Locorotondo ist einer von jenen Orten, in denen man sich mindestens zwei Mal trifft. Einmal in der Gasse, dann auf der Piazzetta. Innerhalb einer Viertelstunde. Da ist er schon wieder, der japanische Tourist.
Ein schmuckes Dorf, das zu Recht zu den schönsten Italiens, den „Borghi più belli d’Italia“ zählt. Weiß getünchte Fassaden, die den warmen Ton der architektonischen Details aus Kalkstein rahmen.
Die Strenge der blendend hellend Fronten wird aufgeweicht von schwingenden Barock- und Rokoko-Formen. Von Palmen, Oleander, bunten Wäscheleinen. Vom tiefen Blau des Himmels über Süditalien.
Ein Ort, ein Wein
Typisch für den Ort und eher ungewöhnlich für die Gegend sind die „cummerse“, jene spitzen Giebeldächer, die mit Kalksteinplatten gedeckt sind. Wir laufen durch gewundene Gassen, die dem Rhythmus der Hügelkuppe zu folgen scheinen.
Der Ausblick von den kleinen Terrassen am Rand des historischen Kerns zeigt das Itria-Tal in voller Schönheit: rote Erde, Olivenbäume und Weinreben. Denn Locorotondo ist auch ein DOC-Wein, frisch und trocken. Strohgelb bis grünlich in der Farbe. Ein leichter Wein, der einfach zu allem passt.
Den Leuten im Dorf scheint es gut zu gehen, trotz Krise, trotz allem. Ältere Damen, „le signore“, sitzen in den Gassen und halten ein Schwätzchen. Alle Häuser sind gepflegt, das helle Steinpflaster glänzt wie frisch poliert, und die Balkone strotzen vor üppiger Blumendekoration.
Wo Antonella brutzelt
Ein „caffè“ auf der Piazza. Das Leben in Locorotono ist ruhig, geordnet, überschaubar. Ein Kleintransporter fährt durch die Porta Napoli in die Altstadt, hält dort für eine Weile und bietet eine kleine Auswahl an Obst und Gemüse feil. Aus der nahen Taverna del Duca dringt das Scheppern von Kochtöpfen auf die Straße, es ist die „ora del pranzo“.
Ab ein Uhr kommen die Gäste zum Mittagessen. Touristen und Leute aus der Gegend. Antonella übernimmt das Regiment am Herd, eine resolute, herzliche und vielfach ausgezeichnete Köchin. Wir vertrauen Gambero Rosso und Slow Food.
Auf kleinem Raum mit einsehbarer Küche brutzelt die temperamentvolle Antonella Hausmannskost für den verwöhnten Gaumen. Reis mit Miesmuscheln und Kartoffeln, Lamm in Gemüse, „Orecchiette al ragù“, also Öhrchennudeln mit Fleischragout.
Ganz zu schweigen von einer Vorspeise, den berühmten “Fave e cicorie”: Saubohnenmus und Endiviengemüse, eine Spezialität der Gegend. Die Köchin mischt beides und krönt es mit einem Spritzer apulischen Olivenöls. Ergebnis: „favoloso“.
Ich werde versuchen, es zu Hause nachzukochen, aber ich weiß jetzt schon: So gut wie in Apulien wird es nie schmecken. Dazu fehlen die brennende Sonne, die jodhaltige Luft, die Gemütlichkeit des Itria-Tals und – last but not least – die Erfahrung von Antonella.
Text und Fotos: Elke Weiler
Wird Zeit, dass ich wieder einmal nach Italien fahre. Bei Deinem Artikel läuft einem ja das Wasser im Munde zusammen :). Und einen caffè auf der Piazza zu trinken, ist sowieso mein Ding.
Hi Monika,
für dich ist es ja auch gar nicht weit… zum Beispiel nach Venedig :-)