Husum Hafencity

Hafenbrücke Husum

Eigentlich wäre der Husumer Hafen ja gemütlich per pedes zu erkunden. Aber weit gefehlt! So ein Hafen will – egal ob in Hamburg oder Husum – auf dem Wasserwege bis in den letzten Winkel ausgekundschaftet werden. Anders kann man sich den Andrang bei den täglichen Touren der MS „Insel Poel“ nicht erklären.

Erst Ende Juli hat die Adler-Reederei damit begonnen – und nicht nur die Touristen freut das. Also rauf aufs Boot. Wegen der auflaufenden Flut können wir im Husumer Binnenhafen ablegen. Und erfahren sogleich über die dröhnende Lautsprecheranlage mehr vom „tidenabhängigen Hafen“. Bei Ebbe setzen sich die im Binnenhafen liegenden Yachten und ein Katamaran fest in den Schlick. Dann legt die MS „Insel Poel“ nämlich im Außenhafen ab, um ihre Tour zu starten.

Hafenbrücke Husum

Nachteil: Das Erlebnis der sich über den Köpfen der Schiffsgäste hebenden Auto- und Zugbrücke gibt es dann nicht. Bei höherem Pegelstand wie jetzt aber schon! Keiner zieht den Kopf ein, als sich die gewaltigen Stahlträger wie durch Geisterhand hochheben. Und in luftiger Höhe bleiben, bis wir darunter durchgefahren sind. Der Schiffsführer holt weit aus in der Stadtgeschichte, während wir an den Krabbenkuttern im Außenhafen vorbeituckern.

Denn was viele nicht wissen: Husum war nicht von Anfang an eine Hafencity. 1362 ließ die Grote Mandränke, eine verheerende Sturmflut, den Ort Rungholt untergehen, die Insel Strand entstehen und Husum mit dem Heverstrom anbandeln. Ein Gezeitenstrom, der nördlich der Halbinsel Eiderstedt bis Husum fließt. Als frisch geborene Küstenstadt war der Grundstein für eine wirtschaftliche Weiterentwicklung gelegt.

Wir erreichen die schwarzen Schuten. Schiffe ohne eigenen Antrieb, die mit Baumaterial für die Landgewinnung aufs Watt gezogen werden. Immer genau an die Stelle, wo gerade Holzpfähle und Reisig für eine neue Lahnung eingesetzt werden. Rechts und links sind wir von den einzigen Hochhäusern der Kreisstadt umzingelt: Schlanke Silos, die Husum schon von weitem als solches identifizieren lassen.

Profan und grau wirkt die Stormstadt hier, doch der gute alte Theodor dachte wohl eher ans Herbstwetter, als der Dichter seine geliebte Heimat als „graue Stadt am Meer“ bezeichnete. Kaum vorstellbar an einem Sommertag wie heute. Vor allem im fast mediterran wirkenden Binnenhafen mit seinen bunten Häusern. In der Zwischenzeit haben wir die wuchtigen Schleusentore erreicht, die „dafür sorgen, dass die Husumer keine nassen Füße kriegen“, schallt es durch den Lautsprecher. Locker, flockig und schon nach wenigen Tagen recht routiniert

Leider hindert uns die gerade auflaufende Flut an einer Tour hinaus auf den Heverstrom. Wir gerne hätten wir das Herzstück der Stadt, den grünen Dockkoog, einmal vom Wasser aus begutachtet! Dafür schippern wir nun in Richtung Werft, wo gerade ein kleineres Containerschiff vor Anker liegt. Zwei Besatzungsmänner winken uns zu. Da ruft ein kleiner Junge spontan: „Die kenn‘ ich!“ Guter Witz! Die Atmosphäre an Bord ist nun gelöst, alle strahlen sich an. Auch wenn wir uns fast im Schlagschatten eines der großen Windräder befinden.

So schützen die Schleusentore auch die hier gelagerten Einzelteile der Windkraftanlagen vor dem Meer. Imposant sehen die frisch produzierten Gondeln und Rotornaben von nahem aus. Auf der anderen Hafenseite blicken wir beinah ehrfurchtsvoll auf ein 134 Jahre altes Trockendock, denn unser Schiffsführer nennt es „einzigartig in Europa“. Leider muss der Schlick, der mit jeder Flut herangeschwemmt wird, manuell – mit Wasser und Schaufel – wieder entfernt werden.

Wieder öffnen sich die Klappbrücken vor unseren Augen, und wir nähern uns dem Landeplatz. Vielleicht freut sich der eine oder andere schon auf die nächste Hafenrundfahrt in Husum. Bei Ebbe. Inklusive Dockkoog.

Text und Fotos: Elke Weiler

Aktualisierung im Mai 2021: Die Hafentouren werden inzwischen mit dem niedlichen Tuckerboot Möwe Willi angeboten.

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