Der Duft der Steinpilze

Agrotourismus in Umbrien

Seit ein paar Tagen regnet es in Umbrien, und das ist ungewöhnlich. Doch Sante geht auch bei schlechtem Wetter in seinen Wald. Als seine Frau Maria Grazia und er das Grundstück des Agriturismo Valle del Tione nahe Orvieto gekauft hatten, mussten sie den Wald erst einmal entrümpeln.

Für Sante völlig unverständlich, wie sich so viel Müll ansammeln konnte. Er achtet den Wald: „Ich klopfe jedes Mal an, wenn ich eintreten will.“ Also taten Maria Grazia und ihr Mann, was sie tun mussten: Für einige Jahre überließen sie den Wald sich selbst.

Ihre Mühe und Geduld wurden belohnt, denn nun gedeihen im Unterholz die prächtigsten Steinpilze, und das in rauen Mengen. „Sie riechen so intensiv, viel besser als die aus dem Apennin!“, sagt Sante nicht ohne Stolz. Mitten auf dem Land, wo Fuchs und Hase sich gute Nacht sagen, hat das Paar investiert – dabei war das Gehöft aus dem 18. Jahrhundert stark restaurierungsbedürftig.

Maria Grazia und Sante
Spaß mit Steinpilzen

Sante und Maria Grazia wollen nicht irgendwie renovieren, alles sollte so originalgetreu wie möglich werden. Die alten Materialien sind schwer zu ergattern, doch sie fanden sogar zwei Türen aus der gleichen Zeit.

Die einfache Küche

Das Ergebnis lässt sich herzeigen: Warme Terracotta-Fußböden harmonieren mit den Balken aus dunklem Walnussholz, Fragmente aus vergangener Zeit sind wie Museumsstücke in die Wände des Speisesaals eingelassen, oberhalb des langestreckten ehemaligen Waschbeckens.

Im offenen Feuer knistern die Holzscheite und verbreiten wohltuende Wärme im Kampf gegen die Feuchtigkeit. Doch Santes Prognosen sind gut: In den kommenden Tagen wird sich die Sonne zeigen, bleibt sie doch den römischen Breitengraden nie lange fern.

Steinpilze trocknen in Umbrien
So werden sie getrocknet.

Sante werkelt in der Küche und erscheint mit einem „Carpaccio Funghi Porcini“. Ein bisschen Öl und Parmesan reichen den aromatischen Steinpilzen und Sante, um eine kleine Köstlichkeit zu zaubern.

Rustikales Brot brutzelt über den glimmenden Holzscheiten des Steinofens, mit ein paar Tropfen Olivenöl und etwas Knoblauch wird eine Bruschetta daraus. Es gibt kaum jemanden, hier in der Tuscia, dem alten Etruskerland, der ein Stück Land besitzt und seinen Wein und sein Olivenöl nicht selbst macht.

„Unsere Küche ist einfach“, erzählt Sante. Und doch ist sie raffiniert. Raffiniert wie die selbstgemachten Gnocchi, deren Teig lange mit bloßen Händen und Nudelholz bearbeitet werden muss.

Steinpilze sammeln
Sante kennt sich aus.

Deren Konsistenz man erfühlen muss. Raffiniert wie die Fischsuppe „Sbroscia“, einer Spezialität des Bolsena-Sees. Was wäre eine gute „Sbroscia“ ohne den Coregone, den Schleyenfisch, ohne die wilde Minze oder ohne einen Lieblingstopf?

Valle del Tione

Stachelschweine, Hasen und Fasane haben Maria Grazia und Sante in dem 800 Hektar großen Park des Valle del Tione schon gesehen. „Die Jäger dürfen hier nicht hinein“, meint Sante in Erzähllaune. Es war die Liebe zur Natur und den Tieren, die das Paar ihren Job wechseln und hier investieren ließ.

Am nächsten Morgen wirft die Herbstsonne ihre warmen Strahlen auf das Anwesen. Maria Grazia hat die reichliche Steinpilzernte auf einem Tisch hinterm Haus zum Trocknen ausgebreitet.

Ihr intensiver Duft breitet sich aus, zieht durch die geöffneten Fenster des Agriturismo und weckt alle, die vom morgendlichen Vogelkonzert noch nicht wach geworden sind. So ist das in Umbrien, wenn man den Herbst riechen, schmecken, fühlen kann.

Text und Fotos: Elke Weiler

5 thoughts on “Der Duft der Steinpilze

  1. Hallo Elke,
    ich bin der Deutsch-Italienischen Gesellschaft in Kassel aktiv. Wir suchen immer wieder interessante Vorträge für unsere Gesellschaft. Hast Du vielleicht Umbrien in der „Schreibtischschublade“ liegen mit tollen Fotos? Der „Duft der Steinpilze“ wäre ein schöner Titel.
    Ich freue mich auf Deine Antwort!
    Beste Grüße aus Kassel von Barbara

    1. Hallo Barbara, am besten du schreibst mir an die im Impressum angegebene Mail. Allerdings kann ich dir jetzt schon sagen, dass ich erst im nächsten Jahr wieder Zeit habe. Wäre das für euch ok? Liebe Grüße, Elke

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