Die Dünen von Holmsland Klit
Die feinen Körner rieseln sachte durch die gespreizten Finger, es ist wie der Zeit zuzusehen. Weich und hell der Sand von Holmsland Klit. Doch wenn ich genauer hinschaue, sind es unzählige Farben, die seinen Sandton bilden, braune, beige und graue. Ich nehme zwei Hände voll und lasse die beiden Sandfälle gegeneinander antreten, sich kreuzen und miteinander verfließen, um in der Masse zu verschwinden.
Angeblich gibt es ja singende Dünen.
Allein gehört habe ich es nie, dieses Brummgeräusch, wenn größere Sandmassen abrutschen. Ich sehe mich um, denn genau hier wäre die Möglichkeit dazu. Hier, wo der Strand aufhört, und die Dünen sich steil erheben. Stranddünen. Geformt vom Wind.
Wellen aus Sand, dazwischen Büschel von Strandhafer und Strandroggen. Leben, das aus klitzekleinen Steinen herauswächst. Erlebbare Dünen. Keine, die aus Gründen des Küstenschutzes abgesperrt sind. Wir können durch sie laufen, ihren schmalen Pfaden folgen, in ihren Mulden Schutz vor dem Wind suchen oder an den Hängen hinabrollen.
Baden macht süchtig
Auf einer Düne liegen, die Wärme der Sonne im Sand zu spüren, um den Körper nach dem Baden aufzuheizen. Denn die Nordsee ist kühl, es gibt kein Watt mit flachem Wasser, das sich leicht erwärmt. Ich gehe langsam hinein und bewege mich gegen die Kälte. Höchstens 17 Grad.
Der Himmel ist blau, perfekt blau mit kleinen Wölkchen. Alle Farben klar, das Licht eine Wonne. Vom Wasser blicke ich in den Himmel, höre eine Möwe schräg über mir kreischen, sehe die drei Windräder des Hafenstädtchens Hvide Sande zur Linken und vor mir die Dünen.
Schwimmreifen auf Tour
So lange wie die Kinder und die Nackten halte ich es im Wasser nicht aus. Doch Baden macht süchtig. Also kurz hinaus, aufwärmen und wieder hinein. Die Hemmschwelle wird jedes Mal geringer, das Glück wächst.
Irgendwann fühle ich mich erschöpft, das Herz klopft und ich möchte nur noch in den Sand fallen. Kreuz und quer auf der Düne liegen und einfach dem Meer zuschauen, das gegen den Strand klatscht.
Mich wundern, warum der dunkelblaue Schwimmreifen, den die junge Familie an der Wasserkante vermisst, so schnell aufs offene Meer treibt. Nichts tun können, nichts tun. Nur einfach hier sein, den Moment mit allen Sinnen wahrnehmen. Die See hören, riechen, das Blau lieben und den Sand auf der Haut fühlen.
Ein Handtuch? Wer braucht ein Handtuch? Ich lege den Kopf in den Sand, ein Ohr knapp über die Oberfläche, und höre dem Geräusch zu. Wie laut klingt es für einen Käfer, wenn meine Hand über den Sand streicht und kreist. Können Käfer überhaupt hören? Die Sandkörnermasse raschelt wie ein kräftiger Wind, der durch Büsche und Bäume fährt.
Ich könnte ewig hier bleiben, in den Dünen von Holmsland Klit. Sie sind Teil des riesigen Dünengürtels von Westjütland. Die schmale Nehrung zwischen Nordsee und Ringkøbing-Fjord besteht aus Strand, Dünen und Heide. Hier wohnen wir, laufen zu Fuß zum Strand und entdecken immer neue Wege durch die Dünen.
Die Landschaft wirkt ebenso wild wie weich. Wir fühlen uns geborgen, geschützt vor dem Sturm, der in der Sommerpause ist. Vor dem eigentlich rauen Nordseewetter. Wie mag es im Winter sein?
Nur das Zirpen der Grillen
Der Strandhafer bohrt sich durch die Holzbretter der Terrasse und kitzelt an der nackten Haut. Ein Luxus, dieser Sommer. Morgens in der Sonne frühstücken, den ganzen Tag an der frischen Luft verbringen, abends zum Sonnenuntergang ans Meer pilgern – wie alle Sommerhaus-Urlauber hier.
Ein Wunder, diese Ruhe. Nur das Zirpen der Grillen und in der Ferne ab und an das Knattern eines Motorrads auf der schmalen Durchgangsstraße von Holmsland Klit. Solange die Grillen zirpen, ist immer noch Sommer. Zu warm zum Saunieren.
In den Dünen stehen keine Hochhäuser oder auffällige Architekturen. Die leicht gebauten Sommerhäuser sind meist aus Holz und verteilen sich in der Landschaft. So als würden sie dazugehören und mit ihrer eckigen Form einen Kontrast zur Weichheit der Hügel bilden.
So wirken die Häuser in die Landschaft integriert, und die Landschaft ins Haus geholt. Ein Fenster ist ein Bild. Wenn ich auf dem Sofa im Wohnraum sitze, sind da nicht nur die grüngelben Hügel und die farbigen Häuser von Skodbjerge um mich herum. Ein Zipfel vom tiefblauen Wasser des Fjords ist sichtbar.
Den Sonnenuntergang feiern
Kommt der Wind von Westen? Dann habe ich ihn im Rücken. Wird es schneien? Kann man hier zuschneien, in diesem leichten Haus am Meer? All das geht mir durch den Kopf, und ich inhaliere die würzige Sommerluft draußen auf der Terrasse.
Die Sonne färbt den Himmel hinter den Dünen rot, es ist Zeit an den Strand zu gehen. Die Anderen sind schon da. Alle haben ihre Fotoapparate gezückt, um sich im Winter noch an diesen Sommer zu erinnern. Oder in zehn Jahren.
Drei, vier, fünf Kutter haben sich von Hvide Sande aus in Gang gesetzt, einer hinter dem anderem bilden sie eine Linie auf dem Wasser. Lange dauert es nicht, bis der Feuerball verschwindet und alle Zuschauer nach Hause gehen.
Zurück ins Sommerhaus, das vielleicht auch im Winter bewohnbar ist. Holz gibt es jedenfalls, einen Ofen sowie Heizkörper in jedem Zimmer. Spätestens beim ersten Herbststurm die Sauna testen oder nach dem Windsurfen in Hvide Sande, das ich im Juni bereits ausprobiert habe.
Der Sommer jedenfalls ist wunderschön. Und ich würde ihn jederzeit wieder genau so wollen.
Text und Fotos: Elke Weiler
moinmoin
ach könnten die Bilder schön sein,
wenn sie nicht diesen „künstlerischen“ Farbstich hätten.
Wirklich schade
Kunst ist Kunst :-)