Es war die Zeit der Superpiepmätze. Sie flogen in pfeilartiger Formation über unsere Köpfe hinweg und erzählten von Herbst, Winter und fernen Ländern. Sie hatten jede Menge vor.
Wieso blieben sie nicht einfach hier? Jetzt, wo es so richtig nett und gemütlich wurde. Die Occupy-Bewegung allmählich die Deiche räumte. Die Zeit des Windes begann. Jetzt, wo Lutscher sich Schals um die felllosen Hälsen schlangen und dem Herbstblues frönten. Für solche Scherze hatte ich keine Zeit, da ich wie üblich alle Pfoten voll zu tun hatte.
So war die Housekeeping-Stelle immer noch nicht besetzt. Sollte ich etwa selber Pfote anlegen und als Mäuseschreck auftreten? Dazu war ich nicht ausgebildet. Die kleinen Quieker würden sich doch ins Pfötchen lachen! Meine Produzenten, die Rennplüsche, nahmen mich schließlich auch nicht für voll. Bei Nagern fehlte mir einfach die Durchsetzungskraft.
Es reichte mir vollkommen, meine Autorität am Pummelschwein zu verschwenden. Janni hatte sich zwar gebessert, wirkte aber manchmal orientierungslos und brauchte weiterhin intensive Betreuung. Und ich Urlaub. Dennoch musste ich zugeben, dass die Zeit mit dem ausgeborgten Heiligenschein ihre Früchte trug.
Janni konzentrierte sich mehr auf die essentiellen Dinge: Spielen, Toben, Schäkern. Er roch besser und machte mich weniger wütend. Welche Schlussfolgerung sollte ich als aufgeschlossene Beardine daraus ziehen? Dass Testosteron das Übel der Welt war? Ich musste recherchieren, ob es in der Lutschergeschichte ähnlich fatale Folgen hatte.
In diesem Fall konte ich unbedingt das Ausleihen eines Heiligenscheins empfehlen. Eine Woche lang. Das Ding wirkte Wunder, allein, was den Duft betraf. Und Wochen später beruhigte sich das männliche Gemüt endlich.
An manchen Nachmittagen liebte ich es, über die Deiche, Gräben und Marschwiesen in die Ferne zu schauen. Vorbei an den Schafen. Tief in mich gekehrt. Ich hatte Lust, mich wieder zu verlieben. Und ich hatte auch schon eine Ahnung, in wen…
Dann kam der Welthundetag, und meine Träume wurden schneller wahr, als ich es zu hoffen gewagt hatte. Bodenständig, wie ich nun mal war. Nordfriesin durch und durch. Ausnahmsweise stiegen wir zur Dinnerzeit in die Blechhöhle und fuhren… nicht zum Everschop! Nein.
Als ich die Ex-Hütte meines Ex-Verlobten zur Rechten und später die Kühe zur Linken erblickte, dann die Alpakas zur Rechten, ahnte ich etwas. St. Buddel! Aber es kam noch besser. Er war da. Er wartete schon auf uns. Mitsamt entzückendem Rudel, das ich recht bald adoptieren wollte.
Doch zunächst hatte ich nur Augen für ihn. Und er für mich. Louis. Diese Knopfaugen! Er war in meinem Alter, kurzer, männlich wirkender Haarschnitt, eine Topfigur. Das glatte Gegenteil von Kindskopf Janni mit seiner Beatles-Matte. Und dann diese vornehme Zurückhaltung! Frauen stehen auf so was.
Wir waren uns bereits kurz am Wochenende begegnet, und es hatte direkt gefunkt. Natürlich wollte Janni sich als Anstandswauwau dazwischen werfen. Ohne Rücksicht auf Verluste. Doch er war glücklicherweise mit Madame verbunden, während Louis und ich über den Dünenweg liefen. Seite und Seite, nur wir zwei.
Dann verlegten wir gemeinsam mit unseren Rudeln den Standort und fanden den idealen Spielplatz in den Dünen. Einen Weg, der sich zu einem Sandkasten verbreiterte. Es war fast wie in Hvide Sande. Der Sand, die Wolken, das Meer. Perfekt für ein Tête-à-tête, doch leider durfte Janni jetzt auch mitmischen.
Es kam, wie es kommen musste: Das Pummelschwein drängte sich zwischen Louis und mich. Die ganze Intimität – futsch! Ich bellte mir die Seele aus dem Leib. Louis schien erschrocken. Bestimmt hatte er in seinem Leben keine aufdringlichere Type als Monster-Janni erlebt.
Doch es dauerte nicht lange, dann legten wir so richtig los – zu dritt! Sausten durch die Gegend, warfen uns in den Sand, buddelten wie die Weltmeister. Das Leben war schön, die Lutscher in einen Dauerschnack vertieft.
Schade, dass Louis schon bald wieder nach Hause fuhr. Auf dem Rückweg waren wir gegen unsere Gewohnheit stumm wie die Schollen. Wir hatten das Glück erlebt. Janni dachte an seinen neuen Kumpel, und ich?
Als Kind der Nordsee hoffte ich auf Flaschenpost. Louis musste sie nur in die Innerste werfen, die mündete in die Leine. Die Leine in die Aller, und die Aller in die Weser. Ich hatte alles recherchiert. Die Weser floß dann hinter Bremerhaven in die gelobte Nordsee. Dann war es nur noch ein klitzekleines Stück bis zu mir!
Über Nacht frischte der Wind auf. Richtung Ostnordost. Nicht so günstig für eine Flaschenpost aus dem Süden. Aber noch war Louis ja in St. Buddel. Ich könnte gleich wieder hindüsen. Madame?
Text: Julchen (nach Diktat ihre Nase in den Wind gehalten. Vielleicht trug er ihren Gruß ja weiter?)
Fotos: Elke Weiler
Tierisch gut :-)!
Danke, Martin! :-)
Liebe Julchen,
leider konnte ich nicht so, wie ich wollte! Nun bin ich zurück in meiner Heimat, in Gedanken bei Meer, Wind und Dir. Zum Glück kann ich die wunderbaren Bilder in Deiner Kolumne ansehen und träumen…
Herzlichst, Louis
Louis, mein Süßer! :-)
Wie schön, von dir zu hören. Es war so toll mit dir auf unserem Dünenspielplatz! Nur Janni hat gestört, findest du nicht? Aber er kann dich ziemlich gut leiden. ;-)
Ich freue mich wie verrückt, wenn wir uns im Frühling wiedersehen! Grüß‘ bitte dein entzückendes Rudel von uns allen!
Dicker Schmatzer,
Dein Julchen