Mit Jetlag in Amsterdam
Wie in Trance wandele ich über Laufbänder. Eingehüllt in einen Kokon, watteweich, mit Namen Jetlag. Abgekapselt vom Hier und Jetzt, von der Amsterdamer Realität, den laufenden Massen, dem Sprachengewirr, den Ansagen und Warnungen: „Mind your step!“ Musikalisch umflort von Litfibas „Fata Morgana“ in Endlosschleife.
Der Wald ohne Schatten. Die Musik Quitos. Die Farben Otavalos. Alles ist jetzt einen Ozean weit weg und doch gibt es Stoff für den Kokon, der mich umgibt. Ich will nur hinaus, an die frische Luft, nach über 14 Stunden im Flieger. Mit dem Zug fahre ich von Schiphol nach Amsterdam Centraal, nehme das erstbeste Café am Kanal, setze mich zu einem englischen Pärchen, das ständig von „Coffeeshops“ spricht, und vermisse die Freundlichkeit der Ecuadorianer.
Smalltalk und zweckbefreite erste Fragen wie „Hast du Kinder?“, „Bist du verheiratet?“, „Welche Sprachen sprichst du?“ und „Wie alt bist du?“ Ich will die Engländer all das fragen. Nein, eigentlich nicht. Schon bei zielgerichteten Fragen wie „Muss man an der Theke ordern?“ wirken sie überfordert und knapp.
Der Italienerin, der ich die Tür aufhalte, sage ich laut „Prego“, denn sie merkt gar nichts. Alles rauscht. Willkommen zurück in Europa! Die Novembersonne scheint auf den Kanal, eifrig fahren die Boote hin und her. Amsterdam ist schön und frequentiert wie immer. Ich bestelle „Appeltaart met slagroom“ und Koffie, ziehe mir den Poncho etwas enger um die Schultern.
In meiner Tasche zwei Hüte: der eine in der Art, wie ihn die Indígenas in Otavalo tragen, der andere ein original Panama-, also ein von der ecuadorianischen Küste stammenden Hut. Handmade aus Toquillastroh. Am letzten Tag in Quito habe ich ihn noch getragen, damit mir die Hitze nicht den Schädel verbrennt.
Wirklichkeit und Kopfkino
Amsterdam ist real, ist fühlbar, hörbar und doch so weit weg. Alles ist Ecuador, alles ist vorbei und noch da. Als hätte ich ein Stück davon mitgenommen, dafür ein Stück von mir dort dagelassen. Ich liebe Europa, doch ich vermisse das Lächeln in Amsterdam. Das spontane Winken der Menschen, als wir stundenlang mit dem Bus durch den Norden Ecuadors kurven.
Die kleinen Dörfer mit ihren Tante-Emma-Läden. Die freilaufenden Hunde, die auf dem Land immer jemandem gehören. Nur in der Stadt gibt es auch obdachlose Vierbeiner. Und sie laufen schlafwandlerisch zwischen den Autos über die Straßen. Autos, die sich gegenseitig verdrängen, weil es zu viele sind. Die Straßen zu eng. Keine Merengue-Klänge mehr am Flughafen, kein Meer an frischen Früchten.
Schlafwandlerisch wie die Hunde Ecuadors tappe ich durch Amsterdam. Jetlag gegen den Rückkehr-Blues. Amsterdam sieht gut aus wie eh und je, doch hat es dieses Mal keine Chance. Frankfurt ist noch schlimmer. Es fühlt sich schon im Flieger kühl an, es hüllt uns in Nebel, die Reisenden, die wir aus verschiedenen Gegenden kommen.
Am Gepäckband ein Mann mit schönen, indigenen Zügen. Wir schauen uns an und wissen: Wir haben die selbe Reise hinter uns.
Text und Fotos: Elke Weiler
Wieder zurück? Raus und Sonne genießen!
Bin noch im Zug, gerade in Düsseldorf. Werde das aber später berücksichtigen. :-)
Liebe Elke- Willkommen zu Hause!
Spätestens wenn deine Beiden Fellnasen dich bestürmen ist die „Freundlichkeit“ Europas vergessen.
Gegen Jetleg soll viel Wasser und Sonnenlicht helfen ;) und egal wie schwer es ist zur gewohnten Zeit in der Heimat in die Mulle gehen .
Liebe Grüße Gela
Danke, liebe Gela!!! Ich freu mich auch schon auf die Stinker zu Hause!
Willkommen zurück – im „richtigen“ Leben. Oder doch eher nicht?
Danke! Richtiges Leben ist überall. Und es war sehr lebhaft in Ecuador!!! ;-)
Toll geschrieben! Ich stelle ein paar Stunden vor Abflug meine Zeit um und simuliere die neue Zeit, das hilft mittlerweile richtig gut.
Du wirst nach Westen fliegen, oder? Das geht besser!
Hach, was für ein schöner Artikel! Ich sitze um 1.30 Uhr am Computer und bin auch noch ganz in Ecuador-Zeit und -Gedanken.
Liebe Grüße
Anja
Geht mir genau so! Ich sehe uns schon mitsamt Partnern als Lama-Züchter enden… :-)