„Hello…“ Plötzlich verstummte ich. Dabei waren wir mit der Blechhöhle unterwegs, und es gab eindeutig Schafe auf der Fenne zu vermelden. Es lag am Sound. So soft! Die Blechhöhle schaukelte sachte im Wind, passend zu den Klängen aus dem Radio. Madame sagte, das wäre sogar zu slow für einen Slow, aber ich tanzte eh nur Tango mit Julchen, wenn überhaupt.
Es war ein Sound zum Träumen, also träumte ich von meiner Traumfrau. Und von Wurst. Es störte mich ein bisschen, dass meine Traumfrau mir die Wurst stibitzen wollte. Also schob ich Julchen aus meinem Traum. Meine Traumfrau merkte von alldem nichts, vermutlich weil sie von Schnee träumte. Bei jeder Gelegenheit erwähnte sie Schnee, ob es nun passte oder nicht.
Julchen wollte möglichst bald wieder als Schneehase über Deiche und Strände hoppeln. Aber beim letzten Mal, als wir fünf Tage lang Nordfriesland in Weiß erleben durften, hatte Juli Massen an Schnee weggefressen. Was sie nicht fraß, wälzte sie mit ihrem süßen Rücken platt. Wie sollte das Wunderweiß da liegen bleiben?
Nun hatten wir den Salat, respektive Regen und oft Sturm. Monsieur sagte, das Wetter bliebe erst mal so. Ich zuckte nur mit den Ohren, schließlich gab es ausreichend gemütliche Sofas, einen Ofen, genug zu fressen und für Knuddeleinheiten zur Verfügung stehende Lutscher. Das Leben war easy, so lange der Postbote nicht kam.
Madame et Monsieur sahen es nicht gerne, wenn sich Julchen auch bei Schietwetter draußen aufhielt. Ich spürte das. Doch meine Holde blieb ihrem Ruf als Outdoorhund treu, egal welches Wetter. „Himmelschafundmeer!“, fluchte sie nur, wenn es regnete. Doch das hielt die Blechhöhlen nicht davon ab vorbei zu rauschen, und Julchen hatte wie immer alle Pfoten voll zu tun.
Als es etwas wärmer wurde und das erste Grün aus dem Boden spross, leistete ich Julchen Gesellschaft, zumindest an trockenen Tagen. Ich stand ihr ritterhaft zur Seite, denn ungewöhnliche Bewegungen auf den Fennen mussten sofort vermeldet werden. Hasen! Rehe! Schatten!
Manchmal unterhielten wir uns auch einfach mit dem Nachbarshund, spielend leicht überbrückten wir Entfernungen von mehreren Hundert Metern. Akustische Reichweite nannte man das. In ländlichen Gegenden mehr als hilfreich. Da ich im Nebenjob Wachhund war – irgendwie musste man sich ja seine Wurst verdienen – machte ich auch gegenüber suspekten Erscheinungen von meiner akustischen Reichweite Gebrauch. Spazierlutscher und Schafe auf der Fahrbahn. Düsenflieger über uns, denn auch der Luftraum musste verteidigt werden.
Madame meinte, sie fiele rein akustisch aus der Koje, wenn Julchen aus dem Halbschlaf in Nullkommanix auf 180 war, weil eine Höllenmaschine am frühen Morgen vorbei düste. Aber heilige Ackergülle, schließlich kannte sie Julischkas Animositäten doch! Bislang konnten weder Madame, Monsieur noch die vielbeschworene Psychoanalytikerin Mademoiselle Julie helfen. Letztere sagte eh nur: Buddeln hilft.
Buddeln, das Allheilrezept. Dabei machte Buddeln am Strand einfach nur Spaß. Zusammen mit der Traumfrau, wenn unsere Pfoten durcheinander wirbelten. Unsere Köpfe nebeneinander im Buddelloch eintauchten. Wenn wir uns nach dem Auftauchen ineinander verhakten, mit Pfoten und Mäulern. Diese innigen Momente des Beißibeißis waren einfach die Krönung jedes Strandgassis.
Auch wenn Julchen und ich nicht verlobt waren, hatte ich genau in diesem Moment das Gefühl ziemlich verlobt zu sein. Im Job hingegen lief es nicht gerade rund. Stagnation an allen Ecken und Enden. Es lag an diesem Buch. Seitdem Madame et Monsieur jeden Abend ihre Köpfe reinsteckten, lief alles aus dem Ruder. Sie faselten etwas von vegan und entwickelten schlechte neue Angewohnheiten.
Dazu gehörte auch, dass sie fast alles selber aßen. Das behinderte meine Entwicklung als Foodblogger enorm! Natürlich versuchte ich nach wie vor, als Sous-Chef dem aktuellen Chef unter die Arme zu greifen, respektive zu schnuppern. Doch vom Essen bekam unsereins nur Krümel. Brosamen für den armen Hund, der mit großen, bittenden Augen neben den Schlemmenden hockte. Hunger bis unter die Ohren.
Klar, Julchen und ich hatten vorher Dinner gehabt. Organic Chicken und Banane. Und klar, ich stand absolut nicht auf vegan. Es gab kaum etwas Schlimmeres. Aber probieren musste ich! Gleichzeitig versuchte ich Madame et Monsieur klarzumachen, dass es keinen Sinn machte, vegan zu kochen und sich später auf die eingelegten Sardellen der griechischen Grandmadame zu stürzen.
Letztendlich kam ich nicht umhin, ein felsenfestes Manifest zu erarbeiten: Das Recht auf berufliche Entwicklung – Forderungen eines Foodbloggers. Punkt 1: Kein Tag ohne Wurst. Punkt 2: Kein Tag ohne Lutscherfood. Punkt 3: Bücher ins Regal! Punkt 4: Foodproben bei jedem Arbeitsschritt von Lutscherkochversuchen. Punkt 5: Stammplatz am Esstisch zwischen Madame et Monsieur. Punkt 6: Abwechslungsreiche Küche. Punkt 7: Gleicher Anteil an allem. Punkt 8: Leicht erhöhter Anteil an allem. Punkt 9: Großanteil an allem. Punkt 10: Alles für mich!
Julchen räumte mir bei der Durchsetzung einiger Punkte wenig Erfolgsaussichten ein. Also bat ich sie zum Ausgleich um die Verlobung. So zum Frühjahr, das würde mir passen. Meine Traumfrau zog den linken Maulwinkel zum typischen Julchen-Lächeln hoch und entgegnete: „Vielleicht nächstes Mal in St. Buddel!“
Text: Janni (nach Diktat auf die Couch gehüpft und geträumt. Von Wurst. Ohne Traumfrau.)
Fotos: Elke Weiler
Janni, mein Knuddel-Foodblogger, bleib dran – und denke positiv: Julchen ist Traumfrau forever. Wenn Du ehrlich bist: an Julischka kommt keine andere ran…
Vielleicht liegt’s am Wetter?
Ich verstehe auch nicht, wieso er auf diese Verlobung besteht. Ist doch alles in Butter! ;-)
Danke, liebe Tante Sabine, tröstende, ermutigende Worte kann man immer gebrauchen! Aber ich würde mich halt auch gerne verloben. Das habe ich schließlich noch nie getan! Liebe Grüße nach Berlin! (ans gesamte Rudel) ;-)
Also jetzt mal ehrlich, liebe Leute: Verlobung und der ganze Kram, das ist doch piepschnurzegal und wurscht, oder? Hauptsache, man hat sich lieb!!! :-*
genau, is Wurscht – wuff!!
Wurscht was my first love, … lalalala… :-)
Gerade auf deinen Blog gestoßen. Wirklich sehr schön.
Alles Liebe
Jules
Danke, Jules! Freut mich sehr! ;-)
Hallo Jannis und Julchen, heute ist Valentinstag – kollektiver Liebhabtag – hoffe, für Euch mit Würstchen.
Manchmal leben die Menschen etwas vor, das nützlich sein kann. Habe gestern in meiner Lieblingssendung – ich bin ein inforadio-Ohrwurm – folgenden Beitrag zum Beziehungstanz der Geschlechter gehört: So können starke (Hunde-)Männer starke (Hunde-)Frauen lieben“.
Vielleicht hat Julchen wie Maja Storch „Sehnsucht der starken Frau nach dem starken Mann“ – soll es auch unter emanzipierten Hundedamen geben. Und Jannis kommt drauf, den „Rambo“ in sich zu suchen und beeindruckt Julchen mit seinem bewusst ermunterten Schatten als eine Art Macho-Rüde…
Ein vielleicht nützliches Hörstück mit Dialekt und Witz – Verlobung nicht ausgeschlossen.
Herzliche Rudel-Grüße aus Berlin
Jetzt bin ich als einfacher Rüde doch etwas verwirrt, sorry, Tante Sabine! Aber natürlich haben wir jeden Tag Valentinstag, versteht sich von selbst! :-)
„Ich gewöhnte mir beizeiten ab, nach der Traumfrau zu suchen. Ich wollte nur eine die kein Albtraum war.“ Charles Bukowski
Schöne Grüsse aus der Freidenker Galerie