Ein altes Sprichwort sagt: Jede Biike ist anders.
Ich habe es gerade erfunden. Aber vielleicht bin ich nicht die Einzige, die so denkt. Wenn jedes Jahr an den Küsten Nordfrieslands die Winterfeuer brennen, kann dem traditionellen Zündeln von Reisig und Weihnachtsbäumen schon mal ein Sturm oder Dauerregen in die Quere kommen. Wie etwa letztes Jahr.
Nicht so im glorreichen 2013. Wir haben uns für den Flammentanz in St. Peter entschieden. Nach der eher nachbarschaftlichen Stimmung in Schobüll vor zwei Jahren nun also das etwas größer gefasste Event im bekanntesten Ort der Halbinsel Eiderstedt. Und dieses Jahr haben wir Glück.
Unser Treffpunkt: 18 Uhr vor dem Strandgut Hotel. Die Fanfaren tuten, die Stimmung steigt trotzdem. Am Horizont das letzte Aufglühen eines Bilderbuch-Sonnenuntergangs. Frische zwei Grad minus, kaum Wind. Zum Aufwärmen trinken wir einen Glühwein mit Achim und Thomas aus Reimersbude. Quatschen munter drauf los, verpassen dabei die traditionelle Feuerrede, die durch die Lautsprecher tönt.
Ein Rascheln und Knistern. Und wusch! Die ersten Flammen schlagen hoch, begleitet von heftiger Rauchentwicklung. Alles zieht in Richtung Seebrücke und Meer. Neben uns ein Nordlicht, das sich im Strandgut einquartiert hat, und die Entwicklung des Feuers präzise dokumentiert.
Währenddessen versuchen wir, die Szenerie optisch für die Ewigkeit festzuhalten. Dieses Bild, das sich ständig ändert. Endlich brennt es lichterloh, und die Flammen nehmen Besitz von aufgetürmtem Holz, von Ästen und zischenden Tannennadeln.
Schon seit Wochen wurden die Weihnachtsbäume hier geschichtet. Professionell. Wir wollen näher ran – auch wegen der Wärme. Also verlassen wir unseren famosen Aussichtspunkt und klettern seitlich hinab. Achim und Thomas schlagen sich wacker vor uns durch die Botanik.
Und zeigen uns so, wie aus einem einfachen Biikebrennen ein nächtlicher Abenteuertrip werden kann. Anfangs laufen wir noch problemlos durch trockenes Gestrüpp, das jedoch immer höher, störrischer und pieksiger wird. Wir sind jetzt umzingelt von Dünenrosen und haben unsere Macheten leider nicht dabei.
Achim versucht, uns mit bloßen Händen den Weg zu bahnen, doch die kämpferischen Hagebutten geben so leicht nicht auf. Endlich stehen wir vor dem Feuer. Warum tun die Nordfriesen das eigentlich? Und warum ausgerechnet am 21. Februar?
Einen genauen Termin für das ursprünglich heidnische Winteraustreiben im Februar legte man erst relativ spät im 19. Jahrhundert fest. Auch gab es früher keine feststehenden Haufen, vielmehr zogen junge Männer mit Teerfackeln herum. Holz galt als Luxus im waldarmen Nordfriesland.
Heute feiern wir jedes Jahr am 21. Februar, um die Wintergeister vertreiben. Also genau zu dem Zeitpunkt, wenn niemand ihn mehr mag, den Herrn Winter. Ein Gast aus dem Schwabenland blickt andächtig in die züngelnden Flammen: „Es hat etwas Faszinierendes.“
Es zischt, rumpelt, knallt, prasst. Es sprüht den schönsten Funkenregen in die sternenklare Nacht.
Und den Mann scheint es zu quasi philosophischen Höhenflügen zu inspirieren: „Rauchen wir deshalb? Für unser kleines Privatfeuer?“ Ich lasse das unkommentiert unter den Weiten der Milchstraße stehen. Zeit für Antworten gibt es auch nicht, da das laute Schnaufen eines Traktors die Biike-Fans auseinander treibt.
Zeit für einen wichtigen Einsatz. Zeit für Gerhard von der Gemeinde. Mit dem Trecker schiebt er den äußeren Ring von Tannenbäumen mitten ins Inferno. Immer wieder greift die Schaufel hinein in die lodernden Flammen. Was für ein Spektakel! Das gab es so in Schobüll nicht.
Da Gerhard auch noch ein zweites Mal anrückt, brennt diese Biike ewig. Wir essen derweil Pommes mit Currywurst, beziehungsweise traditionellen Grünkohl in der To-Go-Version. Als uns gegen 21 Uhr langsam die Zehen abfrieren, brutzelt die Biike immer noch vor sich hin. Gerhard sei Dank.
Bleibt nur zu wünschen: Hoffentlich hat der Herr Winter nicht so eine Ausdauer! Wir haben jedenfalls unser Bestes getan. Für den Frühling, für die nordfriesische Tradition.
Text und Fotos: Elke Weiler
Wow, schön zu wissen, dass es sowas auch woanders gibt. Hier in Vorarlberg wird auch jedes Jahr der traditionelle „Funken“ verbrannt. Mein liebstes Fest des Jahres (Ade Winter!) und auch noch eines der skurrilsten (inklusive Hexenverbrennung). :-)
Liebe Grüße und einen schönen Frühling!
Christina
Danke, Christina – das wünsche ich dir auch! Und möglichst bald wäre ja schön… ;-)
…wunderschöne Bilder …. tolle Atmosphäre… !!!
2009 stand ich am 21.2. abends im strömenden Regen in SPO genau dort aufm Deich und durfte bei auflandigem Wind als „Räucheraal“ ein herrliches Nadelholz-Aroma einatmen…
na – ja , das Grünkohlfuttern hat danach für alles entschädigt…
:-)
Danke!!!
Ui, das war aber Pech!! Letztes Jahr war ich auch ganz traurig, weil das Wetter so mies war. Mal schauen, nächstes Jahr. Bei gutem Wetter vielleicht eine Insel…
Wenn ich das so lese, freue ich mich schon richtig auf’s Osterfeuer. Dauert ja nurnoch ein paar Wochen! :-)
Ja, herrlich! Noch eine Chance… :-)
Hallo Elke,
schöner hätte man das nicht beschreiben können. Ein toller Artikel mit doch ganz guten Fotos, wie ich finde (war ja nicht so einfach). Es war ein schöner Abend und auch wenn die Zehen abgefroren waren hat es Spaß gemacht den Winter zu vertreiben. Ich hoffe es ist uns wirklich gelungen :-)
Viele Grüße aus Reimersbude an Euch
Achim und Tom
Danke, ihr Zwei!!
Wir fanden’s auch schön, müssen wir bald mal wiederholen (auch ohne Feuer)! :-)
LG, Elke
Hallo Elke,
wie schon gesagt… Deine Blogs find ich sehr schön kurzweilig und informativ!!!
Jan das Nordlicht
Danke, Jan! Und einen schönen Abend!
Hallo Elke,
schöner Bericht und tolle Bilder. Ich freue mich schon auf das nächste Biikebrennen. Hoffentlich spielt das Wetter diesmal auch mit. ;)
Gruß Holger
Ich freu‘ mich auch! Danke für den Link dahin! :-)
Liebe Elke,
vielen Dank für den sehr kurzweiligen Text und die eindrucksvollen Bilder! Wir sind in diesem Jahr wahrscheinlich über Biike in SPO. Hast du eine Idee, wo man danach gut Gründkohl essen kann?
Viele Grüße aus Hamburg
Claudia
Liebe Claudia, wie schön! Schau mal beim Wanlik Hüs (im Dorf), bei der Insel (Bad) oder im Beach Motel (Ording), was sie so anbieten. Als ich in St. Peter war, fand ich den Grünkohl to go (beim Strandgut, also Biike-nah) eine nette Alternative. Allerdings sollte dafür das Wetter einigermaßen trocken sein. ;-) Liebe Grüße zurück nach Hamburg! Elke