Auf Englisch erklärt uns Skipper Niels Bach, wie die Schwimmwesten funktionieren. Anlegen müssen wir sie aber nicht, denn die See ist ruhig heute.
Lediglich Leichtmatrose „Fighter“ trägt seine Weste die ganze Zeit, und das ist bestimmt besser so. Der quirlige Terrier rennt nämlich gerne umher, lehnt sich zur Reling hinaus und schaut übers Meer. Fast sehnsüchtig.
Wir fahren mit dem Nostalgiekutter M/S Tunø vom Hafen in Ballen die Küste Samsøs entlang. Die Offshore-Windkraftanlage vor der Südspitze der Kattegatinsel ist unser Ziel.
Etwa vier Kilometer sind es bis dort, und die schweren grauen Wolken am Himmel verheißen nichts Gutes. Doch wir sind gewappnet gegen die Unpässlichkeiten des dänischen Sommers, und außerdem schützt ein Dach die Passagiere der Tunø vor Regen.
Benannt ist der Holzkutter nach einer autofreien Insel in der Nachbarschaft, zu der er ebenfalls Ausflüge anbietet. Vor dem modernen Fährverkehr zwischen Jütland und den Inseln beförderte die Tunø Touristen, Einheimische und Gemüse im Kattegat.
Niels Bach liebt das gleichmäßige Brummen des alten Callesen Dieselmotors und die schicke Teakholzausstattung. Das Boot aus den 60er Jahren hat seinen Charme, zumal auch die Einrichtung, etwa der alte Kocher, ebenso spartanisch wie nostalgisch wirken.
Wir haben Glück mit dem Regen, die meiste Zeit bleibt es trocken. Und obschon wir ja eigentlich nicht auf Tierschau hinausfahren, wird uns ein hübsches Spektakel gratis geboten: Drei Schweinswale drehen nicht weit von uns ihre delfinähnlichen Bögen durch die Luft.
Zu unserer großen Freude erfahren wir, dass man sie auf Dänisch „Meerschweine“ nennt, was niedlicher klingt als Schweinswale und der Delfinverwandtschaft durchaus gerecht wird. Herkömmliche Meerschweinchen heißen allerdings auch „marsvin“.
„Fighter“ kümmert sich nicht um die tierische Attraktion auf See, dafür kennt er jeden Winkel des Kutters. Als echter Bootshund liebt er das Meer, auch wenn der Fünfjährige schon ein paar Mal hineingefallen ist.
„Er ist manchmal so vorschnell beim Ein- und Aussteigen, und schwupp – ist es passiert“, erzählt Papa Skipper. Aber das kann einen Jungmatrosen nicht erschüttern!
Allmählich lassen wir die Insel hinter uns und spüren die Bewegung vor dem ersten Windrad. Je näher wir kommen, desto stärker wird das Gefühl, wie eine Nussschale vom Wasser auf und ab getragen zu werden.
Die Windausbeute hier draußen ist effektiver, darum betreiben die schlauen Samsinger auch gleich zehn Turbinen vor der Küste. Zusammen mit den Windrädern auf der Insel ist man nicht nur autark in Sachen Stromversorgung, es wird sogar aufs Festland exportiert.
Die Kattegatinsel ist damit Vorbild für die Fans alternativer Energien nah und fern, die sich auch in der Samsø Energiakademi in Ballen informieren können. Wir drehen wieder ab, Richtung Hafen und steuern in die ruhigeren Küstengewässer.
Zwar lassen sich die fliegenden Meerschweinchen nicht mehr blicken, doch eventuell die Sonne: Etwas leichter wirkt die Wolkendecke schon. Und aus unserer Sicht darf Samsø seinem Ruf gerne gerecht werden. Von wegen Sonneninsel.
Text und Fotos: Elke Weiler
Diese Reise wurde von der Reederei Færgen und dem Samsø Erhvervs- og Turistcenter ermöglicht.
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