Penguin Days #4, Brown Bluff

Mit Brown Bluff ist es so eine Sache. Manchmal klappt es, manchmal nicht. Um zur Ostseite der Tabarin-Halbinsel zu gelangen, gleiten wir schon am frühen Morgen durch den Antarctic Sound, auch Allee der Eisberge genannt.

Was für eine entrückte, unwirkliche, eisige Welt.

Der Nebel fängt uns ein, fängt die Geräusche ab, lässt die Eisberge in der Lautlosigkeit wie Gedanken verschwinden. Gleichzeitig schärft er unsere Sinne. Oder ist es unsere Erwartungshaltung? Dieses Kribbeln, die Aufregung vor jeder Anlandung.

Antarctic Sound
Antarctic Sound

Das Warten auf die Durchsage, das Aufrufen der Bezugsgruppe. Ich gehöre zu den Magellan-Pinguinen, die wir vielleicht auf dem Rückweg noch in den chilenischen Fjorden sichten können. Dann die trittsicheren Gummistiefel überziehen, Jacke und Schwimmweste, die Kamera in den Dry Bag stopfen und ab zum Tender Pit.

Vulkan unter Gletscher

Mit potenten Zodiacs streifen wir durch verstreutes Treibeis, den rotbraunen Vulkantuff des Tafelbergs von Brown Bluff als Ziel vor Augen. Es handelt sich um einen sogenannten subglazialen Vulkan, der unter einem Gletscher entstanden ist.

Vulkan im Nebel
Vulkan im Nebel

Feiner Schnee rieselt hinab, als würde der Nebel mit seinem Weichzeichnereffekt nicht ausreichen. „Herzlich Willkommen auf dem antarktischen Festland“, meinen sie, die Helfer, das Expeditionsteam. Am Strand herrscht reges Treiben, ein Watscheln und Tröten, Putzen und Schütteln.

Tenderboot

Eselspinguine mischen sich mit Trupps von Adéliepinguinen. Ein Stück Eis bricht mit Riesenkrach von einer Scholle ab, woraufhin eines der Schwimmgrüppchen hektisch an der Wasserkante auftaucht.

Brown Bluff, Antarktis
Wet landing

Auch bei Brown Bluff dürfen nur 100 Passagiere gleichzeitig an Land gehen, die Guides ausgenommen. Anders als auf Half Moon Island verteilen wir uns dieses Mal besser. Die Wege am Strand entlang sind großzügiger, und zumindest die Eselspinguine wirken ziemlich selbstbewusst.

Die Pinguine und wir

Sind sie bereits an Menschen gewöhnt? Bis zu drei Schiffe dürfen pro Tag bei Brown Bluff an Land gehen, auch das legt der Antarktisvertrag fest. Zwei Brutgebiete sind komplett geschlossen, eines gehört den Dominikanermöwen, das andere den Adéliepinguinen.

Adéliepinguine

Es läuft rund mit den Pinguinen und uns. Wir verbringen entspannte anderthalb Stunden zwischen brütenden und geschäftig umherlaufenden Seevögeln, immer hübsch den Mindestabstand von fünf Metern beachtend. Den störenden Part überlassen wir Anderen.

Es sind die Skuas, vom Ornithologen Dan als „Bad Boys“ der Antarktis bezeichnet, die den Pinguinen die Eier klauen. Einige der auf den Steinen liegenden Kadaver waren entweder späte Küken vom Anfang des Jahres, die es nicht geschafft haben, kräftig genug zu werden, um mit den Eltern wegzuziehen. Andere wurden von Robben getötet.

Just walking.

Am frühen Nachmittag frischt der Wind auf und treibt das Eis zusammen. Immer noch sind Gäste draußen bei Brown Bluff, immer noch cruisen die Tenderboote hin und her. Doch Kapitän Kai Albrigtsen muss den Anker lichten und die Position des Schiffes optimieren.

Der Eisradar hilft

Es geht alles ganz schnell, mehr und mehr Treibeis sammelt sich um uns herum. Die Sicht ist schlecht, doch glücklicherweise verfügt das Schiff neben dem normalen auch über einen speziellen Eisradar. Der Wind kommt nun aus allen Richtungen, und so muss der Kapitän „das Eis lesen“.

Das Eis lesen.

Mithilfe der Propeller kann das Schiff selbst Strömung verursachen und Eis in Bewegung bringen. Vor allem aber können wir uns damit flexibel drehen. „Wir müssen rechtzeitig weggehen, bevor das Eis uns einschließt“, meint der Kapitän. Daher kommt die zweite Hälfte der Passagiere nicht mehr in den Genuss der Anlandung.

Sie müssen darauf verzichten, die Adéliepinguine kennenzulernen, also die mit den schwarzen Köpfen und weißen Augenringen. Ornithologen geraten beim Anblick gerne ins Schwärmen. Auf unserer weiteren Route werden wir vermutlich keine Gelegenheit mehr bekommen, die hübschen Dinger live zu erleben.

Hübsche Kerle
Abklatschen unter Pinguinen

Doch das Eis vor Brown Bluff hat uns im Würgegriff. Immer noch harren ein paar Zodiacfahrer vor dem Schiff aus, unbewegt in Schnee und Wind. Sie frieren, klopfen sich auf die Arme. Ein paar Gäste sind bei den Pinguinen abzuholen, so auch das Expeditionsteam. Für solche Notfälle sind die Experten gewappnet und hatten gleich zu Anfang alles Notwendige an Land gebracht, darunter auch Zelte.

Sicher wäre es eine ganz besondere Erfahrung, eine Nacht unter Pinguinen zu verbringen. Doch wir sind froh, als alle Mitarbeiter und Gäste auf dem sicheren Rückweg sind. Der Kapitän hat das Schiff geschickt aus dem Eis hinaus manövriert und erneut den Anker geworfen, damit alle an Bord geholt werden.

Zeit für Lunch
Zeit für Lunch

Wir durchqueren erneut den Antarctic Sound. Tschüss, ihr Esels- und Adéliepinguine. Genießt die Ruhe und passt gut auf die Brut auf.

Text und Fotos: Elke Weiler

Infos

Die Zahl der Adéliepinguine geht zurück. Was vermutlich am Klimawandel liegt, wie einige Polarforscher meinen. Durch den Treihauseffekt gibt es weniger Krill, die Hauptnahrung der Pinguine. Allerdings konkurrieren sie auch mit einer zunehmenden Anzahl von Walen um die Krustentiere.

Ebenso kann sich die Anwesenheit von Menschen negativ auf Adélie-Kolonien auswirken, das betrifft den Betrieb rund um die Forschungsstationen ebenso wie steigende Touristenzahlen. So findet man Adéliepinguine zunehmend auf dem antarktischen Festland an, wo ansonsten vor allem Kaiserpinguine ausharren.

It's a cold world.
It’s a cold world.

Ich bin mit der MS Midnatsol unterwegs in der Antarktis – auf einer Pressereise von Hurtigruten.

Wie geht es weiter? Zwischen der antarktischen Halbinsel und den Südlichen Shetlandinseln liegt die Bransfield-Straße. Wir legen 200 Kilometer zurück, um nach Deception Island zu gelangen. Dort wartet neben einer atemberaubenden Vulkanlandschaft ein besonderes Erlebnis auf uns…

16 thoughts on “Penguin Days #4, Brown Bluff

  1. Hallo liebe Elke, danke für tolle Berichte und Bilder ❄ Ich bewerbe mich hiermit als deine persönliche Meerblog Assistentin und muss somit auf sämtliche Reisen mitgenommen werden Komm gut nach Hause und bis ganz bald. Liebe Grüße, Pamela

    1. Hallo liebe Pamela! Danke dir! Cool, ich hatte noch nie eine Assistentin. :-) Wir sind gerade in Punta Arenas angekommen, jetzt geht es per Flug nach Santiago de Chile. Ganz liebe Grüße und bis bald! Elke

  2. Oh wow, was für ein schöner Bericht! Und dann noch diese wundervollen Fotos! Ich liebe Pinguine! (na gut, wer tut das nicht?)

    Deine Seite bringt mich zum umdenken – ich glaube ich muss auch mal mehr in die kalten Gegenden fahren und nicht immer nur in die warmen!

    Liebe Grüße!

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