Weil Schnee alles ändert

Als Sommerkind tust du dich im Winter schwer. Es sei denn, es schneit. Bei Schnee ändert sich alles, das Land wirkt exotisch, verwunschen, und selbst der kahlste Baum edel und schön. Du könntest die Seiten wechseln, einfach überlaufen. Plötzlich ein Winterkind werden.

Während du dich im Sommer gerne mit kindlicher Freude die Dünen hinabrollen lässt, findest du im Winter gefallen daran, dich in den Schnee zu werfen. Und die Puderflocken, die sich nicht zusammen klopfen lassen, so hoch wie möglich in die Luft zu werfen, ein bisschen Frau Holle spielen.

Das Knarzen der Schritte im frischen Schnee. Diese Ruhe. Windstille in Nordfriesland, ein Wunder. Du nimmst plötzlich Geräusche wahr, die kilometerweit entfernt sind. Oder ganz leise aus deiner Nähe. Wenn bei all dem Gebrüll und Geschrei, das zur Zeit durchs Land dröhnt, plötzlich der Schnee da ist, alles in Watte packt, verstummen lässt.

Wenn du nicht ein Buch, nicht hunderttausend Twitterzeichen, nicht die letzten Facebookkommentare liest. Sondern den Spuren im Schnee folgst. Wenn du siehst, wie der Hase, der seit einiger Zeit gleich nebenan wohnt, kreuz und quer übers Eis gehoppelt ist. Über zugefrorene Gräben führen seine Abdrücke. Und du hoffst, dass die Hunde es ihm nicht nachtun, während du selber gerne über die Gräben laufen würdest. Mit Schlittschuhen.

Wenn du den Deich hinaufziehst und bemerkst, da war vor dir schon jemand unterwegs, etwa Schuhgröße 40, dazu ein Hund von kleinerer Statur. Sonst ist der Schnee so rein und weiß, dass Winterhund Julchen nicht genug davon fressen kann. Die Eisknubbel im Fell rund um die Pfoten spürt sie nicht, während Sofahund Janni sich ziemlich dran stört.

Jetzt wartest du nur noch darauf, dass der Meeressaum in seiner Bewegung, jenem Hin und Her, erstarrt und sich bizarre Formen bilden, wo es sonst rauscht. Zum Schweigen gebracht, selbst das Meer.

Text und Fotos: Elke Weiler