Der Duft der Heide im Plüsch. Der fluffige Sand unter den Pfoten. Das Plumpsen des roten Feuerballs ins Meer. All das machte mich ganz wuschig. Das Pummelschwein erschien mir mit einem Mal so lässig und sexy, also biss ich ihn in die knackigen Haxen.
Meine Taktik war, unter ihm durch zu krabbeln und ihn so zu Fall zu bringen. Oder auf ihn draufzuhüpfen – Hauptsache Plüsch to Plüsch. Ich war glücklich, Himmelschafundmeer! Endlich mal das ganze Rudel beisammen und dann noch an diesem famosen Ort!
Wir waren quasi umzingelt. Vom Ausguck unserer Übergangshütte sah ich nichts als Dünen, Heide, Sand und Wasser. Ok, noch ein paar andere Hütten. Und ab und zu ein paar Lutscher, die sich laut Janni ungebührlich verhielten und prompt darauf hingewiesen wurden.
Ich blaffte ihn an: „Was tun die putzigen Ferienlutscher denn Schlimmes?“
Die Schlumpfbacke hatte natürlich keinen Schimmer. Er sah mich mit seinen olivfarbenen Augen an und konterte: „Alles prophylaktisch.“ Was sollte ich tun? Schließlich war ich im Urlaub und hatte keine Lust, ihm ständig eins auf die Nuss zu geben. Obwohl mehr als angebracht.
Aber zurück zur Ausgangslage: Wasser zu beiden Seiten. Links wäre der Fjord, klärte Madame mich fachlutschermäßig auf. So eine Art Ex-Meer, auch salzig, nun aber verkehrsberuhigt wie ein See. Das erschien mir sympathisch, wenn auch unspektakulär.
Auf der anderen Seite, hinter den Dünen, machte sich das Meer breit. Mein Meer, die impertinente Nordsee. Ich liebte und hasste sie. Der Dicke ebenso, er hatte bereits in Limfjorden so seine Erfahrung mit wattfreien Zonen gemacht und konnte ein Lied davon singen.
Die Nordsee wirkte hier noch wilder als bei uns. Madame et Monsieur hüpften trotzdem in die kalten Fluten – obwohl ich versuchte, sie mit gut hörbaren Warnhinweisen davon abzuhalten.
Und wir? Was blieb uns schon? Wir wollten hinterher. Und wollten auch wieder nicht. Das Meer spritzte uns schon bei der ersten Berührung bis zum Bauch nass. Der Dicke hatte die Faxen dicke, und wir machten uns auf den Weg zurück zum Ausguck.
Diese Dünenlandschaft war das Hundeparadies auf Erden. Auch Madame et Monsieur schienen sich top zu fühlen. Sie planschten und schwammen und rollten die Dünen hinab.
Sie tanzten und sangen und aßen viel, wobei auch unsereins auf seine Kosten kam: Lachs aus Grönland! Dänischer Käse! Und vor allem: Softeis! Mit Hörnchen.
Wir liefen durch den Hafen von Hvide Sande, einem scheinbar beliebten Fischlutscherort, an dem unser Beachblogger Luis und sein alter Kumpel „Esel unterwegs“ in jeder Lage posierten. Zwischendurch schrien sie nach vergorenem Malzsaft, bekamen aber nichts.
Janni und ich konnten uns derweil um das Ambiente kümmern. Die Stadt war voller Urlaubslutscher in Rudelformation. Und mittendrin: die besten Schnüffler Nordfrieslands. Unsere Nasen waren voller Fisch und Muscheln und Pommes und… Hotdogs!
Wenn das kein Grund für einen sofortigen Umzug war. Madame und ich waren uns mal wieder einig, wenn auch nicht wegen der Wurst im Brot. Mal abgesehen davon, dass Hotdog für mich das Unwort des Jahres war, sahen die Dinger ziemlich lecker aus.
Zunächst hielt ich ein bisschen nach Klamotten Ausschau, so für Madame. Und aus taktischen Gründen. Ich hatte in Läden mit Lutscher-Fashion nämlich recht angenehme Erfahrungen gemacht, was die Präsenz von Leckerlis anging.
So überredete ich Janni und Monsieur, gemeinsam mit mir die Boutique zu stürmen, in der Madame gerade etwas anprobierte. Janni war sofort mit von der Partie, und Monsieur ließ sich dann leicht mitschleifen. Ein klarer Nahkampf-Vorteil war, einen 30-Kilo-Rüden an seiner Seite zu haben.
Leider ging der Plan nicht komplett auf, und ohne Leckerlis standen wir wieder draußen. Vielleicht hätte Madame etwas kaufen sollen? Ich behielt sämtliche Boutiquen im Visier und steuerte sie periodisch an.
Dann gab es endlich Softeis. Doch Himmelschafundmeer, konnte Madame nicht besser zielen? Ein Teil von dem Zeugs landete direkt auf meinem süßen Kopf. Natürlich machte es mich attraktiver, doch lieber hätte ich den kostbaren Klecks inhaliert.
So erschienen uns Stadtgassis in kulinarischer Hinsicht erste Sahne, doch zum Spielen zog ich den Strand vor. Ganz klar. Von unserer Hütte aus mussten wir drei Mal fallen und schon hatten wir Sand unter den Pfoten.
Wie ferngesteuert begann ich alle zwei Meter zu buddeln, wir kamen nur langsam voran. Unser Quartier bezogen wir in den Dünen, und ich beschloss spontan, eine kühle Mulde anzulegen. Fertigmulden gab es nicht, doch glücklicherweise standen billige Arbeitskräfte zur Verfügung. Janni legte Pfote an, und ich mich hinein in die Höhle.
Angenehme Temperatur, beste Aussicht, Infinity Pool – was wollte die gemeine Beach-Beardine mehr? Auch über den Service konnte man nicht klagen. Monsieur diente zeitweise als Sonnenliege, Madame schleppte die Cocktails an.
Hinzu kamen Massagen im Fünf-Minuten-Takt. Natürlich vergaß ich selbst im Urlaub die Hütepflicht nie ganz: Keiner durfte sich unerlaubt vom Rudel enfernen! Auch nicht von den anderen Rudeln am Strand, vor allem keine Titis.
Von unserem erhöhten Quartier überblickte ich die Lage, ging nur ab und an auf Patrouille. Janni reagierte schon mal über, wenn sich uns jemand näherte. Ihm fehlte bei Titis einfach das Pfotenspitzengefühl.
Zwei Zwerglutscher hatten sich überraschend von links angeschlichen. Als sie das aufgeregte Plüschmonster sahen, nahmen sie die putzigen kleinen Beine in die Hand. Ich gab Janni eins auf die Kartoffel, so konnte man schließlich nicht mit heiligen Titis umgehen!
Der Dicke musste eben noch viel in den dicken Kopp kriegen. Manchmal war es zum Pferdeäpfelpürieren mit ihm. Auch bildete er sich ein, Höllenmaschinen zurechtzuweisen und jagen zu dürfen, womit er eindeutig seine Befugnisse überschritt.
Madame verklickerte mir, dass die Dinger auf Dänisch „Knallert“ hießen, was das Phänomen im Kern traf. Dänisch musste eine sehr weise Sprache sein. Die Kommunikation mit dem Nachbarshund von Hütte zu Hütte klappte allerdings auch ohne Übersetzerhilfe.
Nur Madame et Monsieur wirkten not amused. Ja, Himmelschafundmeer! Man brauchte doch soziale Kontakte. Ein bisschen Small Bark. Erfahungsaustausch. Vielleicht traf man sich ja mal am Strand? Oder zum Sunset?
Ich wunderte mich ein bisschen über das Pummelschwein. Normalerweise reagierte er rüdenmäßig auf andere Typen, doch dieses Mal benahm er sich eher zurückhaltend. So freute ich mich über einen kleinen Flirt mit einem großen Kerl: In Ringkøbing trafen wir einen Irischen Wolfshund, der so gerade noch in die schnucklige Stadt passte.
Überhaupt wimmelte es nur so von Kollegen, egal ob wir über den Strand, durch die Dünen oder die Stadt pirschten. Jeden Abend war die große Feuerball-Show angesagt, und alle pilgerten zum Beach. Wenn die Ferienlutscher zu Ende fotografiert hatten, und die Sonne ins Meer gefallen war, verließen sie den Strand.
Außer den Anglern und uns. Es war die Zeit der großen Freiheit, zumindest für den Dicken. Ich durfte nämlich auch so offline, weil ich einfach schnallte, wann ich zurückkommen musste. Wann ich den fremden Garten nicht mehr inspizieren konnte oder vom Dinner der Nachbarn ablassen sollte.
Ich erkannte es meist an Madames Tonfall. Es kam auf diverse Faktoren an, die ineinander griffen. Janni hingegen fehlte wieder mal komplett das Pfotenspitzengefühl.
Wir tobten über den Strand, steckten unsere Schnauzen in den Sand, kümmerten uns um einsame Badelatschen und machten auf Seehund. Eigentlich wollten wir nie mehr weg.
Diese Stelle zwischen Meer und Fjord, wo sich der Duft der Heide, Gestrüpp und freches Getier in mein Fell setzten, wo das Wasser zwei Geschmacksrichtungen bot, wo die Lutscher besonders lässig waren, wo es Lachs aus dem gepriesenen Grönland gab…
Genau diese Stelle war es.
Text: Julchen (nach Diktat die entsprechende Holzhütte ausgesucht, im Einverständnis mit Madame. Janni stand übrigens mehr auf Reet, Monsieur auf Grasdächer…)
Fotos: Elke Weiler
Wir danken Novasol, die uns das Ferienhaus in den Dünen zur Verfügung gestellt haben. Der Ferienhausvermittler gibt übrigens eine Sicherheitsgarantie für (zugelassene) Hunde(rassen) in Dänemark. Aber nur, wenn Janni sich benimmt!
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