Herbstblues

Die Herbstblätter tanzten durch die Luft, und ich hüpfte leichtfüßig wie eine Gazelle hinterher. Es waren so viele! Sie versammelten sich zu Stöberbergen, die man gründlich untersuchen oder mal richtig aus dem Konzept bringen konnte. Einige blieben aus unerfindlichen Gründen am Maul hängen, womit man unter Lutschern garantierte Lacherfolge erzielte.

Ähnliche Übersprunghandlungen wie fliegende Blätter konnten bei mir nur Vögel auslösen, die provozierend auf dem Weg hockten. Insbesondere Raben. Es musste sich um ein Naturgesetz handeln. Selbst Titis taten es, ich hatte das genau beobachtet, als wir letztens in Husum downtown herumspazierten.

Madame war bei geschlossenen Geschäften mit Windowshopping beschäftigt, und ich kümmerte mich um die Sauberkeit der Bürgersteige und Straßen. Mit der mir eigenen Gründlichkeit.

Möwen jagen? Auch Titis taten es.

Da rannte ein Junge hinter den Vögeln im Hafen her, eine Kuh imitierend! Fürchteten die Tiefflieger etwa laute Rindviecher? Tief in meinem Innern hegte ich Zweifel an dieser These, musste dem Babylutscher aber neidvoll zugestehen, dass er äußerst effektiv arbeitete.

Irgendetwas lag in der Luft, der Herbst brachte Veränderung, Umsturz, Neuanfang. Es musste mit dem Haus der 1001 Gerüche zusammenhängen, in dem ich nichts, aber auch gar nichts anrühren durfte. Wie eine gläserne Schatztruhe, zu der man den Schlüssel verloren hat.

Das Gute lag zum Greifen nahe, Kühe wollten gehütet, Büsche inspiziert und Zimmerecken ventiliert werden. Dazu steckte ich mein feines Näschen in eine solche und pustete wie ein Fön auf Stufe drei, so dass auch das letzte Fitzelchen Vergangenheit herausgewirbelt und fachhündisch analysiert werden konnte.

Doch mir schwante, dass neue Spielwiesen mit der Aufgabe alter eng verknüpft waren. Und ich hasste Veränderungen. Schließlich waren meine Pferde doch wieder auf der Fenne. Wer sollte sich um sie kümmern, wenn ich nicht mehr da war?

Julchen hat Fragen. Weiß das Meer die Antworten?

Ungehütet – das ging ja gar nicht! Und Mini-Pony Frido, der scharfe Typ mit der flotten Igelfrisur, war mit der Betreuung einer ganzen Herde einfach überlastet.

Ich traute ihm einiges zu, doch am Ende blieb er mal wieder unentschuldigt zu Hause, und dann hatten wir den Schlamassel. Die Sache war klar wie Kloßbrühe: Hier würde alles den Bach runtergehen.

Während ich solch trüben Gedanken nachhing, versuchte Madame mich mit allen ihr zur Verfügung stehenden Kräften über den Deich zu bewegen. Doch es war einfach zu windig. Nicht, dass uns nachher noch ein Schaf um die Ohren flog! Die Wollknäuel standen zwar völlig ungerührt auf den Wiesen, rupften und mampften, was das Zeug hielt. Aber man konnte nie wissen.

Am Ende setzte Madame sich durch. Hatte man in diesem Land nicht mehr das Recht auf Meinungs- und Bewegungsfreiheit? In Anbetracht des Meerblicks vergaß ich den unbewaffneten Widerstand.

Das Meer! Und alles ist vergessen.

Alles war in Butter, denn am Hundestrand trafen wir den ruhigen Ronny und den durchgeknallten Mailo. Endlich mal ein Gleichgesinnter! Dummerweise hatte Madame die Leckerlis vergessen, weswegen ich nun anderweitig auf Suche gehen musste.

Diesbezüglich und auch so war gute Kontaktpflege essentiell. So half ich auch gerne mal der netten Nachbarin von gegenüber, wenn sie den Kofferraum ihrer Blechhöhle entlud. Spaghetti!

Kulinarisch hatten die Italiener jede Menge drauf: Grissini, Pasta und Pizza waren nun mal kulturelle Glanzleistungen – wirksam gegen jede Art von akutem Herbstblues.

Ob sie wohl auch ein Meer hatten, das einen so inspirierte? Es schmeckte auch in der ersten Wirbelblätterzeit meines Lebens noch genauso so lecker wie im Sommer. Wenn es nur nicht diese lästige Kühlschranktemperatur eingestellt hätte!

Musste Madame da jetzt wirklich reinlaufen?

Text: Julchen (nach Diktat Gummistiefel für Hunde im Internet bestellt)

Fotos: Elke Weiler

5 thoughts on “Herbstblues

  1. Ich mag den Herbst. Wenn er so schön ist wie dieses Jahr und auch so schön bleibt, dann mag ich ihn noch mehr. Wenn die Sonne scheint, die Luft aber schon kühl ist, dann liebe ich es im Park in der Sonne zu sitzen und dem rascheln der Blätter zu lauschen

  2. Hallo,sister!
    Bist du schon umgezogen in dein neues Zuhause? Oder ist es noch alles sehr stressig bei euch?, Ich genieße die regenfreien Tage, bin mit Frauchen und Co. viel draußen und werde nicht ständig mit einem Handtuch abgerubbelt. Meine Läufigkeit ist jetzt vorrüber, weiß garnicht warum da so ein Aufstand gemacht wird! Sind doch alles nette Hunde hier. Vielleicht klappt es ja bald mit einem Hummelwiese treffen oder wir beide sehen uns mal wieder, dann können die Zweibeiner Leckerlies tauschen, deine waren doch so lecker!!! Liebe Grüße von deiner pelzigen Schwester Alma

    1. Alma, meine Liebe,

      noch bin ich in Husum. Aber nicht mehr lange! Mein Rudel hat schon einiges leer geräumt, so dass mein Bellen in der Bude jetzt viel besser hallt, was sehr effektiv ist. Ich bin sehr für ein baldiges Treffen inklusive Leckerlis-Tausch – vielleicht klappt’s am ersten November-Wochenende? Oder findet dann die Hummel-Party statt? Halte mich auf dem Laufenden, meine Gute!

      Dein Julchen

  3. Ich liebe den Herbst ebenso. Gerade erstrahlen die Bäume in allen Farben von grün bis rot und von gelb bis braun. Es ist einfach schön, diese Farbenvielfalt zu beobachten und gleichzeitig die letzten Sonnenstrahlen zu genießen. Der Herbst ist eine wunderschöne Jahreszeit.

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