Wenn sich alles veränderte, taten wir es auch. Der Dicke war ein erklärter Feind von Veränderungen, doch ich sah darin ein Potential an aufregenden, neuen Möglichkeiten. Wie üblich im Herbst, gab der Herr Wind ein paar krasse Einlagen. Beim zweiten großen Getöse, die Lutscher erfanden ja immer neue Namen für den Herrn Wind, kamen auch Unmengen von Wasser mit, das vom Himmel fiel.
Obwohl Regen mich üblicherweise in schlechte Stimmung brachte, da ich meinen Outdooraktivitäten nicht in gewohntem Maße nachkommen konnte, war ich dieses Mal ein bisschen überrascht. Der Herr Wind hatte sich zwar rasch wieder vorzogen und anderswo Unheil angerichtet, doch das Wasser blieb.
Unsere liebliche Halbinsel hatten sich in eine Seen- und Sumpflandschaft verwandelt, und während die Rindviecher sich beschwerten, profitierten andere davon. Superinspektorin Miss Julie Marpeloni musste der Sache auf den Grund gehen. Trotz meiner Wasserallergie war mir für eine profunde Recherche kein Hindernis zu nass.
Also watete ich durch das Überschwemmungsgebiet. Ich hatte eine Spur, man könnte sogar von eindeutigen Hinweisen sprechen. Madame und Janni waren längst abgehängt, sie zogen es vor, auf dem Trockenen zu bleiben. Ich war allein. Nein, das war was! Ein weiteres Lebewesen! Ein Bisam in der Brühe! Er flupschte hoch, ich hinterher. Dann an anderer Stelle, flupsch und platsch, das Spiel wiederhole sich einige Male.
Ich wusste, im Wasser war er mir überlegen. Doch wo wir waren, gab es sonst Wiese und Weg. Das Wasser konnte nicht tief sein. Also blieb ich dran. Doch was kam da um die Ecke? Janni Mann! Ich verlor meinen neuen Bekannten aus den Augen. Doch ich hatte etwas gewittert, dort im Dickicht, das wir sonst links liegen ließen.
Also steckte ich meine Nase tief hinein, und der Dicke tat es mit nach. Musste er immer im ungünstigsten Moment auftauchen? Mir die ganze Undercover-Aktion kaputt machen? Ich hatte mir bereits eine dicke Schicht Tarnfarbe aufgelegt. Unser Marschboden eignete sich bestens dafür. Ich schnaubte, doch Janni ließ sich nicht vertreiben, im Gegenteil. Er schnaubte zurück. Hatte der Hund Töne? Ich schnaubte noch deutlicher.
Da stürzte er sich auf mich! Ich schrie! Madame sofort zur Stelle. Sie platzte in unsere Rauferei und brachte den Dicken zur Räson. Heilige Ackergülle! Hatte ich nicht gleich zu Anfang gewittert, dass Janni beratungsresistent und schwer erziehbar war? Erhobenen Hauptes zog ich davon. Madame et Monsieur mussten diese Suppe selber auslöffeln.
Ich brauchte dringend Urlaub. Dabei war ich im letzten Monat noch mit Madame und Ente Emilia unterwegs gewesen. Natürlich hatte ich auf so einen rattenscharfen Roadtrip durch halb Skandinavien wie letztes Jahr gepokert. Stattdessen waren wir an der Ostsee gelandet. Dieses Plätscherwasser mit Ministränden!
Dabei wusste Madame doch, dass mein Herz für dänische Hundewälder und hohe Dünen schlug! Unsere Ostsee-Bude nahm sich zwar recht angenehm aus, netterweise hatte man auch Kekse für mich hinterlegt. Aber meine neue lappländische Freundin Yma machte sich sofort auf meinem Bett breit. Ich sagte ihr, dass es kein Rentierbett sei, doch sie fand es bequem.
Da Yma ein guter Kumpel war, ließ ich sie gewähren. Hundebetten waren eh nicht mein Ding. Doch Madame machte Stress. Ständig wollte sie am Beach herumlatschen! Klar, wir trafen ein paar nette Typen am Hundestrand, doch die meisten waren mit Bällchen holen und schwimmen beschäftigt. Ich buddelte etwas lustlos und bellte Madame an: Sollte das ein Strand sein?
Tags darauf erkundeten wir Fehmarn, dort ging es wenigstens etwas wilder zu. Der Wind blies uns um die Nasen, kein Vergleich zu der lieblichen Atmosphäre in Heiligenhafen. Dafür war der Strand hier fast verschwunden. Das Meer wirkte fast so impertinent wie die Nordsee, schmeckte aber laffer.
Dünen waren kaum vorhanden und wurden wie Knochen gehütet. Zwar steckte ich meine Nase überall hinein, doch erst zurück in Heiligenhafen konnte ich ein altes Brötchen finden. Getreu dem Motto: besser ein zweites Frühstück als gar keins, knabberte ich motiviert daran herum. Madame durfte nicht mal einen Blick darauf werfen!
Sie schalt mich bockig. Ich klärte sie über mein Recht auf Individualität auf und warf ihr Einschränkung der Meinungsfreiheit vor. Irgendwie hatte es in Skandinavien besser mit uns geklappt. Sehnsüchtig dachte ich zurück an die Insel der Möwen. Immerhin konnte ich mich über einen Mangel an enthusiastischen, mir zugewandten Lutschern nicht beklagen.
Die nette Frau etwa, die meinte, ich würde super zu ihrem Outfit passen! Ich hätte sie gerne näher kennengelernt, sie war tierisch gut drauf. Wenn Madame mir wenigstens etwas von dem Milchreis abgegeben hätte! Oder von der sardischen Pasta! Sie wusste doch, dass ich auf Italienisch-Kulinarisch stand!
Auch Yma verstand mich dieses Mal nicht, aber das Rentier war ja erst kürzlich emigriert und finnischsprachig. Normalerweise war das egal, ich gab mir alle Mühe sie überall hin mitzunehmen. Yma war ein patenter Kerl und lag gut im Maul. Außerdem war sie als blinde Passagierin auf dem Schiff nach Travemünde gelandet, so etwas konnte ich nur unterstützen.
Überhaupt hätte Madame mich mal lieber mitnehmen sollen nach Finnland, dann wären diverse Dinge wohl nicht passiert, und Ente Emilia hätte ich schon auf Trab gebracht. Sie brauchte einfach ein bisschen Ansprache während des Fahrens. Doch Madame versprach mir, dass wir mal alle zusammen nach Finnland fahren würden.
Beziehungsweise nach Åland, was zwischen Schweden und Finnland läge und einsame Inseln zu bieten habe. Monsieur wolle die Tickets besorgen, Yma als Dolmetscherin mitkommen, obschon sie kein Schwedisch sprach. Doch der Dicke? Eine Chief Security würden wir auf der Insel wohl kaum brauchen. „Ha, die Elche!“, posaunte er. Doch Yma winkte ab. Ich mochte dieses coole Ren wirklich gern.
Text: Julchen (nach Diktat mit Yma im Garten verschwunden)
Fotos: Elke Weiler
Ich hoffe, du hast dein „Herbstschwein“ wieder sauber bekommen! =)
Echt Klasse Bericht und Fotos.
LG der Willy
Danke! Ja, und der Dreck fällt quasi von allein wieder ab. Frag nicht, wie es danach im Haus aussieht! LG, Elke