Kein Mensch außer mir am Strand. Spuren von Schuhen und Pfoten im Sand. Endlich habe ich Dünen gefunden und sogar ein kleines Holzhaus dazwischen. Der ideale Ort. Zur Rechten die 30 Meter hohen Klippen der Ristinge Halbinsel, zur Linken die Weite, das Glitzern der Sonne im Meer. Langeland.
Auf den Schildern wird gewarnt wegen ablandigen Windes. Komplettes Luftmatratzen- und Gummitierverbot. Es weht ganz schön, ich fühle mich fast wie zu Hause. Suchen wir überall das Bekannte, Vertraute oder einfach nur das, was uns am meisten liegt? Die Ostsee vor mir leuchtet so grün wie zuletzt die Nordsee vor dem Amrumer Kniepsand.
Ich streife durch schmale Dünenwege, von Strandrosen bewachsen. Prallvoll mit Hagebutten um diese Jahreszeit. Ein Stück weiter, ein Stück näher zu Ristinge Klint entdecke ich Felsgestein im Wasser, eine Szenerie fast wie auf den Seychellen oder Fidschi-Inseln. Aber es heißt ja Dänische Südsee, dieser südliche Teil der Ostsee unterhalb des Kleinen und Großen Belts.
Geliebtes Kind hat viele Namen: Dänisches Südmeer oder auf Dänisch Dansk Sydhav und Sydfynske Øhav – das Südfünsche Inselmeer. Mehr als 50 Inseln und Inselchen zählen dazu. Das Klima ist ganzjährig mild, im Winter gehen die Temperaturen kaum unter den Gefrierpunkt.
Eine Gruppe von Frauen kommt mir entgegen, eine von ihnen hat sogar ein Bad genommen. So mild ist das Klima dann doch nicht, denke ich. 15 Grad hat das Wasser aktuell, die Luft nur wenig mehr. Dazu der Wind, das bringt Gradabzug, und ich bin froh über meine Jacke.
Doch an geschützten Stellen kann man wunderbar draußen sitzen, auch ohne. Den Strand von Ristinge erkläre ich zu meinem Lieblingsort auf Langeland. Dabei habe ich am Morgen schon einen anderen Beach entdeckt, der außergewöhnlich war. Der Stengade Skov, ein Buchenwald, geht nämlich bis an Wasser heran.
Dort steht sie und ist umwerfend schön: eine Jahrhunderte alte Buche. Angeblich hat sie schon Dichter inspiriert, vor allem Adam Oehlenschläger am Anfang des 19. Jahrhunderts. Doch damals muss diese Buche noch klein gewesen sein. Er hat jedenfalls eine ihrer Art in der dänischen Nationalhymne verewigt: „Es liegt ein lieblich Land mit riesigen Buchen am salzigen Ostseestrand.“ Und am Ende: „Unser altes Dänemark wird bestehen, solange die Buche spiegelt ihre Krone in der blauen Woge.“
Das trifft heute genau auf diesen mehrstämmigen Baum zu. Schon auf dem Weg durch den Wald zum Strand bin ich auf ihn zugelaufen – dahinter glitzernd das blaue Meer. Groß und breit der Baum davor, wie um zu sagen: Hier ist es schön, hier bleibe ich. Da fällt mir auf, dass Dänemark ja auch beste Nordseestrände besitzt, zum Beispiel auf Rømø oder in Hvide Sande, und sie werden im Lied einfach unterschlagen.
Ich fahre nach Bagenkop, dem Ort der Fischer und Segler auf Langeland. So ruhig hier, die Saison ist vorüber, das Restaurant direkt am Wasser hat geschlossen. Nur eine Imbissbude ist geöffnet und wird gleichermaßen von Einheimischen und Touristen frequentiert. Ein Kutter läuft gerade ein, bald schon werden sie frischen Fisch im Hafen verkaufen.
In der Nähe des Örtchens finde ich alles, was das Herz begehrt: Huthügel, eine archäologische Stätte und Wildponys. In das Hünengrab kann man wahlweise hineinkriechen oder die Aussicht ringsherum genießen. Das lohnt sich, denn die typischen, kuppelförmigen Hügeln der Insel sind hier am höchstens.
Als ich weiter durch die Landschaft fahre, muss ich urplötzlich stoppen: Denn die lustigen Exmoor-Ponys, die ich gesucht habe, sind mir schon entgegen gekommen und stehen fast am Straßenrand. Direkt daneben ein Haus, und ich denke, dass diese Hauseigentümer glücklich sind, wenn sie desöfteren Pferdebesuch vor der Tür haben.
Natürlich ist ringsherum alles eingezäunt, so dass die Pferde, falls sie abends mal Fernseh gucken möchten, nur mit etwas Abstand in das Wohnzimmer der Leute schauen können. Aber wäre ich dort ansässig, würde ich den Fernseher gar nicht erst einschalten und die ganze Zeit den Pferden zusehen.
Einige haben ulkige Frisuren, strubbelige Mähnen, ein bisschen Achtziger. Sie schrubbeln sich an tief hängenden Zweigen oder arbeiten unermüdlich als Rasenmäher im tiefen Süden Langelands. Schon in der Steinzeit gab es Wildpferde in der Gegend. Die Exmoor-Ponys stammen von der Insel Tærø zwischen Møn und Seeland, kommen aber ursprünglich aus England.
Man darf sie nicht füttern oder streicheln, sollte genügend Abstand bewahren und keine Hunde in das eingezäunte Gebiet mitführen. Ich sehe die Pferde später noch einmal von weitem, wie ich fröhlich über die Hügel düse. Die wilden Ponys passen optimal in diese Landschaft, die ebenso bizarr wie gefällig wirkt.
Auf einem der kleinen Parkplätze hat eine dänische Familie ihren Picknickkorb hervorgeholt. Und ich weiß plötzlich, warum das Picknick in Dänemark so beliebt ist. Weil es einfach an den schönsten Stellen in der Natur kein Café gibt.
Text und Fotos: Elke Weiler
Liebe Elke,
das klingt ja traumhaft. Ich glaube, dort würde es mir auch total gefallen. Und ja, ich bin ganz deiner Meinung, wozu einen Fernseher, wenn man Ponny gucken kann. ;-)
Liebe Grüße,
Claudia
Vor allem, wenn diese Ponys so fesche Frisuren haben. ;-)
Vielen Dank für die schönen Fotos und den Bericht dazu.
Ich bekomme „Fern/Heimweh“ ;)
ich mache seit 30 Jahren Urlaub auf Langeland, kenne aber längst nicht alle schönen
Ecken dieser wunderbaren Insel !!!
Lieben Gruß aus Hamburg
(im Ruhrgebiet geboren und groß geworden,aber irgendwie hab ich immer gespürt, ich bin im Norden richtig zu Hause :) )
ich lebe auf der wunderschönen NordseeInsel Föhr und schreibe auch einen Blog. Unter http://www.oneworld4all.de unter Rubrik Bildergalerien findest du meine Lieblingsbilder. Schau doch mal rein – was denkst du??
Vielen Dank für diese tollen Eindrücke. An der Ostsee gibt es so vieles zu entdecken. Eine Reise lohnt sich immer wieder.