Nordstrander Passagen

Zum Anbaden im Süderhafen kommen wir zu spät. Nicht, dass wir eine Teilnahme ernsthaft in Erwägung gezogen hätten. Doch die Gesichter der verwegenen Schwimmer bei immerhin 11 °C im April wären bestimmt ein Foto wert gewesen.

Da man aber bei dieser Temperatur nicht gerade stundenlang im Wasser bleibt, herrscht auf der Insel Nordstrand bereits Aufbruchstimmung unter den zahlreichen Schaulustigen, als wir anrollen. Währenddessen wärmen sich die erfrischten Schwimmer bei ihrer Belohnung – Punsch und Bratwurst – wieder auf.

Schafe und Lämmer grasen friedlich auf der Sonnenseite des Deiches und vor den Groden schimmert das Meer im Mittagslicht. Wir steuern die Nordstrander Teestuv im Ort mit dem wunderbaren Namen Süden an, das eigentlich im Herzen der Insel liegt. Hier werden Kaffee und Kuchen in und auf dem Geschirr der benachbarten Nordstrander Töpferei serviert.

Nordstrander Töpferei
Nordstrander Teestuv

Alles sehr nett und lecker. Nur die Pharisäer-Torte geht dieses Mal in Richtung Schwarzwälderkirsch – ganz gemäß der Vorwarnung durch die Servicekraft. Der Apfelkuchen kommt frisch aus dem Ofen und mundet besonders gut. Bei etwa 14 Grad lässt es sich gemütlich auf der Terrasse sitzen.

Nordstrander Töpfertassen

In der angrenzenden Töpferei wird den Besuchern Früchtetee angeboten, natürlich in original Nordstrander Töpfertassen. Wie auch die übrige Gebrauchskeramik im typischen Grauton mit blauer Zeichnung. Hier und da wird die Malerei mittels gedecktem Grün variert. Fische, Schafe und florales Dekor beleben das Geschirr.

Auch in der Boutique „Lat di Tied“ gleich nebenan darf sonntags geshoppt werden. Zumindest kurz vor Ostern, wenn die Gästezahlen in Nordfriesland wieder bemerkenswert ansteigen. In der Boutique gibt es Schmuck, Gefilztes und auch hübsche Wohnaccessoires für Interessierte.

Wir führen unsere Töpfertour auf Nordstrand fort und düsen noch einmal zurück nach Süderhafen, wo in der alten Ziegelei auf der Tegelistraat eine weitere Töpferei zu finden ist. Ein Kleinod. Ein wehender Hauch bewegt sachte die hellklingenden Windspiele und schon auf dem Gelände sind die vielfältigen Produkte der Töpferei dekoriert. In Bäumen, auf Bänken und Mäuerchen.

Töpferei in Süderhafen
Töpferei in Süderhafen

Auch hier orientieren sich die Motive am Ambiente: zarte Quallen aus dem Meer, Austernfischer vom Strand, lustige Schäfchen. Alles bleifrei und ungiftig glasiert, genauso wie bei der Nordstrander Töpferei. Dass auf der Insel so gerne getöpfert wird, hat eine lange Tradition.

Das durch einen vier Kilometer langen Autodamm mit dem Festland verbundene Nordstrand bildete einst mit Pellworm zusammen die Insel Strand. Das Land dazwischen wurde der verheerenden Sturmflut 1634 geschluckt. Doch schon eine Katastrophenflut zuvor, nämlich während der Groten Mandränke im Jahre 1362 gingen Teile des Landes unter, darunter das Kirchspiel Rungholt zwischen Pellworm und dem heutigen Nordstand.

Damals entstand die Hallig Südfall. Noch heute kann man auf Wattwanderungen vor Südfall Überreste des Lebens in Rungholt finden. Vor allem Keramikreste. Einen dieser Töpfe hält die Nordstrander Töpferei in Ehren.

Text und Fotos: Elke Weiler

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