Über das wilde Campingleben
*In Kooperation mit dem Nordseecamping zum Seehund in Simonsberg*
Der Hase fiel mir gleich beim ersten Besuch auf. Wir saßen in einem der Strandkörbe auf dem Dorfplatz und redeten, während er zufrieden im Gras mümmelte. Hörte er uns zu? Vorm Deich pfiff der Wind, doch die Schafe hatten noch Locken. Auf die Deichkrone gehen die Leute gerne zum Sonnenuntergang, schauen aufs Deichsvorland und wohlgenährte Schafe. Die Husumer Bucht, Nordstrand. Im Grünen hinter dem Lundenbergweg breitet sich der Campingplatz in völliger Ruhe aus. Was mir, vor allem in lauten Zeiten wie diesen, als besonderer Luxus erscheint.
Der Hase, seine Familie und seine Freunde haben also recht. Trotzdem kommt es mir wie ein kleines Wunder vor, als sich unweit meiner Holzhütte auf besagtem Campingplatz ein paar Wochen später wieder ein Hase zeigt. Wie auf Bestellung. Gerade noch habe ich an mein erstes Hasenerlebnis gedacht. Ich sitze am Tisch auf einem der beiden Stühle, die zur Hütte gehören, der Hase höchstens zwei, drei Meter von mir entfernt. Bewegt sich etwas, gehen Leute zu ihrem Campervan oder Zelt, hält das Tier kurz inne. Dann rupft es wieder am Löwenzahn und wechselt die Position.

Der Hase ist hübsch, strotzt vor Gesundheit, das Fell glänzt seidig. Er kommt näher, wirkt entspannter als die Kaninchen, damals auf dem Camping in Südnorwegen, die Julchen so verrückt gemacht haben. Der Hase sitzt jetzt da wie ein Gemälde, ganz Dürer, und ich muss feststellen, dass das menschliche Gehirn seltsam funktioniert. Natürlich sitzt das Nagetier in typischer Hasenhaltung. Seinem Gesicht ist jede Gefühlsregung deutlich ablesbar. Anspannung, Entspannung. Die Abendsonne wirft ein mildes Licht auf die Hasenszene. Ich bin still und versuche, mich möglichst wenig zu bewegen. Was mir nicht schwerfällt. Ich habe schon einiges hinter mir und es ist angenehm, gar nichts zu tun. Einfach nur dem Hasen zuzusehen.
Radtour nach Husum
Auf dem Campingplatz kann man Räder ausleihen. Bei dem Wind hat ein Pedelec gut gepasst, mit dem ich zum Husumer Außenhafen geradelt bin und etwas gegessen habe. Eine wunderschöne Strecke vorm Deich bis zu den Sieltoren des Hafens. Eine freundliche Frau auf dem Deich, die mir beim Aufhalten des Tors geholfen hat. Sie gab mir noch Tipps für die Strecke mitsamt zugehörigem Ausblick. Ich schwang mich wieder aufs Rad. Überall präsente Schafe, dementsprechend benutzte Wege. Ein neugieriges Lamm, das auf mich zukam, als ich einen Foto-Stopp einlegte. Es scheint der Tag der freundlichen Tiere zu sein.


Es ist immer noch warm, trotz des Windes. Also nach der Rückkehr auf dem Camping noch flugs unter die Dusche. Ich habe noch einen Plan, und dieser heißt Naturbadeteich. Schwimmen am Abend. Auf den ersten Blick wirkt der Teich wie ein hübscheres Schwimmbad, doch jede Pflanze, jede Seerose am Rand des Schwimmbeckens tut ihren Dienst beim Reinigen des Wassers. Es kommt komplett ohne Chlor aus. Ich lasse mich hineingleiten, das Wasser fühlt sich – im Gegensatz zur Nordsee – unglaublich weich an. Die Familie, die eben noch da war, packt ihre Sachen, ich habe das ganze Schwimmbecken für mich allein. Schwalben ziehen über meinen Kopf hinweg, in der Luft ist einiges los. Wieder genieße ich die Ruhe und das Treiben der Natur in vollen Zügen.
Baden am Abend
Der Wind kühlt mich aus, als ich aus dem Becken steige. Schnell nochmal unter die Dusche, den Bademantel übergeworfen, da fällt es mir ein: die Sauna! Ich laufe zum Duschhaus, gehe in die erste Etage, hänge den Mantel auf und teste zunächst die Dampfsauna aus. Ich bin ganz allein. Die Wärme tut gut. Bei dem ganzen Platz um mich herum fühle ich mich inspiriert, ein paar tänzerische Dehnübungen zu machen. Ich beschließe, kurz in der finnischen Sauna vorbeizuschauen. Diese ist zwar schon besetzt, aber es ist locker Platz für mehrere Saunagänger. Bevor ich richtig müde werde, springe ich lieber unter die Dusche und mache mich auf den Weg zurück zur Hütte.


Es ist eine von vier kleinen Holzhütten, Küstenkojen genannt. Das Innere besteht nur aus einem bequemen, breiten Bett, einer Seitenablage und nützlichen Dingen wie Handtuch-, Brillen- und Zeitschriftenhaltern. Das Bett ist frisch bezogen, Handtücher liegen obendrauf. An den Fenstern hängen die karierte Vorhänge. Vor der Hütte sprießt Dünengras im Sand. Das Ganze wirkt wie ein Kokon mit dem Duft von Holz. Der Hase ist mein Nachbar, er wohnt fest auf dem Platz. Ich kann das verstehen. Kein Verkehr. Kein Lärm. Beste Luft. Wenn ein Auto oder Van über die Wege zieht, dann nur sehr langsam und selten. Die meisten gehen zu Fuß oder brechen mit den Rädern auf, um die Gegend zu erkunden.
Frühstück für Camper
Was dem Hasen gefällt, genieße auch ich. Irgendwann verschwindet er auf der Wiese gegenüber. Doch als ich am nächsten Morgen nach einer fantastisch ruhigen Nacht aufwache und mich wieder vor der Hütte niederlasse, erscheint ein neues Gesicht der Familie: Mini-Bunny. Er kommt und geht, verkriecht sich immer wieder flott unter der Hütte, wenn sich draußen was bewegt. Ich hole mir Croissant und Cappuccino an der Rezeption. Über der Kaffeemaschine steht, wo die Bohnen und die Milch herkommen. Kathrin, die mit ihrem Mann zusammen den Platz managt, legt Wert auf die gute Qualität des Angebots, sie setzt auf Regionalität, fair gehandelte Waren, Bio. Ein richtig feiner, kleiner Shop, in dem auch das Trollebüller Eis nicht fehlt.



Der ganze Platz ist so. Besonders. Es fängt mit dem Ort mitten im Grünen an. Irgendwo im Nirgendwo, auch wenn man von der Deichkrome die markanten Punkte Husums erkennen kann. Auf dem Platz ist die Welt eine andere. Zurückgezogen und gleichzeitig von freundlicher Offenheit. Man grüßt sich. Manchmal redet man miteinander. Es wird schnell klar, wer reden will und wer lieber für sich ist. Ich sitze wieder vor der Hütte, den Blick auf Mini-Bunny gerichtet. Draußen frühstücken, das ist praller Sommer. Rundherum Urlaubsatmosphäre. Ich drehe noch eine Runde über den Platz. Nichts los im Hundeauslauf, vermutlich sind alle beim Frühgassi. Die ersten Kinder hüpfen auf dem Spielplatz herum. Das Zelt ist offen, ein Elternpaar sieht sich um. Ich werfe einen Blick in die gut ausgestattete, skandinavisch wirkende Camperküche. Entweder hier oder im Zelt werde ich aus dem fünften Julchen-Krimi lesen. Am 24. Juli, abends. Und ich freue mich schon, an den Ort der Hasen zurückzukehren.


Text und Fotos: Elke Weiler