Das Nord-Ostsee-Wunder

In Breiholz am Kiel-Canal

„Auf einmal waren sie da“, erzählt die Frau, die mit ihrer Tochter am Breiholzer Fährübergang wartet. Die Rede ist von sieben Hausgänsen, die sich vor einiger Zeit genau hier niedergelassen haben. Ohne Haus. Mal treiben sie sich rechts, mal links des Übergangs herum.

„Sie wechseln auch schon mal die Uferseite“, weiß die Anwohnerin. Aber sonst nichts. Die Gänse wohnen fest auf den Breiholzer Uferwiesen, sommers wie winters. Auch Schwäne gehören hier zum festen Inventar, in der goldenen Mitte der am stärksten befahrenen, künstlichen Seeschifffahrtsstraße der Welt.

Vor der Wirtschaftskrise kam es zu über 40.000 Passagen pro Jahr. Nach dem Einbruch sank die Zahl in 2009 auf über 30.000. Doch seitdem geht es wieder aufwärts. Wichtiger als Gänse sind rund um den Kanal natürlich Technik und Zahlen. Er verbindet die beiden Meere zwischen Brunsbüttel und Kiel seit 1895 und wurde mehrfach erweitert.

Heute kann ein Schiff mit maximal 235 Metern Länge und 32,5 Metern Breite die international als Kiel Canal bekannte Wasserstraße befahren. Begegnen sich zwei Schiffe größeren Ausmaßes, geben die von Dalben gekennzeichneten, sogenannten Weichen ihnen Ausweichmöglichkeiten. So existiert zum Beispiel bei Breiholz eine Weiche, noch mit den alten Dalben aus zusammengebundenen Holzpfählen bestückt.

Optimal für Radwanderer

Auf dem Kopf einer der Dalben rastet ein Nilganspaar, das Weibchen macht durch lautes Schnattern auf sich aufmerksam. Man treibt sich halt gerne an Gewässern herum. Auch wenn ab und an ein großer Pott vorbeizieht.

Das gilt auch für die Radwanderer, die sich auf den Dienstwegen rechts und links des Kanals tummeln. Umso besser, dass sich das gastronomische Angebot entlang des Kanals verbessert hat; in Breiholz zum Beispiel existiert das Café „Alte Scheune“.

Eine Auflistung der Einkehrmöglichkeiten bietet die touristische Arbeitsgemeinschaft des Nord-Ostsee-Kanals auf ihrer Website. Was für längere Touren mindestens genauso praktisch wie eine Radwanderkarte ist.

Andere schnallen ihre Räder lieber aufs Auto, lassen sich hier oder da nieder und fahren dann Teilstücke des Kanals entlang. Natürlich gibt es geeignetes Kartenmaterial für die insgesamt 320 Kilometer lange NOK-Route. Denn auch im Hinterland des Kanals ist so einiges zu entdecken.

Radwandern am Kiel-Canal
Der Weg

Im Vergleich zur Küste wirkt die Geest-Landschaft lieblicher, abgerundeter, weicher. Der flachgewellte Sand- und Hügelrücken Schleswig-Holsteins mutet an wie eine Heidelandschaft. Wiesen, Wälder, Moore. Und dann die Eider, die sich durchs Land schlängelt und zu einer Kanu-Tour einlädt.

Das geht auf dem Kanal nämlich nicht. Doch was für ein Spaß, sich auf einem herkömmlichen Rad mit einem der Segelboote zu messen! Wer sein eigenes Bike nicht mitgebracht hat, kann zum Beispiel eines der NOK-Räder ausleihen – und ein Projekt Rendsburger Arbeitsloser unterstützen.

Morgens früh am Kanal

Auch fallen die vielen Angler ins Auge, die sich an den Ufern samt Profiausrüstung aufgebaut haben. Karpfen und Zander soll es im Wasser geben. Allerdings habe die Zahl stark abgenommen, so weiß es die Chefin der „Alten Scheune“, Birgit Stotz.

Wer einfach zum Kiel-Canal kommt, um mal nach großen Pötten zu schauen, sitzt mit Klappstuhl und Fernglas hier goldrichtig. Gerade im Sommer kommen die Kreuzfahrtschiffe regelmäßig, dafür gibt es sogar einen Plan mit den Zeiten für Kiel, Rendsburg und Brunsbüttel.

Am Ufer des Kiel-Canal
Die Ruhe

Manchmal ist es auch ganz ruhig am Kanal. Vielleicht morgens früh, wenn gerade kein Schiff in Sicht ist und das gleichmäßige Surren und Tuckern von Dieselmotoren wegfällt. Dann plätschern die Wellen gegen die Böschung, raschelt der Wind durchs Uferschilf, sind die Vogelrufe zu hören. Nicht nur von Nilgänsen.

Text und Fotos: Elke Weiler

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