Küstenglamour

Die Elche konnte ich nur riechen. Es gab solche, die nach Banane und Wald dufteten, und andere, die nach Milch rochen. Wie schon am Byglandsfjord musste ich mich mit einer langen Leine arrangieren, die meinen Aktionsradius einschränkte. So konnte ich nicht arbeiten!

Meine Vorgängerin hatte diverse Duftmarken hinterlassen, die ich zunächst ausgiebig checkte, um mir ein Bild von ihr zu machen. Über das Leben in einem südnorwegischen Wald und so. Wir waren in Elgtun bei den Elchen gelandet. Auf Madame wartend erfuhr ich, dass die hier ansässige Hündin wie ich auf Löffelträger abfuhr. Ich musste sofort an die Campingkaninchen denken.

Was hätte man sich am Byglandsfjord doch amüsieren können, wenn die Lutscher nicht immer solche Spaßbremsen wären! Stattdessen war ich der Lächerlichkeit preisgegeben, und die Karnickel konnten mir quasi auf der Nougatnase herumtanzen. Sie waren überall! Ihr Duft war so präsent, dass es mich verrückt machte. Wäre ich nicht so müde gewesen!

DAs gemeine Campingkaninchen
Das gemeine Campingkaninchen

Als Hütehund auf einem Roadtrip musstest du ständig aufpassen, was die Anderen so trieben, sprich Madame und Ente Emilia. Keine Entscheidung sollte ohne mich getroffen werden! Als wir in Elgtun wieder die Kurve kratzten, bellte ich melodisch zum schaukelnden Rhythmus Emilias, die sich gerne in die Kurven legte. Das stimmte mich musikalisch, ja, seltsam beschwingt.

Der neue Job

Roadtrips konnten dich an deine Grenzen führen. Andererseits konnten sie dich inspirieren, beflügeln und verborgene Teile von dir ans Licht kehren. Das sollte ich schon kurz darauf erfahren. In Lillesand. Ganz schnuckelige Stadt! Wirklich nur sehr wenige Höllenmaschinen unterwegs, dafür gutgelaunte Lutscher, die es an der Wasserkante schnackten und mampften, was das Zeug hielt.

Also schlug ich Madame folgendes Programm vor: Erst bummelten wir ein wenig, damit ich die Düfte checken und die Stadt lesen konnte. Dann ab ans Wasser. Pommes. Fisch. Ich liebte Pommes. Madame hatte nichts gegen meinen Plan einzuwenden. Ich zog sie erst mal in diese Boutique. Wir hatten dieselbe Leidenschaft für Boutiquen, wenn auch aus unterschiedlicher Motivation.

Stadtbummel
Stadtbummel

Sie mochte Klamotten, und ich die Leckereien der Boutiquebesitzerinnen. In dieser hier war eine gewisse Hundemarke präsent, aber leider kein einziges Leckerli. Trotzdem hatte ich alle Pfoten voll zu tun, musste ich doch Madame eine leere Kabine beschaffen und ihr bei der Auswahl helfen. Noch nie zuvor hatte ich es geschafft, die Kabine zu entern, wenn Madame sich abkapselte.

Auf Roadtrips war alles möglich. Und ich fühlte mich ausgezeichnet als Modeberaterin. Ich spürte, dass Madame mir vertraute. Die draußen wartenden Lutscherinnen schienen amüsiert bis irritiert. Aber die Boutiquetante hatte vollstes Verständnis. Und so einigten wir uns auf eine Robe, die mega aussah! Blütenzart. Madame würde wie eine Wolke darin schweben.

Fish & Chips

Oder aber… unsere Leichtigkeit rührte vom Kohldampf! Also ließen wir uns in einer netten Location direkt am Wasser nieder. Ich machte auf bravster Hund der Welt – bis die erste Höllenmaschine in Hörweite war. Nur mit Pommes konnte Madame mich besänftigen. Aber was war das? Was sagte der ältere, allein dinierende Norweger zu Madame?

Englisch sprach ich noch nicht, sonst hätte ich ihm schon die Meinung geflötet! Ich roch den Braten nämlich: Er war froh, dass ich abzog. Ja, Himmelschafundmeer! Wenn er Klärungsbedarf hatte, sollte er sich gefälligst direkt an meinen Anwalt wenden. Wir chillten ein bisschen auf dem nächsten Campingplatz direkt an der Küste, bevor es am nächsten Morgen Zeit für mein erstes Blind Date dieser Reise wurde.

Cesar, ein Bild von einem Hund! Madame interviewte den Koch von Hesnes Gartneri & Kjøkken in Grimstad. Da lag es nahe, dass ich etwas Ähnliches mit dem dazugehörigen Hund tat. Wir kamen nicht weit, denn der siebenjährige Cesar hatte nur Unsinn im Kopf. Ich durfte seine Bude inspizieren, doch das Beste war, als wir in einer kleinen Bucht ohne Leine spielen durften.

Der Schwimmkünstler

Himmelschafundmeer, konnte dieser Cesar kraulen! Also im Wasser, meine ich. Er musste Schwimmhäute wie die Elche unter den Pfoten haben. Wobei er absolut nicht nach Elch roch, eher wie ein normaler Rüde. Immerhin war er Norweger. Und er schien sich mächtig über den Damenbesuch zu freuen!

Bevor wir uns auf den Weg Richtung Arendal machten, ließen wir uns kulinarisch vom Chef beraten und packten noch etwas Lachs, Salat, selbstgebackenes Brot und Marmelade ein. Es erschien mir ungemein praktisch, neben einer großen Gärtnerei direkt ein Café einzurichten. Von der Hand ins Maul, sozusagen.

Angeblich sollte es auf dieser Leuchtturminsel kein Restaurant geben, daher tat ein wenig Proviant not. Dass wir auf dieser Insel nächtigen sollten, war schon der helle Wahnsinn. Aber ganz ehrlich: Ich hatte einen Riesenschiss vor der Bootstour! Wellen! Kein fester Boden unter den Pfoten! Einfach einem fremden Skipper und einem Boot aus so zweifelhaften Material wie Gummi vertrauen?

Hund im Boot
Einfach so vertrauen?

Ein falscher Biss, und die uns tragende Luft ging flöten! Fähren vertraute ich als Kind der Nordsee zutiefst. Als ich noch jung war, hatte ich extrem gute Erfahrungen auf einer Fähre nach Pellworm gemacht, einer wahren Tangofähre!

Aber das ist eine andere Geschichte, die kennt ihr vielleicht schon. Auf dem Weg durch Südnorwegen passierte das Unvorstellbare. Bevor wir Arendal überhaupt erreichten, schien Emilia uns einen Strich durch die Rechnung zu machen. Aber über diesen Schreck wird Madame euch brühwarm erzählen…

Text: Julchen (nach Diktat nach Jobs als Seehund gesucht. Ne, stimmt nicht!)

Fotos: Elke Weiler

Mit Dank an Visit Southern Norway, die diesen Teil unseres Roadtrips unterstützt haben.

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