Nordische Architektur

Manche Wunschlisten handeln von Destinationen, beruflichen Zielen oder gar von der Liebe. Meine, wenn ich denn eine hätte, würde einen Punkt gewiss enthalten: Ich wünsche mir mehr Architektur im Netz. Gute Architektur, verblüffende Architektur, grüne Architektur.

Gerade habe ich die Blogosphäre nach Artikeln über nordeuropäische Bauten durchforstet. Mag sein, dass ich nicht alles gefunden habe, man möge es mir nachsehen. Aber Material beziehungsweise Artikel über ein schönes Stück Scandi-Architektur herauszufischen, war zeitaufwendig bis schwierig.

Letzten Endes bin ich fündig geworden, teilweise auch in Beiträgen, die innerhalb einer guten Mischung auch ein Gebäude vorstellen. Bitte mehr davon! Ich weiß ja, dass diese Artikel recht beliebt sind. Was nicht nur mein Kunsthistorikerherz höher schlagen lässt, sondern mich selbst in Zukunft zu mehr Architekturstücken motivieren soll.

Beginnen wir mit…

Finnland

In Folge 4 „Unterwegs in Helsinki“ des relativ neuen Podcasts „Noniin“ suchen die beiden Nordbloggerinnen Sina und Christine mit der Felsenkirche ein Highlight der finnischen Hauptstadt auf und geben eine Einführung in die neue Bibliothek „Oodi“ (deutsch: Ode). Ein Wunderwerk, was Architektur wie Nutzungskonzept angeht. Man kann dort nämlich nicht nur Bücher ausleihen, sondern auch auf Tablets zeichnen und Nähmaschinen gratis nutzen. Oder einfach das Gebäude bewundern. Als ich im Dezember kurz in Helsinki war, konnte ich das „Oodi“ (deutsch: Ode) nur von außen bewundern, da gerade die letzten Handgriffe getan wurden. Ich freue mich schon auf den nächsten Besuch.

Oodi, Helsinki
Oodi, federleicht, stellt alles in den Schatten.

Ebenfalls recht neu in Helsinki ist das Museum Amos Rex, das zu den unterirdischen Schätzen der finnischen Hauptstadt zählt. Ich und zig Andere hatten vor Weihnachten das Vergnügen, einen Blick in die magische neue Welt zu werfen. Wäre die Musik nicht so laut und das Gebäude nicht so voll gewesen, hätte man dem Amos Rex eine meditative Wirkung schwer absprechen können. Allein beim Laufen über psychedelisch animierte Fußböden… Lest ausführlich über das Museum im Beitrag von Tarja auf Nordisch.info.

Habt ihr euch auch schon mal gefragt, wie man ein Eishotel baut? Christine hat auf Finnweh.de den Architekten Luca Roncoroni zum Thema interviewt. Etwa wie man als Italiener zur Eisliebe kommt. Über coole Projekte mit ganz eigener Farbigkeit, aber kurzer Halbwertzeit. Und grandiose Fotos vom Eisbaumeister, beziehungsweise seinen Werken.

Man nehme eine Holzkonstrution, verpacke sie in Glas und schmiege das Ganze in ein Backstein-Ensemble vom Anfang des 20. Jahrhunderts: Heraus kommt die Sibelius-Halle in Lahti. Mehr über die Konzerthalle mit bester Akustik könnt ihr auf Tarjas Blog lesen.

Suomenlinna ist mehr als eine Insel. Das Fleckchen Erde im Meer vor der finnischen Hauptstadt gilt als außergewöhnliches Beispiel für die Festungsarchitektur des 18. Jahrhunderts und ist als solche Weltkulturerbe. Außerdem ein magischer Ort zum Spazieren, Chillen und Picknicken sowie der Lieblingsplatz von Mila und Oli von Helden unterwegs, wenn sie in Helsinki sind.

Dänemark

Und noch eine multifunktionale Bücherei. Gehen wir mal nach Aarhus, das sich so gemausert hat in den letzten Jahren. Hier begibt sich die Kunsthistorikerin Karen Grunow für einen meiner Lieblingsblogs TheLink in das neue DOKK1 am Wasser. Wie gewohnt ausgestattet mit wunderbaren Fotos vom Journalisten und TheLink-Blogger Jan aus Berlin.

Auch Kopenhagen darf nicht fehlen. Schon vor einiger Zeit habe ich dort das Haus 8 kennengelernt, ein Wohngebäude mit diversen Sonderfunktionen. Bjarke Ingels hat seiner Fantasie freien Lauf gelassen und eine Acht mit Taille und Joggingstrecke kreiert.

Haus 8, Kopenhagen
Mit Dachbegrünung: Haus 8 in Kopenhagen

Aalborg kommt immer viel zu kurz. Daher freue ich mich über das Gespräch von Kapidaenin Sibille mit der Pressereferentin des Museums „Kunsten“. Das Gebäude hat kein Geringerer als Alvar Aalto entworfen.

Und auch die in Dänemark lebende Marion von Meermond macht mich happy, hat sie sich doch einem dänischen Stück Weltkulturerbe gewidmet, dem Dom zu Roskilde, der natürlich auf meiner Liste steht. Ein Traum aus Backsteingotik. Ich sage nur: der Chor!

Bornholm, das näher an Schweden als an Dänemark liegt, hat mir einen seiner Schätze offenbart: die kleine feine Oesterlars Kirche. Ich muss gestehen, wenn ich einen Rundbau sehe, ist es um mich geschehen. Fazit: Gutes Bauchgefühl im Bauch der Kirche.

Schweden

Und so ging es auch in Visby mit mir nicht gut aus, bevor sie mir nicht Einlass in eine der Kirchenruinen gewährten, den einzigen Rundbau von Gotland namens Helge And. Ebenso so wuchtig wie virtuos, genauso kräftig wie elegant.

Helge And, Visby
Ruinen-Charme in Visby

Manchmal muss man auch über die Faszination von Entwürfen sprechen. Etwa über die „Noblesse“ des Nobel Centers der David Chipperfield Architekten aus Berlin, siehe den Beitrag von Josephine auf Besser Nord als nie. Eigentlich sollte das Gebäude aus Kupfer und Glas im Dezember letzten Jahres fertiggestellt worden sein, hätte der schwedische Gerichtshof den Bau nicht zuvor gestoppt.

Über die Bedeutung von Holz, Hering und Leinen für die mittelschwedische Landschaft Hälsingland erzählt euch Henrike auf Einfach Schweden mehr. Vor allem, wie es dort zum Bau der typischen Hälsinghöfe kam, von denen inzwischen sieben Stück zum UNESCO Weltkulturerbe zählen.

Norwegen

Stabkirchen dürfen in dieser Zusammenstellung nicht fehlen, sind sie doch charakterisch für die norwegische Architektur des späten Mittelalters. Und endemisch, sozusagen. Karin von Wallygusto hat auf dem Weg nach Jotunheimen erfolgreich diverse Stabkirchen gespottet.

Mein norwegisches Lieblingsgebäude ist die Oper in Oslo. Wer schon einmal dort war, weiß Bescheid: Sie liegt am Ufer wie ein blendend weißer Eisberg. Ich mag Architekturen, die ein Gebäude erleben lassen, und das ist beim Gang über oder in den musikalischen Eisberg garantiert. (Foto siehe oben.)

Island

Und noch eine Oper, eine letzte. Über die „Gischt aus Glas“ hat Jutta von 6 Grad Ost geschrieben, und das ist mindestens so schön zu lesen, wie die Harpa in Reykjavík anzuschauen sein muss. Und Juttas Fotos! Leider hatte ich noch nicht das Vergnügen, die Harpa live zu besichtigen. Was sich hoffentlich irgendwann mal ändern wird.

Text und Fotos: Elke Weiler

Und nun seid ihr an der Reihe. Postet eure Artikelfunde über tolle Architektur in Nordeuropa oder eure Lieblingsstücke hier in den Kommentaren – ich freue mich über jeden!

14 thoughts on “Nordische Architektur

  1. In der Tat, die Oper in Oslo gehört auch für mich zu den schönsten Architekturen, die ich erlebt habe. Bis hin zur Gestaltung der Toilette zieht sich das Erlebnis dieser offenen Architektur fort. Das Besondere: Die Architektur der Oper in Oslo ist eine einladende. Sie will entdeckt, erobert werden. Und das nutzen Menschen aller Generationen. Was bisher nur einem bestimmten Klientel vorbehalten war, öffnet sich auf einmal allen Gesellschaftsgruppen. Und genau das macht das Gemäuer so lebendig. Vor allem bekommen auch unbekannte KünstlerInnen die Möglichkeit, sich auf kleinen improvisierten Außenbühnen in allen Genres zu präsentieren. Ich bin mir ziemlich sicher, dass die Architektur der Oper in Oslo die Konzeption aller neuen Opernhäuser quer über den Kontinent mindestens inspiriert, wenn nicht sogar revolutioniert hat.

    1. Hi Kai, das stimmt! Hattest du Gelegenheit, einen Eindruck von der Akustik zu bekommen? Als ich mal versucht haben, an Karten zu gelangen, hat sich das als schwierig erwiesen. Aber das war auch im Dezember, wahrscheinlich hat man im Sommer mehr Glück. Viele Grüße, Elke

      1. Ich konnte spontan mal durch die geöffnete Türe lauschen. Und das war schon ein tolles Klangerlebnis.Überraschender Weise aber auch im Außenbereich, als eine junge Band spielte, die man niemals in der Nähe eines Opernhauses anzutreffen wagen zu dürfen.
        Was ich an dieser Architektur übrigens noch schätze, ist ihre Bescheidenheit, ihr Understatement. Allerdings hat sich Olso im Umfeld der Oper rapide verändert und hat ein Stück seine Weite verloren. Hier bin ich von der Stadtplanung ein wenig enttäuscht. Die wiederum finde ich in Kopenhagen sehr gelungen. Direkt am alten Hafen auf der einen Seite die historische Stadt, gegenüber moderne Hochhäuser, die miteinander harmonieren, ohne auf die eigene Individualität zu verzichten. Architektur ist so ein tolles Thema, ich versuche selbst gerade, besondere Orte und ihre Geschichte zu entdecken und zu portraitieren.

        1. Da muss ich dir recht geben, Architektur ist schwierig von Stadtplanung zu trennen und letzteres läuft oft schief. Oft hat Stadtplanung wenig mit Planung zu tun. Mit Kreativität schon gar nicht. Oder mit dem Gedanken daran, wie Menschen ihre Umgebung erleben. Da lobe ich mir zum Beispiel Aarhus, dort hat man die Stadt zurück ans Wasser geholt. Immerhin hat die Oper in Oslo das Meer zu zwei Seiten. Und was dort inzwischen auf den anderen Seiten angewachsen ist, muss ich mir unbedingt mal anschauen. Bin gespannt auf deine Projekte!

      2. Ich habe dort im Rahmen meiner Norwegenreise (inclusive Hurtigruten Tour, die ich nur empfehlen kann, auch in der Vorsaison) 2011 ‚Rigoletto‘ gehört, oben in der Galerie, und die Akustik war ausgezeichnet. Eine Karte habe ich übrigens an der Abendkasse noch bekommen. Interessant ist auch die Ishavskatedralen in Tromsø.

        Darf ich linken? Hier sind ein paar Schnappschüsse der Tour, mit Oper und Kathedrale. https://lostfort.blogspot.com/2011/04/voyage-into-winter.html

        1. Hallo Gabriele, danke für die Anregung! Die Katedrale von Tromsø sieht in der Tat ziemlich interessant aus. Ich mag übrigens deine Beschreibung als old-fashioned Blogger ohne Instagram. Inzwischen ist es quasi old-fashioned, noch ein Insta-Account zu haben, alle sind nur noch genervt vom Algorithmus etc. Grüße von der Küste! Elke

          1. Hallo Elke, wer weiss, vielleicht bin ich dann in zwei Jahren Vorreiter. *grins*

            Ich blogge schon seit 2005 und habe die Struktur meines Blogs nie grundlegend verändert. Ich hatte vor zwei Jahren mal mit neuen Layouts herumgespielt, aber keines hat für meinem Blog so funktioniert, wie ich es gern hätte. Also bleibt es beim Vintage Look mit ausführlicher Sidebar (für ca. 500 Posts bisher).

            Ich habe noch einen Haufen Fotos im Archiv, aus denen ich Artikel machen möchte, aber die ausführlicheren brauchen doch mehr Zeit für Recherche als so ein Übersichtspost, und die Zeit habe ich nicht immer. Trotzdem geht es im April erst mal nach Tschechien und Polen (wo ich bisher nur Danzig kenne) zum Sammeln neuer Fotos. :-D

          2. Wow, seit 2005, also bist du auf jeden Fall Vorreiter! Und Urviech. :-) Meerblog hatte selbstgebaute magazinige Vorgängerseiten, aber mit dem Blogformat habe ich erst 2011 gestartet, als sich die Reisebloggerszene formierte, eine lustige Zeit. Dann wünsche ich dir schon mal schöne Reisen!

  2. Hallo liebe Elke,
    was für ein toller Artikel!
    Ich hoffe, dass in den Kommentaren mit der Zeit noch weitere tolle Beiträge zum Thema gepostet werden. Denn gerade, wenn es so schwierig war welche zu finden, heißt das ja es sollte mehr Artikel zu skandi-architektonischen Themen geben :-)
    Vielen Dank für deinen schönen NordNerds Themenbeitrag und ganz liebe Grüße von Rike

    1. Ganz lieben Dank, Rike!
      Trotz allem hat es natürlich Spaß gemacht, und ich bin sicher, es gibt noch mehr! Auf jeden Fall weiß ich, worauf ich mich demnächst mehr konzentrieren werde. :-)
      Liebe Grüße von der Küste! Elke

  3. Hei Elke!
    Schöner Überblick… Finde immer wieder spannend zu erfahren, was es so in den Nachbarländern tolles zu sehen gibt. Um ein wenig aus Helsinki wegzukommen und eine andere, nämlich alte Zeit in Erinnerung zu rufen, die vor allem holz-architektonisch einiges zu bieten hatte: UNESCO-Weltkulturerbe: Kirche von Petäjävesi. https://tarjasblog.de/Finnland/die-kirche-von-petaejaevesi-als-die-knoepfe-von-den-blusen-sprangen/

    Nordnerd-verrückte Grüße von Tarja

  4. Wunderbare Fundgrube! Die Reisewunschliste (bei mir ganz entscheidend von Architektur beeinflusst) wird immer länger…
    Ich steuere an dieser Stelle noch das Jugendstil-Anwesen Hvitträsk nicht weit von Helsinki bei, das drei junge Architekten im Jahr 1901 zum Leben und Arbeiten für sich und ihre Familien gebaut haben: https://kindamtellerrand.de/hvittraesk-ein-traum-von-finnland/
    Eine andere architektonisch-künstlerische Finnland-Entdeckung liegt in Nordkarelien, wo die Holzbildhauerin Eva Ryynänen am Pielinen-See ein Wohnhaus für sich und ihren Mann, eine Werkstatt und eine Kirche gebaut hat: https://kindamtellerrand.de/finnische-ruhe-northern-comfort-am-pielinen-see/

    Liebe Grüße voller Nordsehnsucht,
    Maria

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