Ein Zelt in Kopenhagen. Inmitten eines computerdesignten Wohnblocks unserer Tage richtet eine Mutter mit ihrer Tochter ein Drei-Mann-Zelt auf.
Dann erfüllen die gestapelten Grünflächen im Zentrum des Innenhofs also ihre Funktion. Ein Stück weiter strömen die bereits erwachten Bewohner des Blocks in ein schickes Café, untere Ebene, wo sie ihr Sonntagsbrunch reserviert haben. In diesem Teil von Ørestad herrscht das meiste Leben.
So, wie sie wächst, benötigt die dänische Hauptstadt dringend neuen Wohnraum. Also überließ man einen Teil des Naturschutzgebietes Kalvebod Fælled auf der Insel Amager den Städtebauern und Architekten. Eine herrliche Spielwiese, die volle Freiheit. Ein großer Teil der Gebäude gruppiert sich um die Metrolinie, die hier oberirdisch verläuft.
Ghetto für Gutbetuchte
Einer der auserwählten Architekten ist Bjarke Ingels, dessen Gruppe BIG sich mit gleich drei spektakulären Gebäuden in Ørestad hervortut. Wir stehen inmitten der hingelegten und hochgezogenen Acht, die gen Südwesten wieder nach unten gedrückt wurde, um sich Licht und Landschaft zu öffnen: Haus 8.
Auf den ersten Blick wirkt Ørestad wie ein Ghetto für Gutbetuchte, vor allem jener Bjarke-Ingels-Teil. So gehört das Café im Erdgeschoss des „Haus 8“ zu den schickeren, was sich auch kulinarisch auswirkt. Smørrebrød auf die raffinierte Art. Und trotzdem: Der Quadratmeter kostet hier knapp ein Drittel weniger als im historischen Kopenhagen.
Mekka für Architekturfans
Vor allem junge Familien sind in Sichtweite. An die Kinder hat der Architekt natürlich auch gedacht: Sie können nicht nur außerhalb, sondern auch auf den freien Flächen im, beziehungsweise auf dem Gebäude spielen.
Das war dem Ingels-Team wichtig: öffentliche Nutzungsmöglichkeiten ziehen sich durch die Acht; ein Jogger kann über diverse Levels durch sie laufen. Vor allem aber im Zentrum, in der Taille der Acht, liegt der sogenannte „Social Tower“ mit Gästeappartements, Grillterrasse und Gemeinschaftsräumen.
Ob der hohen Dichte zeitgenössischer Gebäude-Highlights pilgern denn auch bevorzugt Architekturinteressierte nach Ørestad. Der Kontrast zum dichten Gedränge am bunten Nyhavn könnte nicht größer sein. Wer ihn erleben möchte, dem empfehle ich eine Radtour nach Ørestad, selbst Untrainierte schaffen es in etwa einer halben Stunde von Vesterbrø aus.
Und zurück: Durchatmen im Naturschutzgebiet. Kopenhagen, in weiter Ferne, so nah.
Text und Foto: Elke Weiler
Danke an die Reederei Scandlines und die Danish Cyclists Federation für die Unterstützung dieser Reise.
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