100 Prozent Nordsee

Hausfriedensbruch! Ui! Ui! Ui! Die Alarmanlage meiner Produzenten bimmelte auf höchster Stufe.

Madame nahm die Beine in die Hand und rettete die Rennplüsche vor dem aufdringlichen Kater. Angeblich hatte das Löffelgesicht nur nette Gesellschaft gesucht und sich seelenruhig auf dem Luxusmobiliar der Meerschweinchen niedergelassen.

Natürlich ohne Einladung! In diesem Punkt waren die Kurzbeiner höchst empfindlich. Vor allem, seitdem sie ihre funkelnagelneuen Maisonetten auf Stelzen bezogen hatten – ähnlich der schicken Strandhäuser in Sankt Buddel.

Normalerweise galt ich polizeimäßig als Ansprechpartnerin in akuten Fällen. Doch dieses Mal spielte Madame Feuerwehr und Exekutive in einem. Allerdings sollte man jegliche Hoffnung im Hinblick auf die Lernfähigkeit von Katertieren sofort begraben.

Ich hatte bereits einschlägige Erfahrung mit meinem Mündel gemacht. Es blieb nur eins: Meine hochgeschätzten Produzenten täten gut daran, ihre vorsintflutliche Alarmanlage aufzurüsten und technisch mit der zuständigen Polizeidienststelle verbinden zu lassen. Außerdem: So könnte ich die Süßen auch zwischendurch mal an die Produktion eines neuen Films erinnern!

Komm' und tanz mit mir, Emil!

Nach dem Attentat auf Rennplüsch Media brauchte ich dringend Zerstreuung. Und wilde Küsse! Umso besser, dass mein Verlobter bereits sehnsüchtig am Everschop auf mich wartete. Wir hatten uns jede Menge zu erzählen und klinkten uns erst mal aus.

Aber natürlich musste ich Emil auch meine neueste Errungenschaft zeigen, das liebe Ostergeschenk meiner Schwester Missy. Und logischerweise gefiel es dem kleinen Staubsauger. Aber ich war schneller!

Als das Frisbee einmal unbemannt in der Gegend lag, dachte Emil wohl, er könnte es sich unter den Nagel reißen. Aber er hatte nicht mit der Plüschpolizei gerechnet! Bei Frisbees hört die Liebe auf, ganz eindeutig. Emil brauchte nicht lange, um das zu kapieren.

Also legten wir uns zur Versöhnung an den Hafen. Und knutschten ein bisschen. Der Abend bescherte uns ein wunderbares Licht für wilde Wattjagden. Und romantisches Stöckchenknabbern – cheek to cheek.

Let's rock it, Baby!

Doch schon am nächsten Tag zog die Occupybewegung zurück an den Everschop. Wollknäuel mit eingebautem Frühwarnsystem. Immerhin zeigte man sich großzügig: Ich durfte ich mich an ihrer Minibar laben. Und dann erwartete mich noch eine Delikatesse zum freiwilligen „Platz“-Machen: Lammköddel! Noch besser als das Orginal von der Frau Mama.

Doch von Luft, Liebe und kleinen Schweinereien allein konnte niemand leben. Es war Zeit für einen Citytrip. Husum, meine alte Heimat. Voller Lutscher, wilder Gerüche und appetitlicher Dinge auf dem Boden. Ich fühlte mich wie Lady Gaga beim Shoppen.

Doch das Watt war stärker. Am Dockkoog blubberte und knatschte es herrlich unter den Pfoten. Ebbe! Also warf ich das Frisbee in den Schlick und mich gleich hinterher.

Selbst die nette Lutscherin in Madames Lieblingsshop erfreute sich später noch an meiner urigen Erscheinung mit Regionalbezug. Ich war halt ein Naturhund. 100 Prozent Nordsee.

Monsieur hingegen hatte die Schlickspuren schon wieder beseitigt. Echte Kumpels folgen einem überall hin. Doch man sollte sich nichts vormachen. Ich hatte die Flugscheibe, ehemals Waschlappenfarbe, im Schlick liegen gelassen und Madames diesbezügliche Ansprache wohl gründlich missverstanden.

Zu Zweit allein: Julchen und Emil am Everschop

Das zwang Monsieur, seine Schuhe und Strümpfe zu verlieren und mit hochgekrempelter Hose eine Wellnesspackung zu nehmen. Knackige Schlammhaxen! Er hätte etwas relaxter dabei aussehen können, schließlich reisten die Ferienlutscher in Scharen wegen der energetisierenden Wattwanderungen an.

Bei der anschließenden Stranddusche schrie Monsieur sogar auf. Na bitte! Da spürte er endlich am eigenen Körper, wie unangenehm frisches, sauberes Wasser sein konnte, das gezielt auf die Pfoten gerichtet war.

Dabei konnten Madame et Monsieur zur Zeit nur eingeschränkt den hauseigenen Waschraum benutzen, wo reizende Werkellutscher herumhantierten. So eine kleine Stranddusche schadete Monsieur also keineswegs.

Und zu guter Letzt noch ein Knaller für meine aktuelle Berichterstattung: Wir erwarteten Nachwuchs! Auf unserem Grundstück hatte sich Federvieh niedergelassen, ein riesiges Nest gebaut, das prallvoll mit leckeren Eiern war. Natürlich verbot man mir unter Androhung schlimmster Konsequenzen (Emil-Pause!) es anzurühren, auch nur zu beschnuppern.

Dabei hatte ich die angeblich mit süßen Küken bestückten Raumkapseln doch zuerst entdeckt!

Text: Julchen (nach Diktat einen Antrag auf rückhaltlose Aufklärung gestellt: Wie kommen Vogelkinder in Kalkschalen? Hatte es mit Ostern zu tun? Hatten die Hasen ihre Pfoten im Spiel?)

Fotos: Elke Weiler

4 thoughts on “100 Prozent Nordsee

  1. Liebes Julchen,

    Ich muss hier etwas klarstellen

    1) Bei einstelligen Außentemperaturen machen Ferienlutscher keine Wattwanderung barfuß. Nur hartgesottene Nordlichter wie wir. Davon nur einzelne, ausgewählte, felllose Exemplare wie ich.
    2) Dezente Aufwärmbewegungen wurden hier fälschlicherweise als „Schreie“ beschrieben. Ich bitte um sofortige Richtigstellung, sonst storniere ich die Bestellung der Leckerlis.

    Definitely not amused

    Dein Monsieur!

    1. Na du,

      als Berichterstatterin mit journalistischem Anspruch bin ich der Wahrheit verpflichtet und kann mich leider nicht um die Befindlichkeiten meiner Sponsoren kümmern!

      Solche Drohungen kann ich auch unverzüglich dem Presserat anzeigen, jawoll!

      „Felllos wie ich“???? Ich denke, es ist besser, wenn ich nicht näher darauf eingehe… :-)

      Dein Leberwurst-Julchen (beleidigt)

      P.S.: Schieb‘ rüber, die Leckerlis!!!

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