Wie ist es, am Mittelmeer zu leben? Tief im Süden Europas? Claudia Schulte hat es nicht bereut, Deutschland gegen Italien eingetauscht zu haben. Und ihr Lieblingsplatz ist auch nach fast 20 Jahren immer noch in Apulien…
„Mein Lieblingsplatz am Meer? Daheim natürlich. Zu Hause am Meer, wohin ich trotz meiner Begeisterung für das Ionische Meer, Süditalien und Griechenland immer gerne zurückkehre. Ein Stück Apulien, das seit vielen Jahren meine Wahlheimat ist: Santa Cesarea Terme.
Zugegeben, bei uns riecht es oft nach faulen Eiern. Aber nicht immer ist die Schuld der italienischen Kanalisation anzukreiden. Verantwortlich für den charakteristischen Geruch ist das schwefelhaltige Wasser, das aus mehreren Meeresgrotten an die Oberfläche tritt. Den Schwefelquellen verdanken wir unsere Existenz.
Ohne sie gäbe es Santa Cesarea Terme nicht. Der Ort entstand gegen Ende des 19. Jahrhunderts am Reißbrett. Die heilsame Wirkung des Wassers sollte genutzt werden und die noch heute existierende Therme wurde gegründet.
Santa Cesarea Terme mit der Villa Sticchi © Claudia Schulte
In denselben Jahren waren reiche Italiener der Meinung, dass Santa Cesarea Terme der ideale Ort ist, um ihre Fantasien von Tausendundeiner Nacht zu verwirklichen. Es entstanden fantasievolle und verspielte Villen, die bis heute als noble Feriendomizile dienen. Sie verleihen dem Ort ein orientalisch anmutendes Antlitz. Viel fotografiert und auf fast jeder Postkarte zu finden, wurde Villa Sticchi mit der ziegelroten Kuppel zu unserem inoffiziellen Wahrzeichen.
Albanien ist nah
Santa Cesarea Terme liegt weder an der Adria noch am Ionischen Meer, sondern an der „Straße von Otranto“. Von hier sind es nur noch achtzig Kilometer bis zum albanischen Festland. Die Küste ist pittoresk und schön anzusehen. Die hohen und spitzen Felsen sind fotogen, aber gewöhnungsbedürftig und nicht immer einfach in der Handhabe.
Eine gewisse Anpassungsfähigkeit und vor allem der Verzicht auf hochhackige italienische Schuh- und unpraktische Bademode ist Voraussetzung. Nur die amerikanischen Soldaten wussten sich bereits während des Zweiten Weltkriegs zu helfen: Ihnen verdanken wir nicht nur die Befreiung vom Faschismus, sondern auch den ersten Pool – zwar klein, aber schön in die Felsen gehauen und mit dem muffig riechenden, schwefelhaltigen Meerwasser aus der nahen Grotte gefüllt. Ein Jungbrunnen für Haut und Knochen.
Porto Miggiano – der Stolz der Cesarini. © Claudia Schulte
Stolz sind wir auf unseren winzigen Strand in der Bucht von Porto Miggiano, der regelmäßig für touristische Werbezwecke abgelichtet wird. Man sollte allerdings gut zu Fuß sein, denn hundert Stufen müssen zurückgelegt werden, bevor man in das erfrischende Nass tauchen darf. Bei Ungeübten sorgt der steile Aufstieg im Sommer für akute Schweißausbrüche.
Aus einem mir nicht bekannten Grund gehen die Cesarini, wie sich die Einwohner von Santa Cesarea Terme nennen, hier nur selten schwimmen. Vielleicht wollen sie es in touristischer Hand lassen oder bevorzugen aus Tradition oder Masochismus die Felsen zum Baden, die so klanghafte Name tragen wie „Pedra deu caulu“, „montagna scucchiata“ oder „dalla vanna dellu sciroccu“.
Dornröschenschlaf
Im Monat August überrollt uns eine kleine Lawine von italienischen Touristen, auch wenn sie in den letzten Jahren – die Finanzkrise macht sich auch im Süden Apuliens bemerkbar – zwar nicht ausbleibt, aber zeitlich verkürzt ist. Länger als eine Woche bleiben nur noch wenige Gäste.
Blaue Stunde in Santa Cesarea Terme. © Claudia Schulte
Spätestens am 12. September, nach den Patronatsfest zu Ehren der Santa Cesarea Vergine, fallen wir bis zum nächsten Sommer wieder in unseren Dornröschenschlaf. Etwas mehr als hundert dauerhafte Einwohner bleiben übrig, zu der sich bis Dezember tagsüber eine muntere Schar Rentner gesellt, die in regelmäßigen Abständen von Bussen ausgespuckt wird, um in den Genuss der heilsamen Schwefelquellen und Fangobäder zu kommen.
Im Winter, bei guter Fernsicht und Wind aus Nord, tauchen am Horizont die verschneiten Berggipfel des nahen Albaniens auf. Zu der Gelegenheit werden die Stühle ins Sonnenlicht gerückt und die Aussicht genossen. Ab und an sagt jemand: „Si vede l’isola.“ – „Man sieht die Insel.“ Gemeint ist Othoni, in Apulien unter dem Namen Fanò bekannt, die westlichste aller griechischen Eilande und weniger als achtzig Kilometer von Santa Cesarea Terme entfernt.
Vielleicht liegt es an diesen großartigen Ausblicken bis nach Albanien und Griechenland, dass es mir an Reiseideen nie mangelt.“
Claudia Schulte
Abitur und Ausbildung in Deutschland, Studium in Italien, lebt seit fast zwei Jahrzehnten in Apulien und seit über zehn Jahren mit Mann und Hund im Küstenort Santa Cesarea Terme. In ihrem Reiseblog Pen and Sea berichtet sie aus Süditalien und Griechenland.
Ganz herzlichen Dank fürs Mitmachen!
Liebe Claudia,
Vielen Dank für die herrlichen Fotos von Santa Cesarea Terme,das ich selbst schon des öfteren mit unseren Feriengästen aus Deutschland durchfahren habe und da s ich ebenfalls als einer der schönsten Plätze Apuliens betrachte.
Wir haben ein Ferienhaus in Carovigno( meine Frau stammt von dort) und sind den ganzen Sommer auf unserem Grundstück mit Blick auf das 5 km entfernte Meer.Einige jahrhundertealte Olivenbäume befinden sich um unser Haus und wir schätzen unser eigenes Olivenöl,welches wir auch an Freunde abgeben..
Im übrigen schaue ich häufig die Webcam Eures Ortes an und genieße aus der Ferne Meer und Wetter.
Ich würde mich über eine kurze Rückmeldung freuen.
Tanti saluti Andreas
Hallo Andreas,
vielen Dank für Deine Antwort. Es freut mich natürlich zu lesen, dass Dir der südliche Teil von Apulien gefällt. Ich denke, die Küste zwischen Otranto und Santa Cesarea Terme gehört mit zu den schönsten Küstenstraßen im Salento. Immer wieder eine tolle und kurvige Fahrt mit beeindruckenden Ausblicken, so lange nicht der berühmte und feuchte Scirocco weht (wie in der vergangenen Woche). Wenn Du in unseren Gefilden bist und einen Halt in Santa Cesarea einlegst, melde Dich in meinem Blog gosoutheast.info.
Buona serata,
Claudia
PS: Torre Guaceto braucht sich allerdings auch nicht zu verstecken. Ich muss mal öfters in die Provinz Brindisi kommen :)!!
Liebe Claudia.
ich war echt überrascht so umgehend eine Antwort zu erhalten.Vielen Dank.Gerne melde ich mich, sollte ich mal in Eure Ecke kommen.Die von Dir beschriebene Küstenstrasse ist tatsächlich die schönste ,die ich kenne.Sag mal ,wo wohnst du denn genau. Ich würde mir das gern mal in street view anschauen.Wenn du dich für unser Haus in Carovigno interessierts bei google “ Villa Vista Mare Carovigno“ eingeben.
Heute war bei uns sehr trübes Wetter bei 15 Grad Celsius.Für morgen ist eine Menge Regen angesagt.
Freue mich wieder von dir zu hören.
Liebe Grüße Andreas
Euer Haus hat eine tolle Lage. Im Olivenhain und das Meer ist auch nicht weit entfernt. Nicht schlecht :)
Wir leben in Santa Cesarea Terme … nicht in einem der Ortsteile (ein wichtiger Unterschied für die Einheimischen ;-) ).
Restiamo in contatto! Claudia
Liebe Claudia,
Grazie per la tua risposta. Ja mit dem Grundstück hatten wir viel Glück.Jeder ist von der Lage begeistert.Wie weit wohnst du vom Meer??Hattet Ihr vor ein paar Tagen auch so viel Regen wie in Carovigno ? Dort regnete es an zwei Tagen 130 Liter auf den Quadratmeter,Leider kam der Regen für die Oliven zu spät. Aber trotzdem die Natur lechzte nach dem kostbaren Nass. Dir noch eine angenehme Woche und einen schönen Spätherbst.Eure Webcam scheint derzeit offline zu sein.
Tanti saluti
Andreas
Salento zu lieben
Das sind sehr schöne Bilder. Kurz gesagt ich bin begeistert. Dass die Albanien so nah ist hätte ich niemals gedacht!
Ersteinmal ein großes Kompliment für die tolle Beschreibung meiner ehemaligen Heimat!Nach Viel zu vielen Jahren bin ich Ende September in Torre Vado…sicher werde ich auch Santa Cesarea Terme besuchen.Ich habe eine Frage und vielleicht kannst du mir dazu ein paar Tipps geben…wir nehmen unere Pinscherhündin mit und haben Angst deswegen abgestraft zu werden z.b durch Strandverbote oder Restaurantverbote etc…wie ist deine Erfahrung mit Hunden dort im tiefsten Süden? Liebe Grüße aus Hamburg
Hallo Serena,
Ich lebe mit vier Hunden in allen Größen (von 3 bis 40 kg) im Salento. Mit kleinen oder mittelgroßen Hunden hat man in der Regel keine Probleme in Restaurants. Bei Zweifel einfach nachfragen, aber mir ist noch nie der Zutritt verweigert worden. Große Hunde sind allerdings oft lieber auf der Terrasse gesehen. Theoretisch besteht an Stränden Hundeverbot. Praktisch nimmt man seinen Vierbeiner natürlich mit ans Meer bzw. an die freie Strände, die nicht mit Liegestühlen und Sonnenschirmen bestückt sind :-). Ende September geht es an den Stränden im Salento bereits sehr ruhig zu. Ich würde mir nicht zu viele Gedanken machen und entspannt das schöne Apulien genießen.
Viel Spaß im Salento!
Lieben Gruß,
Claudia
Liebe Claudia, augenblicklich bin ich wieder in Carovigno und habe die gute Olivenernte abgeschlossen. Ich wuensche dir noch ein glückliches Neues Jahr 2016 lg Andreas
Ps. Hast Du derzeit ein Projekt am Laufen ?