So schön kann eine ehemalige Schmelzwasserrinne der Eiszeit sein. Der Schmale Luzin im Osten Mecklenburgs hält, was sein Name verspricht: Rechts und links rahmen teils Steilhänge den flussähnlichen See. Das Wasser glasklar, am Himmel türmen sich Wolkengebilde. Himmlische Ruhe an diesem Sonntagmorgen, nur wenige Boote sind unterwegs. Und für Verbrennungsmotoren ist der sieben Kilometer lange See gesperrt.
Wir treffen Fred Bollmann an der Anlegestelle beim Seegasthof „Altes Zollhaus“ zu einer Tour mit dem leise schnurrenden Elektroboot. Der ehemalige Naturpark-Ranger vermietet auch Großkanadier. Für alle, die mehr Zeit mitbringen, sicher eine gute Alternative.
Heute aber wollen wir von den Fähigkeiten des Naturkundigen profitieren, der gekonnt einen Milan herbeipfeift und ihn mit einem Rotauge belohnt. Bollmann freut sich über die Ruhe am See: „Wenn hier jetzt 150 Boote herumfahren würden, verschwänden diese Tiere als erste.“ Der Experte weiß, dass der weiterfliegende Greifvogel Nachwuchs zu versorgen hat.
Unterwegs mit dem Ranger
„Eigentlich ist es der See der Milane“, meint Bollmann über die „schöne Rinne“ mit einer durchschnittlichen Breite von 250 Metern. Er erzählt uns, dass die jährliche Wasserstandsschwankung etwa 20 Zentimeter beträgt, und der See nicht von Flüssen gespeist wird. Andere Vögel mögen die „Rinne“ auch, zum Beispiel Schellenten und Haubentaucher. Ein paar Graureiher fliegen auch ohne spezielle Einladung über unsere Köpfe hinweg.
Im Gegensatz zum Schwarzmilan hole sich der Mäusebussard keine toten Fische aus dem Wasser, weiß unser Guide. Auch sei der Schwarze mehr ans Gewässer gebunden als der Rotmilan. Letzterer hat keine Scheu, relativ nah ans Boot heranzukommen – zur Freude der Fotografen.
Dann gibt es auch noch vier Schreiadler-Paare in der Gegend, eine stark gefährdete Art. Seeadler, Kraniche… Ornithologisch Interessierte kommen hier auf ihre Kosten. Aber auch unter Wasser tut sich einiges im Schmalen Luzin. Neben Bootfahren ist auch Angeln, Baden und Tauchen im Naturschutzgebiet erlaubt. Bollmann geht selber unter Wasser und fühlt sich fast wie Jacques Cousteau, wenn er im See abtaucht.
An einer Stelle zeigt er uns, was er meint. „Einfach nur hübsch“ seien etwa die Verästelungen herabgestürzter Bäume, wie Geweihschwämme.
Fährmann hol över
An einen Taucherfilm erinnert uns auch der Fährmann, als wir von Bollmanns E-Boot umsteigen auf die einzige handbetriebene Seilfähre Deutschlands. Thomas Voigtländer ähnelt nämlich dem französischen Schauspieler Jean Reno, dem Italiener Enzo aus „Im Rausch der Tiefe“.
„Fährmann hol över“ brauchen wir gar nicht erst zu rufen, denn Tom legt gleich los. Mit reiner Muskelkraft bewegt er das große Rad, während das Fährboot am Seil entlang gleitet. So wird Feldberg mit Hullerbusch und Carwitz verbunden.
Wir sitzen tief genug auf dem Wasser, um die Finger ohne Verrenkung hineingleiten zu lassen. Angenehm frisch. Eine ganze Runde drehen wir auf der Fähre und nehmen auf dem Rückweg weitere Passagiere sowie einen Hund mit.
So erfahren wir: 90 Mal muss der Fährmann am Rad drehen, um von einem Ufer ans nächste zu gelangen. Für das Naturschutzgebiet hat die seit 1977 betriebene Fähre eine Ausnahmegenehmigung.
Leider können wir nicht bis Dienstagabend bleiben, wenn sich alle Neugierigen mit Lust auf des Fährmanns (kuriose) Geschichten versammeln. Im Café bei der Fähre, mit Blick auf den schönen Schmalen Luzin.
Text und Fotos: Elke Weiler
Danke an den Tourismusverband Mecklenburg-Vorpommern, der diese Reise ermöglicht hat. Nach Kranichen haben wir übrigens auch Ausschau gehalten. Und Hirschen im Liebesrausch.