vielleicht war das mein intensivster Moment auf Kuba.

Text: Elke Weiler
Fotos: Antje Hämmerling

18 thoughts on “Die kubanische Inspiration

  1. Wir kennen (leider) nur das Cuba des Jahres 2016. Obama und die Stones besuchten es in dieser Zeit auch. Wir suchten vieles von dem, was Du beschrieben hast …. und fanden es nicht. Waren wir mit Scheuklappen unterwegs, wollten wir nichts sehen, waren wir am „falschen“ Ort? Holländische Segler, die schon vor über 10 Jahren zum ersten Mal auf Cuba waren, meinten, es habe sich viel verändert und nicht unbedingt zum Vorteil. Die Cubaner sehen das sicher anders. Wir haben Cuba jedenfalls nach 6 Wochen mit sehr gemischten Gefühlen und auch Enttäuschung verlassen. Ob wir nochmal hinfahren? Eher nicht.

    1. Hallo Elke :-) Ja, genau das befürchte ich auch. Dennoch möchte ich es gerne probieren. Und noch mal ja, für die Kubaner kann es eigentlich immer nur besser werden. Wie lange wart ihr dort? Und wo genau? Am liebsten würde ich ein paar Leute von damals wieder treffen, aber das wird wohl schwierig…

  2. In Gedanken notiert: Trinidad besuchen. Mach ich! Und zwar schon bald im April. Mal sehen, wie dieses Kuba sich so gibt. Danke für diesen karibik-traum-evozierenden Artikel, der sich wohltuend von der „schnell hin bevor die Amerikaner kommen“ Berichterstattung abhebt.

    Und gute Reise weiterhin!

  3. Wann warst Du denn in Kuba? Ich war 2004 sechs Wochen dort, und damals gab es schon einige legale Casas Particulares – aber wohl bei weitem nicht soviel wie heute. Musik an jeder Ecke und Schwarzhandel gab es auch. Ich war hin- und hergerissen, ob ich das Land mag oder nicht. Es fühlte sich an wie die ehemalige DDR – mit all ihren Nachteilen von Lebensmittelrationierung bis Bespitzelung. Wie es wohl damit heute ausschaut?

    1. Ich war insgesamt zwei Mal dort, damals habe ich noch für Printmedien gearbeitet, mehr als zehn Jahre ist es her, ich müsste mal in meine alten Unterlagen schauen. Wir haben u.a. mit jungen Kubanern gesprochen, die einfach nur etwas von der Welt sehen wollten. Ein Deutscher, der dort in der Reisebranche arbeitete, erzählte, dass es wohl ein Dossier über ihn gäbe. Er wollte wieder weg von dort und lieber in einem anderen mittelamerikanischen Land arbeiten. Ich würde auch sehr gerne herausfinden, wie es heute abläuft, ob man inzwischen etwas besser dort leben kann…

  4. Schöne Einblicke in ein Cuba, das wir vor zwei Jahren leider auch nicht kennengelernt haben – da schließe ich mich dem Kommentar von Elke Hofmann an. Selten sind wir so unfreundlich und mürrisch behandelt worden wie in Havanna – nach einem vom Reisebüro empfohlenen Abstecher nach Varadero (dass es sich hier um den Ballermann der Karibik handelt wussten wir vorher nicht…) waren wir dann nach fast 3 Wochen froh, das Land wieder verlassen zu können. Ob ich wieder hinfahren würde? Eher nicht. Wobei ich mir durchaus vorstellen kann, dass das Land abseits der touristischen Pfade einen gewissen Zauber hat.

    1. Stimmt, Varadero ist nicht empfehlenswert! Außerdem denke ich, dass man die Musik mögen muss. :-) Wer gerne Salsa tanzt, ein bisschen Spanisch spricht und sich abseits der ausgetretenen Pfade bewegt, wird man vermutlich genau diese Intensität erleben, die Kuba trotz aller Probleme auszeichnet. Aber wer weiß, vielleicht wäre ich auch enttäuscht, wenn ich es heute erleben würde. Es braucht einen Insider als Begleitung. :-)

  5. Hallo Elke!
    Ich heiße Marc und habe ein paar Frage an dich. Wir bearbeiten gerade in der Schule das Thema Reisen. Wir würden gerne eine Power Point Präsentation über deinen Blog machen. Erstens wäre das in Ordnung für dich ?
    Zweitens, was waren die größten Herausforderungen für dich bei deinen faszinierenden Reisen ? :)

    Beste Grüße,
    Marc und Michelle

    1. Hallo Marc und Michelle! Klar, das könnt ihr gerne machen. Und zu Frage 2: Ich glaube, die Herausforderung beim Reisen ist, sich an einem anderen Ort immer wieder anzupassen und möglichst viel von dem Ort aufzunehmen. Die ungewöhnlichste Reise meines Lebens ging letztes Jahr in die Antarktis. Eigentlich kein Ort, an dem Menschen leben (können), sieht man von ein paar Forschern ab. Die Antarktis gehört keinem Menschen, keiner Nation, und das ist das Schöne. Hier dominiert die Natur. Pinguine haben Vorfahrt! Falls euch das interessiert, findet ihr hier meine ganzen Antarktis-Geschichten: https://meerblog.de/tag/antarktis Alles Gute für euch! Liebe Grüße, Elke

  6. Hi Elke! Danke für deine tollen Beiträge! Die Fotos sind einzigartig :-) Ich war jetzt drei Wochen auf Sri Lanka, das ist auch ein wundervolles Land!

    Viele Grüße
    Christoph

    1. Hi Christoph, danke dir! Deine Seite gefällt mir übrigens auch sehr gut. Ich werde mir mal deine Tipps für ein Leben ohne Plastik zu Gemüte führen. Viele Grüße, Elke

  7. Ich noch mal, wir hatten vor Cuba echt ordentlich bammel, aber dank deiner Worte können wir uns nun ein bisschen mehr vorstellen, wie es dort sein wird.

    Deine Bilder sind echt der Hammer. Ich fotografiere ja auch für mein Leben gerne und so beneide ich immer Menschen, die schöne Ziele zum Ablichten haben.

    Herzliche Grüße

    Heiko

    Elke du bist klasse

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