Filzpantoffeln. Ich war ja mal Profi für solche Dinge. Großes Kompliment in diesem Zusammenhang an die Wollknäuel: Sie waren ohne Zweifel top Köddel- und Wollproduzenten. Aber was tat der kleine Pupser mit so wertvollen Dingen? Das war vielleicht eine lasche Bearbeitung!
Eigentlich hatte ich die Veredelung von Lutscherschuhwerk längst aufgegeben, aber wenn ich stümperhafte Arbeit sah, kriegte ich die Motten. Das machte doch jede Filzlaus besser!
Janni hatte sich einen von Madames Pantoffeln aus dem schönen Schleswig (ich berichtete) geschnappt und kaute unprofessionell darauf herum. Da ich mein Mündel in sämtliche Geheimnisse des Lebens einweihen wollte, ließ ich mir das Corpus Delicti überreichen.
Innerhalb kürzester Zeit könnte ein Schluppen sowohl durchnässt als auch präzise gelocht sein! Doch leider versaute Madame mir die Show. So kamen wir mit der dringend notwendigen Erziehung des kleinen Saubratens natürlich nicht voran. Hatte ich nun die Lizenz zur pädagogischen Mitbestimmung oder nicht?
Da ich an den Wochenenden neuerdings mit Männerhüten beschäftigt war, hatte ich mal wieder alle Pfoten voll zu tun. Insgesamt konnte ich zwar mit Jannis Weiterentwicklung zufrieden sein, Monsieur hingegen war weniger leicht zu handeln. Auf meinem Grundstück hackte er Holz oder sägte Äste. Ging es vielleicht auch leiser?
Der kleine Pupser beherrschte bereits erste, grundlegende Schritte des Vorderpfoten-Tapses und war auch sonst für jeden Schiet zu haben. Mit südländischer Leidenschaft bellte er Schafe, Kühe, Pferde und Fahrradfahrer an, dass es eine helle Freude war. Postboten durften uns nicht verlassen, bevor Janni nicht ordnungsgemäß gekrault war. Sonst gab’s einen lautstarken Anschiss.
Dass der passionierte Frühaufsteher aber schon morgens um Sieben mitten auf der Straße mit mir Tango tanzen wollte, fand ich unangemessen. Auch mit der Sauberkeit haperte es gewaltig. Männer eben. In seinem Alter war ich schon längst clean gewesen. Nun musste Madame den kleinen Hosenscheißer ständig im Auge behalten.
Im übrigen gefielen ihm Sitzkissen und dekoratives Zeugs, das er wesentlich effektiver als Schuhe bearbeitete. Da Janni im Herbst nicht mehr so gerne im Garten werkelte, verlegte er seine Aktivitäten nach drinnen. Er galt eben als Warmduscher und Rockzipfelhänger, ich hingegen pflegte meinen Ruf als kerniger Outdoorfreak.
Gemeinsam entdeckten wir Vollerwiek an der Südküste unserer schönen Halbinsel. Janni fiel über die Hinterlassenschaften der Wollknäuel her, als hätte er nie etwas Besseres zwischen die teilweise noch vorhandenen Haifischzähne gekriegt.
Auch ich probierte ein bisschen, doch lieber noch flitzte ich mit wehendem Haar über den Deich. Und was Agility-Emil an unserem Everschop immer machte, konnte ich längst auch: Mit sicherer Pfote schwierige Hindernisse überwinden.
Das weite Watt war zu verlockend, ich hatte es ganz für mich allein. Nachdem ich also in Nullkommanix und elegant wie eine Bergziege die Steinböschung hinabgeklettert war, ging es in vollem Galopp quer durch den Schlick.
Ich drehte eine hübsche Acht, und meine Pfoten hätten noch länger Zeichen in den Sand malen können. Doch ich merkte, dass der Meeresboden mich tief hineinzog. Mit einem Mal kam die Erinnerung an mein allererstes Schlickerlebnis wieder hoch: letztes Jahr in Schobüll.
Meine Heldin Madame musste mich damals aus einer recht ausweglosen Situation retten. (Ich berichtete.) Dabei wollte ich dasselbe für sie und unsere Pfingstlutscher tun, die schon ganz tief im Schlick eingesunken waren.
Doch als Welpe überschätzt man sein Potential schon mal, das sah ich häufiger auch beim kleinen Pupser. Wenn er zum Beispiel dachte, er könnte sich mein Frühstück unter den Nagel reißen…
Ich ließ es einfach eine Weile in meinem wunderbaren neuen Glückspilz-Napf, damit Jannino es sich aus einem gewissen Abstand ansehen und den verführerischen Duft wahrnehmen konnte. Diese morgendliche Machtdemonstration gehörte zu meinem erweiterten Erziehungsprogramm.
Als ich nun mit erstklassigen Schlickstrümpfen aus der Weite des Watts zurückkehrte, war der hauptberufliche Köddelvertilger natürlich neidisch. Madame weniger. Immerhin schien ich sie zu inspirieren, denn sie wollte Fotos von mir aus jeder erdenklichen Perspektive schießen.
Der kleine Pupser hatte mit der Wünschelrute eine versteckte Wasserquelle aufgetan, getarnt unter einer Lutscherbank. Also schlürften wir, was das Zeug hielt. Vollerwiek gefiel mir immer besser.
Ich musste mich einmal hier mit Emil am Hundestrand treffen. Denn mein Verlobter fiel beim Spielen wenigstens nicht so schnell um und quiekte.
Text: Julchen (nach Diktat in neue Verhandlungen mit Madame getreten. Berufliche Veränderungen standen an…)
Fotos: Elke Weiler