Als eingefleischte Nordfriesin bin ich ein Hallig-Fan. Zwar hatte ich noch nie eine dieser Spezies aus nächster Nähe gesehen, aber von weitem schon. Blickte man aufs Meer, schwebte immer irgendetwas über dem Wasser. Ganze Dichterhorden hatten sich mit diesem Phänomen befasst!
Was jede Nordfriesin und auch die Männer schon mit der Muttermilch aufsogen, war die alte Weisheit, dass Halligen keine Inseln sind. Aber was zum Schafsköddel sind sie dann? Sie haben keine Deiche, weswegen ihnen bei Sturm das impertinente Meer ganz schön auf die Pelle rückt.
Ich musste das checken. Möglichst bei Sonnenschein. Mein exakter Plan war, die ganze Wahrheit über das Hallig-Universum herauszufinden. Lebten dort Mini-Ponys? Konnte überhaupt jemand überleben? Ich meine, die Sache war von einer gewissen Brisanz. Madame et Monsieur führten mich an einen jener latent gefährlichen Orte, und zum Glück drohte gerade kein Sturm.
Im Gegenteil, der Sommer war wieder da, und alle schrien Halleluja. Nichtsdestotrotz musste man beim Meer immer auf der Hut sein. Man konnte sich auf dieses temperamentvolle Wesen einfach nicht hundertprozentig verlassen.
Umso mehr überraschte es mich, einen hohen Lutscherandrang vor der Hamburger Hallig zu verzeichnen. Die Abenteurer parkten und schlugen sich in die Büsche oder schwangen sich auf ihre rikschalosen Zweiräder. Madame et Monsieur frönten ihrer Faulheit und setzten in der japanischen Blechhöhle über den Damm. Mich und meine zarten Pfoten schoben sie als Alibi vor. Pah! Ich beobachtete die Lage aus meiner Heckzentrale: Alles war ruhig. Zu ruhig.
Die Halligschafe
Wir waren mitten im Schafsparadies gelandet! Die Wollknäuel fühlten sich augenscheinlich wie zu Hause: Überall lungerten sie herum, auf uneingezäunten Wiesen, Wegen, Parkplätzen. Egal, wo man hinschaute: Die Schafe waren schon da. Die aktuelle Situation glich einer Invasion. Mir blieb nichts anderes übrig, als den Parkplatzschafen bei unserer Ankunft einen lautstarken Hinweis zuzubellen.
Himmelschafundmeer! Sie blieben völlig unbeeindruckt. Die Halligschafe waren anders als alle, die ich je auf den Deichen getroffen hatte. Sie lebten in absoluter Freiheit und taten, was sie wollten. Sie legten sich zwischen die Autos, mischten sich unter die Badenden, sahen den Schlickwanderern hinterher.
Nur aus dem gastronomischen Bereich hielten sich die Schafe fern. Mir schwante, warum. Selbst in die streng naturreservierten Bereiche durften die Wölkchen auf vier Beinen eindringen. Mein Urteil stand fest: Auf der Hamburger Hallig herrschte die Anarchie der Plüschbacken. Nein, ich war nicht neidisch. Nicht direkt. Was diese Schafe dringend brauchten, war nämlich eine Hüterin!
Im Eilverfahren beantragte ich eine Versetzung ins Hütereich erster Sahne. Leider wurde der offizielle Antrag bereits in der ersten Instanz abgelehnt. Ich blieb am Ball. Zur Feier des Tages legte ich mich friedlich unter den Tisch, um eine entspannte Atmosphäre für weitere Verhandlungen zu schaffen. Ja, es gab sogar eine Bewirtung auf der Hallig. Also musste die Sache doch auch für Madame et Monsieur geritzt sein, oder?
Zwei ausgesprochen nette Schleswiger setzten sich zu uns und verputzten noch nettere Lammfrikadellen. Angesichts der neuen Tatbestände korrigierte ich meine Kategorisierung minimal in eingeschränktes Schafsparadies. Immerhin hatten sie ja ein schönes Leben, bevor… Ich meine die wandelnden Wollknäuel, es ging ihnen doch prächtig auf der Hallig. Restaurant hin, Lammfriko her.
Aber kein Ort ist vollkommen. Oder was meint ihr?
Text: Julchen (nach Diktat in die zweite Instanz gegangen)
Fotos: Elke Weiler
Wuff Julchen!
Man, was hast du es gut! So viele Schafe auf einen Streich – und dann noch ohne Zaun dazwischen! Bei uns gibt es auch Schafe; aber nur ein paar davon. Und die sind auch noch eingezäunt. Oh, ich würde so gerne zu ihnen reinhüpfen! Da warst du ja wirklich im Paradies. Nur für die Schafe war es wohl nicht so ein dolles Paradies, wenn die irgendwann … Du sag mal, bei uns waren die Schafe eines Tages auf einmal ganz nackig. Das sieht vielleicht lustig aus! Kennst du auch nackte Schafe?
Wow, wenn ich sehe, was du so alles erlebst! Ich erlebe auch so manches. Es ist alles so interessant für einen Jungspund wie mich. Du erlebst aber irgendwie mehr als ich. Hmmm … Da muß ich wohl meinen senkrechten Typen mal wuffen, daß ich auch so ein Leben wie du möchte!
Deine Kolumnen sind übrigens super!
Wuff und Tschüß
Maddy
P.S.: Vielleicht kommst du ja mal auf Gegenbesuch. Ich würde mich freuen!
Danke, liebe Maddy, für deinen Besuch! Ich war auch schon bei dir! Du bist ja eine ganz Hübsche :-) Sicher kriegst du auch immer so viele Komplimente… Die Lutscher überschlagen sich ja geradezu, wenn sie einen sehen! :-) Sag Bescheid, wenn du mal in der Nähe bist, dann können wir gemeinsam was anstellen! Wuff, Julchen