Herbstgelüste

Tá tá, tatata táta! Mit wehendem Plüsch sauste ich über den Deich. Ich spürte die drohende Gefahr, das Blut pulsierte in meinen Adern. Julchen sollte die Stellung halten, während ich mich mit einem geschickten Kopfschwinger aus dem lästigen Geschirr befreite und lospreschte.

Madame war nämlich hinter dem Hügel verschwunden. „Himmelschafmeer!“, raunzte Julchen mich an. Ich musste handeln. Es war fünf vor zwölf. Die Kacke am Dampfen. Als Hund der Tat verlor ich keine Sekunde Zeit.

Kaum hatte ich die Deichkrone erreicht, erblickte ich es. Das Top-Event des Herbstes! Ein massives Aufgebot an Ackerlutschern wegen der bevorstehenden Umsiedelung der Wollknäuel. Ich war außer Atem.

Grundsätzlich war ich dafür, dass die Occupy-Bewegung den Deich räumte. Der Winter nahte, sie zogen auf die geschützten Fennen im Innern der Halbinsel. Doch ich musste die Lage inspizieren: Lief alles korrekt ab? Also stürmte ich geradewegs auf das Geschehen zu – jegliche Rückruf-Aktionen von Madame ignorierend.

Im Herbst gehört der Deich Julchen und Janni.

Ich fühlte mich jung und stark und wild entschlossen. Vor allem wild.

Doch einer der Feldlutscher klopfte mit einem Stück Holz auf einen Zaun. Dieses Lutschergesicht! Grimmig. Verbissen. Als Freund großer Flexibilität schwenkte ich augenblicklich um, überließ die Wollknäuel ihrem Schicksal und nahm Kurs auf die flüchtige Madame.

Sie jagte mit der Blechhöhle über den Deich und fuhr zum vereinbarten Treffpunkt. Dort wartete Julchen schon sehnsüchtig, und wir sprangen mit einem Satz in die sichere Blechhöhle. Ich liebte Action-Filme. Und hinterher kuscheln.

Bald darauf bekamen wir Besuch. Werkellutscher standen vor der Tür – bereit unsere Bude zu entern. Ich musste ihre Berechtigung checken und verhielt mich zunächst wenig gastfreundlich, wie Julchen mir mal wieder vorwarf. Natürlich briet mir meine Holde sofort eins über.

Julchen, die sanfte Fee.

Julchen war eine sanfte Fee. Goldiger Blick, Blümchen im Plüsch. Nur wenn sie mich sah, flippte sie aus. Irgendetwas an mir brachte sie aus dem Konzept. Mein Maulgeruch? Ich musste darüber nachdenken, hatte aber keine Zeit.

Was die Werkellutscher betraf, blieb ich auf der Hut. Während sich der Eine unauffällig benahm, trug der Andere verdächtige Geräte mit sich herum. Ich testete eines davon an, dass ihm aus der Beinverkleidung herausragte. Doch Monsieur faselte etwas von Zollstock und wirkte not amused. Julchen briet mir erneut eins über, Monsieur meckerte, und Madame war nicht da.

Was blieb einem armen Rüden wie mir noch? Ich wollte das Leben genießen und die Welt entdecken, doch überall lauerten Verbote, Heimtücke und Widrigkeiten. Zum Glück schneite mir eine Einladung in die Hütte: Candy und ihr entzückendes Rudel hatten Urlaub an der Nordsee geplant, und wir sollten sie in ihrer Ferienhütte besuchen. Nichts wie hin!

Candy erwartet sehnsüchtig ihre Gäste.

Mit der Blechhöhle steuerten wir Dagebüll an, einen reizenden Hüttenort ohne Tamtam. Als perfekte Gastgeberin lugte meine süße Nichte schon über den Zaun. Sie war verdammt groß und hübsch geworden. Ein echtes Temperamentsbündel.

Und küssen konnte sie! Kein Wunder, sie tat wohl den lieben langen Tag nichts anderes. Julchen fand es semi-optimal, dass Candy-Maus in einem fort mit Monsieur und Madame kuschelte. Auch wirkte sie eifersüchtig, weil Candy und ich uns top verstanden.

Während ich vor und im Haus alle Gadgets testete und zwischendurch zärtliche Nasenstubser mit Candy-Baby austauschte, machte Julchen einen auf Diva. An mir ließ sie wie üblich kein gutes Haar und auch Candy musste vorsichtig sein. In ihrer eigenen Hütte!

Kiss me, baby!

Erst als wir alle ein Nickerchen machten, schien Julischka sich endlich zu entspannen. Doch dann passierte es. Madame ging mal für kleine Lutscherinnen. Wir natürlich alle sofort hinterher, doch sie wollte partout allein ins Bad. Juli blieb im Flur. Wer keine Ahnung von Beardinen-Logik hat, dem verklickerte sie: „Wenn Madame markiert, dann auch ich!“

Monsieur kriegte die Krise und wuselte mit Tonnen von Papier herum, doch Candys Rudel blieb locker. Sie hatten alle genug Süßes intus und waren dementsprechend gut drauf. Also sausten wir noch ein paar Runden durch den Garten. Ich lud den kleinen Nachbarn, der lautstark hinterm Zaun grüßte, gerne auf die Party ein.

Doch leider bliesen Madame et Monsieur zum Aufbruch. Schade irgendwie, Dagebüll gefiel mir, es erinnerte mich an Dänemark. Ich durfte sogar aufs Sofa, die Lutscherlesestücke und den Musikapparat checken. Ok, bei den Büchern gab es einen kleinen Aufschrei. Sonst alles perfekt.

Janni freut sich aufs Dinner.

Andererseits freute ich mich schon aufs Dinner. Echte Kerle wie ich lebten nicht nur von Luft und Liebe. Sie brauchten wilde Action, Bauchkrauli und jede Menge zwischen die Beißerchen! Huhn, Rind, Ente oder Schaf? Am besten alles! Und nachher noch Bolo. Mit oder ohne Spaghetti.

Als wir zurück in der heimischen Hütte waren, stand ich wie ein Elefant im Flur. Alle liefen hin und her, die Rennplüsche bekamen sofort Massen an ungenießbarer Veggie-Kost vorgelegt. Wie konnte man jemanden meiner Statur einfach übersehen?

Wir hatten zwar bei Candy Ringelreigen mit Hufis gespielt, doch das war lange her. Die Dinnerzeit hatte sich wegen wilder Einkaufstätigkeiten seitens Madame et Monsieur nach hinten verschoben. „Ohne Shopping keine Happihappi“, meinten sie lapidar.

Endlich schien Monsieur meine Anwesenheit in der Küchenmitte aufzufallen, und er füllte die Näpfe. Nach einem Party-Tag mit viel Jodelei seitens meiner Holden war endlich Ruhe im Karton.

Es lebe die magische Dose!

Text: Janni (bereits vor Diktatende auf dem Rücken eingenickt und leise geschnarcht)

Fotos: Elke Weiler

4 thoughts on “Herbstgelüste

  1. Schöne Grüße aus dem Ruhrgebiet von deiner Freundin Betty.Du weißt schon aus St.Buddel.
    Ich habe jetzt auch einen Partner bekommen mit dem ich mir alles an Leckereien teilen muß.
    Na ja, vielleicht sehen wir uns in Ording ja mal wieder.Dann zeige ich Dir liebes Julchen mal meinen
    neuen Störenfried.

    Glück Auf
    Deine Freundin Betty aus Oberhausen

  2. Betty, Süße!

    Was sind das für Nachrichten? Ja, Himmelschafundmeer! Wie heißt der Knabe denn? Ja, das Leben kann hammerhart sein… Du musst mir alles genau erzählen! Wann kommt ihr nach St. Peter?

    Dickes Bussi,

    Julchen

  3. Moment mal, Mädels! Das hier ist mein Artikel! Da wird nicht so einfach über süßen Familienzuwachs gelästert… Störenfried! Wie gut, dass ihr euch einig seid!

    Wer ist Betty? Ist sie hübsch? ;-) Sie soll ruhig mal nach St. Buddel kommen… :-)

    Euer Janni

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