Düsseldorf am Rhein

Medienhafen

Mit dem Rad in den Frühling

Die Sonne scheint in mein Zimmer, und ich weiß, es wird ein schöner Tag. Und ein sportlicher, wohlmöglich. Also rein in die bequemen Klamotten und erst einmal frühstücken. Diesmal wohne ich nicht weit entfernt vom Carlsplatz, für mich das Herz der Stadt, auch wenn manche vom Bauch sprechen. Beschwingten Schrittes nähere ich mich dem Ort, in dessen Nähe ich so lange gelebt habe. Es ist wie ein Nachhausekommen, auch wenn sich ein paar Dinge geändert hat. Neue Stände, altes Leben.

Hier und da ist der Markt bereits erwacht, nur die stylischen Neuen können länger schlafen. So früh am Morgen verkauft man noch keine angesagten Lakritzkugeln aus Dänemark. Zielstrebig steuere ich die kleine Kaffeebude an. Ich bin froh, dass sie noch existiert. Und beglückt vom erweiterten Angebot. Croissants in Hülle und Fülle! Eine kleine Schlange hat sich gebildet, Leute sitzen an den Holztischen und genießen den Kaffee, die Teilchen, den Morgen.

Frühstück am Carlsplatz

Mein Weg führt zum Rhein, Seele der Stadt. Hier will ich heute sein, den ganzen Tag. Erstmal ein Rad leihen unter der Rheinkniebrücke, ein Stückchen hinter dem Apollo Varieté. Lieber ohne Unterstützung, danke. Ich bleibe ja in der Stadt, denke ich mir. Die Geschwindigkeit brauche ich nicht, und der Wind hält sich in Grenzen. Ich möchte heute Dinge erleben, die vielleicht nicht so typisch sind für einen Besuch in der Stadt. Ich möchte gute Luft, Wasser, Weite, Grün.

Am Paradiesstrand

Am Medienhafen muss ich einfach stoppen. Er ist so ganz anders als der kleine Hafen in Nordfriesland, an dem die Boote und Kutter bei Niedrigwasser flachfallen. In Düsseldorf schaukeln die Yachten sachte im kaum bewegten Wasser, umrahmt von außergewöhnlicher Architektur. Dort drüben, wo sich Hochhäuser nach oben ranken, da saß man mal im Sand mit Blick auf Düsseldorf. Es war einer der schönsten Stadtstrände überhaupt, würde ich behaupten.

Paradiesstrand am Rhein

Ein süßlicher Geruch liegt in der Luft, es ist der Frühling. Ich fahre über die Brücke am Medienhafen die Rheinstrand entlang. Nur wenige Spaziergänger sind unterwegs, ein Mann liegt im Sand am Paradiesstrand, daneben sein Rad. Aus den Niederlanden kommende Schiffe tuckern ums Rheinknie, bevor sie am Beach vorbeiziehen. Heerdt und Oberkassel gegenüber in der Morgensonne, die manchmal zwischen Wolken verschwindet.

Mein Rad habe ich oben am Weg gelassen und bin einen der schmalen Pfade hinabgestiegen. Die Großfamilie mit Hund, ebenfalls zu Besuch, teilt sich am Strand auf. Schon auf der Brücke sind wir uns begegnet, sie haben sich Zeit genommen für alle Perspektiven. Zu Fuß ist man eben noch langsamer. Ich liebe die ausladende Weide in der Mitte. Wie eine Geburt zwischen Wasser und Land wirkt sie und streckt nach beidem die Arme aus. Ich laufe mit Schuhen über den Sand, lausche den leisen Worten des Flusses, aufgewühlt von den Rheinschiffen.

Rast am Rhein

Gen Norden will ich ziehen, immer am Wasser entlang. Ein spontaner Stopp für ein kleines Lunch im KIT Café? Gute Idee. Hier kann man den Blick übers Wasser schweifen lassen. Und Oberkassel, hübsch wie immer. Wunderbar schmeckt das Avocadobrot. Wenn das Wetter nicht fast sommerlich wäre, würde ich der Kunst im Tunnel einen Besuch abstatten. Das KIT wurde nach dem Umbau des Rheinufers in einem Restraum zwischen den Röhren für den Autoverkehr geschaffen. Allein deswegen ist es einen Besuch wert. Die rohen Betonmauern lassen der jeweiligen Ausstellung allen Raum, sich zu entfalten, die Verjüngung des Raums zu den Enden schafft eine gewisse Dynamik. Durch einen Schacht fällt Tageslicht in den Eingangsbereich. Es ist wie ein Abtauchen in die Kunst. Doch diesmal bleibe ich draußen. In der Frühlingssonne, nach der sich alle schon verzehrt haben.

Avocadobrot im KIT Café, Düsseldorf

Der Rhein fließt, er swingt gleichsam um Düsseldorf herum, lässt sich Zeit, mäandert, und ich folge seinen Kurven. Rechts wird es grüner, der Rheinpark Golzheim streckt sich parallel zum Fluss. Ich fahre um den kleinen Yachthafen herum, ein Kanufahrer paddelt gerade in die Sackgasse auf dem Wasser. Auf der anderen Straßenseite die ersten Villen von Golzheim, bald bin ich am Ziel.

Wo die Kirschen blühen

Der Japanische Garten liegt im nordwestlichen Teil des Nordparks. Ich muss nur noch die Rotterdamer Straße an der Ampel überqueren. Ein Mann mit Hund kommt mir entgegen, der Hund schon etwas älter, ohne Leine, etwas zu gemütlich. Schafft er es in der Grünphase? Er macht es ganz ohne zweibeinige Hilfe. Vom Verkehr der Straße ist im Park nichts mehr zu hören. Stattdessen nur Vogelgezwitscher, kaum Leute unterwegs, und die Kirschbäume stehen in voller Blüte.

Hier und dort sitzen Paare ins Gespräch vertieft, einzelne Flaneure ziehen langsam durch die Gegend. Zwei Frauen auf einer Bank bewundern den auffälligen Style eines jüngeren Passanten, die Farben stünden ihm gut. Ich stelle das Rad ab, schlendere durch den Garten der Besinnung. Schon 1975 wurde die Anlage von japanischen Landschaftsarchitekten gestaltet wurde. In Düsseldorf lebt die drittgrößte japanische Gemeinde Europas, und nicht nur am alljährlichen Japan-Tag wird dies sichtbar. Hier, auf der Immermannstraße oder im EKŌ-Haus kommt man Japan ein Stück näher.

Japanischer Garten im Nordpark

Ich bewundere die Kois im Teich, den wolkenartigen Schnitt der Schwarzkiefern, den Fächerahorn. Die Ordnung, hinter der soviel Mühe und tieferer Sinn steckt. Vor allem aber die Stille. Ich könnte ewig im Schatten sitzen, dem Plätschern des Wassers auf den Steinen zuhören. Schauen, was ringsherum passiert. Irgendwann kehre ich zurück ins Herz der Stadt, zurück von meinem Ausflug nach Japan. Leicht erhitzt und erschöpft gebe mein Leihrad ab und bereite mich auf den Abend vor, der mich erneut an den Fluss führen wird. Sonnenuntergang am Rhein. Bis sich der Himmel schwarz färbt.

Text & Fotos: Elke Weiler

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