Als ich den Schattenplatz sah, legte ich mich gemütlich ab. Sollten die Anderen doch weiter sprinten! Das war kein Wetter für den gemeinen Beardie. Monsieur blieb neben mir stehen, vermutlich ging es ihm genauso. Doch dann lachte er, und Madame auch. Klar lebten wir nicht im Süden, doch es war Sommer, und meine Bio-Uhr erzählte was von Siesta-Zeit.
An diesem Tag schien alles ein bisschen aus dem Ruder zu laufen. Zunächst einmal gab es keinen Quark. Monsieur bot Julchen und mir zwar großzügig von seinem Snøfrisk an, doch norwegischer Frischkäse war kein Quark. Also stellte ich mich noch bei Madame an. Morgenritual blieb Morgenritual.
Entsetzt musste ich feststellen, dass auch Madame keinen Quark auf dem Brot hatte. Scheinbar war der Notstand ausgebrochen. Vermutlich lag Julchen deswegen heute auch etwas weiter entfernt vom Tisch. Seitdem Sommer war, und Madame et Monsieur draußen futterten, war Julchens Terrain hart umkämpft.
Sie hatte alle Rechte hier draußen, was mich vor taktische Schwierigkeiten stellte. Gab sie ihre Poleposition in Tischnähe auf, warnte sie mich mit einem kurzen, aber bestimmten Wuff. Was heißen sollte: „Ich bewege mich jetzt, aber du bleibst, wo du bist!“
Meine Holde war eben ein harter Brocken – außer am Abend. Dann flippte sie herum, all ihre Strenge verflüchtigte sich. Sie biss mich zart in sämtliche Haxen, um mich zum Spielen zu animieren. Doch ich war auf die Rindviecher fixiert, die sich in ungebührlicher Nähe befanden.
Der Graben leerte sich, da dieser Sommer nur wenig Wasser vom Himmel brachte. Wer oder was sollte die Kühe jetzt noch in Schach und auf der anderen Seite halten? Die Drecksarbeit blieb wie immer an Little Janni hängen! Da halfen auch keine Kekse.
Um mich von der Tatsache abzulenken, dass Julchen zu einem Mädelsgassi mit Madame aufgebrochen war, und die beiden sicherlich die wurstfixierte Wilma treffen würden, lud Monsieur mich zu einem echten Männergassi nach Tönning ein.
Was an sich eine super Idee war. Wir teilten uns zum krönenden Abschluss ein Spaghetti-Eis, doch innerlich war ich unruhig. Wie es meinem Julchen wohl ergehen würde? Ob sie schon zurück in der heimischen Hütte war? Ich drängte Monsieur zum Aufbruch, doch wir mussten mit Enttäuschung feststellen, dass die Mädels sich mal wieder verquatscht hatten.
Monsieur klingelte zur Sicherheit mal durch, erreichte aber niemanden. Frauen! Kein Verlass. Ewigkeiten später hörte ich das ratternde Geschnatter von Ente Emilia. Endlich! Ungeduldig erwartete ich Julchen am Holzzaun und checkte sie erst systematisch von hinten bis vorne, dann von oben bis unten durch. Jede Flughafenkontrolle ein Witz dagegen!
Meine Nase war besser als jeder Röntgenapparat oder Nacktscanner – das war mittlerweile bis weit über die Grenzen unserer schönen Halbinsel hinaus bekannt. Julchen roch ein bisschen nach Tetenbüll, wies aber sonst keine Auffälligkeiten vor.
„Cookie the Clooney“ nannte Madame mich neuerdings. Egal. Cookie meinetwegen, wenn es nicht nur ein leeres Wort war. Sie hatte ja diese Hammerkekse aus Düsseldorf mitgebracht, mit denen Grandmadame uns alle Nase lang verwöhnte.
Aber manchmal musste man sich seinen Cookie schwer verdienen. Näherte sich Herr Donner zum Beispiel. Julchen hatte es sich mit dem lauten Typen verscherzt. Oder besser: er mit ihr. Doch ich tat, was ein Mann tun musste: Ich stellte mich der Herausforderung. Dröhnte der Kerl zu dolle, lief ich wutentbrannt hinaus und drohte ihm Prügel an. Das half meistens.
Und es erlaubte uns, in aller Ruhe und mit Piepmatzgezwitscher den Madame-Tag zu feiern. Auch wenn ich die Wursttorte ein wenig vermisste. Immerhin gab es Quark. Denn ein guter Tag begann mit Quark. Und endete mit einem Gute-Nacht-Keks. Dazwischen natürlich diverse kulinarische Highlights.
Was mir unter Lutschern immer wieder auffiel, war die Selfie-Manie.
So geschah es, dass Madame an ihrem Ehrentag ein Familien-Selfie wünschte. Wir starteten diverse Anläufe, doch entweder waren nur dicke Nasen auf dem Bild, einer der Lutscher guckte schräg, oder Julchen hatte gerade etwas Besseres zu tun. Zum Beispiel eine Fenne zu erkunden, nach Spuren abzuschnüffeln oder wichtige Markierungen zu setzen.
Besonders süß war sie ja, wenn sie mit dem Ball im Maul durch die Gegend lief. Sie schnappte ihn sich gerne, nachdem eine Höllenmaschine vorbeigegurkt war. Einige von denen hupten schon, weil sie Julchens Aufmerksamkeit und ihre anfeuernden Rufe schätzten. Dann war meine Süße auf Touren und wollte Maulball spielen. Sie wirkte so entzückend wild dabei, ich musste sie dann immerzu angaffen.
Fast vergaß ich mitzuspielen. Und ich war in heller Vorfreude, denn der Familientrip nach Schweden stand demnächst an. Würden wir uns dort endlich verloben? Ihr müsst mir ganz doll sämtliche Daumen und Pfoten drücken!!
Text: Janni (Nach Diktat überlegt, ob er vielleicht mal einen Liebesbrief diktieren sollte.)
Fotos: Elke Weiler