Audienz der Milchschafe

Bio-Hof Volquardsen

Tetenbüll, das ist tiefstes Eiderstedt, ein Bilderbuchdorf mit schmalen Straßen, einem hübschen Kirchlein und ebensolchen Häuser. Gut 600 feste Einwohner stehen 170 Zweitwohnungsbesitzern gegenüber. Bäcker oder gar Markttreff? Fehlanzeige, dergleichen sucht man hier vergeblich. Dafür liegt der Ort an der Käse-Straße Schleswig-Holsteins.

Bio-Hof Volquardsen
Auf dem Bio-Hof

Der Grund ist die Friesische Schafskäserei unweit des Ortskerns. Als Redlef und Monika Volquardsen den Hof vor acht Jahren von seinen Eltern übernahmen, war eine Umstrukturierung fällig. Während seine Eltern noch ganz klassisch auf Rinder und Fleischschafe gesetzt hatten, wollten die Nachfolger lieber einen kleinbäuerlichen, aber lohnenswerten Betrieb und entschieden sich für die Käseproduktion.

„Eigentlich setzen wir damit eine alte Tradition der Gegend fort, denn meine Großmutter und Urgroßmutter stellten schon Käse her – wenn auch nur für den privaten Gebrauch“, erzählt Volquardsen. Nun also der Milchschafhof mit Hofkäserei und Direktvermarktung. Und die läuft bestens, seit man mit den Führungen begonnen hat. Schon beim ersten offiziellen Termin in diesem Jahr muss die Gruppe dreigeteilt werden, so viele Interessierte sind gekommen.

Der Chef übernimmt die Kindergruppe, den Rest teilen seine Frau und der Hofkäser Joachim unter sich auf. Draußen auf den Weiden tummeln sich gut 120 Schafe, darunter auch Lämmer, Tiere aller Altersklassen. So erfahren wir nach und nach alles Wissenswerte über das Ostfriesische Milchschaf und den auf dem Hof produzierten Käse.

Die Milchschaf ist zartgliedriger als seine Texel-Kollegen auf den Deichen, hat einen größeren Rahmen und einen unbewollten Kopf und Schwanz. Zum genaueren Kennenlernen geht‘s auf die Weide, wo der Herr Hofkäser nicht lange auf ein Vorzeigeschaf warten muss. Ein Schwarzes kommt ohne Scheu angetrabt und gibt höchst freiwillig das Model, Kraul- und Repräsentationstier.

„Bitte zur Audienz, die Herrschaften!“, scheint es den Gästen klarzumachen. Neben der Milchlieferung hat sich dieses Schaf scheinbar auf geführte Gruppen spezialisiert. Doch nach einer Weile kommt noch ein zweites, drittes, und dann wird die Lage langsam unübersichtlich. Man wird gezielt von einer leichten Ramsnase angestupst: „So ein paar Streicheleinheiten sind doch sicher drin, oder?“, worauf die Angesprochenen gerne eingehen.

Als wir uns wieder vom Acker machen, begleitet uns ein Schaf noch bis zum Gatter und blökt protestierend, als dieses vor seiner Nase geschlossen wird. Bleibt nach dem Besuch im leeren Melkstall noch die Verköstigung im Haupthaus: Weich- und Schnittkäse stehen zur Auswahl: frischer Friese mit Bärlauch – passend zur Saison – sowie Friesaki, der ein halbes Jahr in Salzlake gereift ist.

Dann der rote Friese, eine Art Münsterkäse und last but not least ein zwei Monate gelagerter Schnittkäse. Aber auch Salami ist im Angebot – hier ahnt man, was mit den älteren Tieren passiert. Angeblich etwas milder im Geschmack als bei Fleischschafen. Aber das Beste: alles Bio!

Text und Fotos: Elke Weiler

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